Von: luk
Bozen – Landesrat Thomas Widmann hat heute das Gesundheitssystem des Landes analysiert und jene Maßnahmen vorgestellt, mit denen dieser wichtige Bereich effizienter und moderner gestaltet werden soll.
Das Südtiroler Gesundheitswesen sei eine komplexe und vielfältige Realität, die der Bevölkerung tagtäglich zahlreiche qualitativ hochwertige Dienste und Leistungen zur Verfügung stellt. Er habe sich davon selbst ein Bild gemacht, indem er in den vergangenen Wochen zahlreiche Sprengel und Krankenhäuser besucht hat: “Dort, wo die Fachkräfte in einem engen Kontakt mit der Bevölkerung stehen, herrscht große Zufriedenheit”, stellte Widmann dabei fest. An ihn seien jedoch auch Verbesserungswünsche herangetragen worden, welche sich zum größten Teil mit den bekannten Schwachstellen decken und darum nun angegangen werden sollen.
Anstehende Maßnahmen: Verbesserung durch Pilotprojekte
Jene Bereiche, die unmittelbar angegangen werden sollen, sind vor allem die Entlastung der Notaufnahme am Krankenhaus Bozen, die Verkürzung der Wartezeiten bei Facharztvisiten und die weitere Stärkung der wohnortnahen Gesundheitsversorgung.
Im Hinblick auf die Reduzierung der langen Wartezeiten für Facharztvisiten kündigte Landesrat Widmann an, dass in Kürze Pilotprojekte in den Fachgebieten Dermatologie, Augenheilkunde, HNO und Magnetresonanz starten werden. Durch eine Arbeitsteilung zwischen den drei in diesen Bereichen tätigen Abteilungen sollen längerfristig die Wartezeiten wesentlich verkürzt werden.
Auch die Wartezeiten in der Notaufnahme in Bozen sollen innerhalb eines Jahres halbiert werden. Die momentane durchschnittliche Wartezeit von 3,5 Stunden solle innerhalb eines Jahres auf zwei Stunden reduziert werden. Im April wurde dafür bereits der Servicepoint des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Bozner Krankenhaus eröffnet. Im Herbst 2019 kommt ein Ambulatorium für die Grundversorgung hinzu und ab 1. Dezember sollen zusätzlich die Kostenbeteiligung für unangemessene Zugänge greifen. Innerhalb des Jahres 2020 soll im Sprengel am Loew-Cadonna-Platz in Bozen (Quirein), später auch im Sprengel Unterland, ein sogenanntes Bezugszentrum Gesundheit und Soziales (UCCP, unità complessa di cure primarie) entstehen.
Mit einer Aufwertung der wohnortnahen Grundversorgung wurde heute ein dritter Arbeitsschwerpunkt benannt. Auch in Zukunft sollen dabei die Krankenhäuser Dreh- und Angelpunkt bleiben, dabei soll die Vernetzung mit den Ärzten der Allgemeinmedizin, der Hauskranken- und Familienpflege weiter verstärkt werden. Landesrat Thomas Widmann bezeichnete dabei die Krankenhäuser vor allem in ländlichen Gebieten als einen wichtigen Faktor, mit dem man der Abwanderung entgegenwirke.
Künftige Herausforderungen für das Gesundheitswesen
Ein Blick auf die Alterspyramide zeigt, dass immer weniger junge (arbeitende) Menschen immer mehr älteren Menschen den Zugang zu Leistungen des Gesundheitswesens garantieren müssen. Der Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung führt folglich auch zu einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Ein Bereich von besonderer Bedeutung ist dabei jener der chronisch Kranken. Aktuell gelten 159.000 Personen (oder 29,8 Prozent der Bevölkerung) als chronisch krank. Für Leistungen zu ihrem Wohl werden rund 77 Prozent der gesamten Ausgaben des Gesundheitswesens reserviert.
Eine weitere Herausforderung ist jene der gestiegenen Kosten für die Übernahme innovativer Behandlungsmethoden und spezieller Medikamente u.a. für Tumorerkrankungen und Hepatitis C. Dennoch sei es hier wichtig am Ball zu bleiben: “Eine gute technische Ausstattung heißt Leben verlängern”, sagte Landesrat Widmann.
Der Gesundheitslandesrat hob zudem jene Bereiche hervor, in denen das Südtiroler Gesundheitswesen gut dasteht. Dazu zählte er u.a. die stationäre Betreuung, die Leistungen in den Gesundheitssprengeln, das Unfall- und Rettungswesen (inklusive Traumatologie) und Leistungen der Basisärzte sowie deren Verhältnis zu ihren Patienten. Auch das interdisziplinäre Tumorboard der Onko-Chirurgie, die landesweite Vernetzung von Labor und Radiologie sowie die Kinder- und Jugendpsychatrie im Krankenhaus Meran würden positiv wahrgenommen. “Viele 1000 Menschen arbeiten in diesen Betrieben zur großen Zufriedenheit der Bevölkerung. Sie verdienen Wertschätzung für ihre tagtägliche Professionalität und ihren unermüdlichen Einsatz”, erklärte der Gesundheitslandesrat. Das Ziel sei es dort einzugreifen, wo noch nicht alles funktioniere.
Daten zum Gesundheitswesen: Komplexe und vielfältige Realität
In den vier Gesundheitsbezirken gibt es insgesamt 20 Gesundheitssprengel, die wöchentlich über 17.800 Leistungen erbringen. Aktiv sind sieben Krankenhäusern, elf Einrichtungen für die stationäre Aufnahme (z.B. Villa Melitta in Bozen, Salus Center in Prissian, Martinsbrunn in Meran), 128 Apotheken, 75 akkreditierte fachärztliche Einrichtungen und 346 Basisärzte (wovon 63 als Kinderärzte und 283 als Hausärzte tätig sind). Jährlich werden über 106.000 Krankentransporte (wöchentlich 3477) durchgeführt. Die Anzahl der Operationen liegt im Durchschnitt bei 1300 je Woche.
Laut Landesrat Widmann steht das Südtiroler Gesundheitswesen, abgesehen von einigen kritischen Punkten wie den Wartelisten, dem Zugang zur Notaufnahme und dem Ärztemangel, auch im europäischen Vergleich gut da. “Die Gesundheitsversorgung ist viel mehr als die reine Arbeit am Patienten”, hob Widmann hervor. Südtirols Bevölkerung sei grundsätzlich relativ gesund, was mit vielen unterschiedlichen Aspekten zu tun habe.
Südtirols Gesundheitsversorgung verfolgt einen universellen Ansatz – dies heißt, dass das Gesamtangebot an Leistungen für alle im gleichen Maße zugänglich und garantiert ist, unabhängig von Einkommen oder sozialem Status. Durch die kapillare Organisation werden viele Dienste auf dem gesamten Landesgebiet erbracht. Damit geht das Angebot in Südtirol weit über den so genannten wesentlichen Betreuungsstandard (LEA – livellli essenziali di assistenza) hinaus, der auf gesamtstaatlicher Ebene garantiert werden muss. “Die öffentliche Hand ist bei uns ein Rundumversorger. Unsere Leistungen zielen auf den Schutz der Bevölkerung ab”, betonte der Gesundheitslandesrat.