Von: mk
Sarnthein – Eine judenfeindliche Inschrift auf einem Porphyrstein neben einer Kaiserjägerfigur in einem Privatgarten am Klara-Pölt-Weg in Sarnthein sorgt immer noch für Polemiken, berichtet das Tagblatt Dolomiten.
„In ehrendem Gedenken an die im 1. Weltkrieg für Gott, Kaiser und Ein Tirol gefallenen Sarner Kaiserjäger. Sie starben als Opfer des größten Verrates aller Zeiten, begangen am 26. April 1915 vom italienischen König Viktor Emanuel III. und seinem Kumpan und Außenminister, dem Juden Baron Luigi Sidney Sonnino“, ist auf der Inschrift zu lesen.
Bereits vor sieben Jahren hatte die Inschrift für Ärger gesorgt. Auch damals haben die „Dolomiten“ berichtet. Die jüdische Kultusgemeinde in Meran hat protestiert. Weil seither noch immer nichts geschehen, stellte der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzí von „Alto Adige nel cuore“ im Landtag eine dringende Anfrage zur Entfernung der Figur.
Gerade am heutigen Freitag schmerzt die Inschrift doppelt. Am 27. Jänner wird der internationale Holocaust-Gedenktag begangen.
Bürgermeister Franz Locher betont gegenüber den „Dolomiten“, dass die Gemeinde niemals die Figur genehmigt habe. Er beanstandet, dass der vorgeschriebene Grenzabstand zur Straße nicht eingehalten worden sei. Jeder dürfe zwar seinen Garten nach eigenem Ermessen gestalten und darin Figuren aufstellen, aber er müsse Rücksicht auf die Öffentlichkeit nehmen, erklärt Locher laut „Dolomiten“.
Auf die Inschrift angesprochen, erklärte Hans Meraner gegenüber der Dolomiten-Redaktion am Telefon nur: „Ende, darüber spreche ich nicht“.
Elisabetta Rossi, die Präsidentin der jüdischen Kultusgemeinde, strebt nun ein erneutes Gespräch mit dem Bürgermeister an. Da die Inschrift noch immer existiert, soll sie entfernt werden.
Locher findet den Inhalt der Inschrift völlig unpassend, zumal am 20. Jänner der 75. Wiederkehr des Tages gedacht wurde, an dem die Nazis bei der Wannseekonferenz die sogenannte Endlösung mit der Ermordung von sechs Millionen Juden beschlossen.
Beleidigend und historisch falsch
Die Inschrift ist auch historisch falsch. Am 26. April 1915 unterzeichnete der italienische Außenminister den Londoner Geheimvertrag, der Italiens Kriegseintritt vorsah und dem Land Trient, Südtirol, Triest und Teile Dalmatiens zusicherte. Der historische Fehler liegt darin, dass die Kaiserjäger seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs Ende Juli 1914 in Galizien kämpften und fast nur an der Ostfront zum Einsatz kamen, nicht aber an der Südfront gegen Italien. Der Inhalt befleckt auch das Ansehen der Sarner Kaiserjäger, die laut Inschrift angeblich „als Opfer des größten Verrats aller Zeiten“ gestorben sind, und Verrat sei begangen worden „am 26. April 1915 vom italienischen König Viktor Emanuel III. und seinem Kumpan und Außenminister, dem Juden Baron Luigi Sidney Sonnino“.