Außenminister Schallenberg im Gespräch mit Iraks Amtskollegen Hussein

Schallenberg im Irak: “Zeichen des Vertrauens”

Dienstag, 12. September 2023 | 15:29 Uhr

Von: apa

Außenminister Alexander Schallenberg sieht seinen Besuch im Irak als “Zeichen des Vertrauens” und “dass wir eine neue Seite aufschlagen.” Das erklärte der ÖVP-Minister am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Fuad Hussein in Bagdad. In der irakischen Hauptstadt traf Schallenberg außerdem Staatspräsident Abdul Latif Rashid und Premier Mohammed Shia’ al-Sudan und besuchte die feierliche Wiedereröffnung der österreichischen Botschaft.

Die österreichische Vertretung, die 1991 geschlossen worden war, ist bereits seit knapp einem Jahr wieder in Funktion. Aus Sicherheitsgründen ist sie in einem Zimmer im “Hotel Babylon Rotana” untergebracht. Die nunmehr offizielle Rückkehr beweise das “Vertrauen in die staatlichen Institutionen und die Resilienz gegenüber Herausforderungen der Region”, erklärte Schallenberg. Es handle sich um “keinen alltäglichen Besuch”, unterstrich er. Die Eröffnung einer Botschaft sei wohl “eine der schönsten Aufgaben, die es für einen Außenminister gibt”. Ziel sei “eine Kooperation auf Augenhöhe in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit”, hatte der Außenminister bereits am Montag bei der Anreise über Doha (Katar) erklärt. Der Irak habe in der Region diesbezüglich eine “Scharnierfunktion”, er sei daher ein besonders wichtiger Partner.

Amtskollege Fuad Hussein zeigte sich überzeugt, dass die Botschaft dazu führen werde, die Beziehungen zu intensivieren. “Wir sind sehr optimistisch, dass es eine Kooperation geben wird.”

Prinzipiell ortete Schallenberg eine “positive Entwicklung” im Irak. Er habe schon im Jahr 2011 und 2015 mit seinen Vorgängern Michael Spindelegger beziehungsweise Sebastian Kurz (beide ebenfalls ÖVP) Bagdad und Erbil, die Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak, besucht. Damals sei die Sicherheitslage noch eine ganz andere gewesen, erinnerte sich Schallenberg. “Das Land hat sich stabilisiert.” An Kollege Fuad Hussein gerichtet sagte Schallenberg, es sei beeindruckend, was “hier in den vergangenen Jahren” gelungen sei. “Schon bei der Fahrt in die Stadt sei eine ‘andere Atmosphäre’ zu bemerken. Dazu möchte ich gratulieren.”

Dass Sicherheitsfragen in Bagdad aber weiterhin dominant sind, zeigt die immer noch massive Präsenz an bewaffneten Einheiten in Bagdads Straßen samt immer wiederkehrender Checkpoints. Aktuell sei die Lage zwar vergleichsweise eher ruhig, das sei aber vielmehr eine Momentaufnahme, meinen dazu internationale Beobachter. Eine besondere Challenge stelle ihrer Ansicht nach die notwendige Reform der Sicherheitskräfte dar, die aktuell sehr fragmentiert seien. Es gebe dabei verschiedene Einflüsse, auch aus dem Iran. Dieser wiederum fordert von Bagdad beispielsweise bis Mitte September die Entmilitarisierung iranisch-kurdischer Milizen im Nordirak. Außenminister Hussein erklärte dazu, dass er am Mittwoch in den Iran reisen werde. An sich seien per Gesetz jegliche kriminellen Handlungen und Gewalt verboten.

Dass sich die Kooperation zwischen Wien und Bagdad schon verbessert habe, machte Schallenberg im Bereich Migration am bereits unterzeichneten Rückübernahmeabkommen für irakische Staatsbürger, die kein Anrecht auf legalen Aufenthalt in Österreich haben, fest.

Am Mittwoch wurde in Bagdad auch ein “Memorandum of Understanding” im Bereich Polizeikooperation unterzeichnet. Bundespolizeidirektor Michael Takàcs ortete darin “einen wichtigen Schritt, um die Zusammenarbeit der Polizeibehörden zu verbessern, etwa in Fragen der Migration, der Organisierten Kriminalität wie des Drogenhandels. Der Pakt werde die “Sicherheit in unseren Ländern erhöhen” gab sich Takàcs überzeugt. Es sei auch der Posten eines Polizeiattachés ausgeschrieben worden. Schallenberg unterstrich bei der Pressekonferenz, dass Österreich derartige Aktivitäten auf “Einladung der irakischen Regierung” setze. “Kriminalität und Terrorismus” würden grenzüberschreitend agieren, daher müsse dies auch in der Bekämpfung so erfolgen.

Für Österreich sei ein “stabiler und wohlhabender Irak” im “eigenen Interesse”. Wenn es hier “zu einem Erdbeben” komme, spüren wir die Wellen bis Wien, formulierte er und nannte die Bereiche Migration, Terrorismus oder Organisierte Kriminalität. “Wir brauchen eine Frühwarnstelle hier.”

Daher besuchte Schallenberg auch die EU-Unterstützungsmission EUAM im Camp Dublin. Im früheren US-Militärcamp wurden im Zuge der NATO-Ausbildungsmission (NMI) auch irakische Polizeieinheiten geschult. “Die immer noch fragile Sicherheitslage im Land ist weiterhin Nährboden für Extremismus, Terrorismus und illegale Migration”, so der Außenminister.

Das Bundesheer soll an der NATO-Ausbildungsmission mit bis zu zehn Militärangehörigen beteiligt sein. Das Außenministerium verwies im Zusammenhang mit der Neutralität Österreichs auf das langjährige Engagement im Rahmen der NATO-Initiative “Partnerschaft für den Frieden”. Die völkerrechtliche Grundlage für eine Beteiligung Österreichs an der NMI bildet demnach die Resolution 2249 des UNO-Sicherheitsrats vom 20. November 2015. Darin wurden alle UNO-Mitgliedstaaten aufgefordert, terroristische Handlungen im Irak zu “verhüten und unterbinden”. Die Resolution bezog sich damals auf Maßnahmen gegen die Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS) und ähnliche Gruppierungen.

Eine solide Regierung in Bagdad sei wichtig, um gegen Einflüsse von außen resistenter zu werden, analysierte Schallenberg. “Es ist ein Staat, an dem gezogen und gezerrt wird”, skizzierte er die Lage, “aus dem Iran, aus der Türkei.” Wenn der Staat aber stabil bleibe, sollte es in Zukunft auch für “junge Irakerinnen und Iraker weniger Anreize geben, das Land zu verlassen”, resümierte Schallenberg. Derzeit gebe es doch einen beachtlichen “Brain-Drain” zu verkraften.

Angesichts des Umstands, dass prognostiziert werde, dass sich die Bevölkerung bis 2050 von 40 auf 80 Millionen verdoppeln werde, müssten wirtschaftliche Chancen geschaffen werden, so Schallenberg. Er ortete ein großes Potenzial für wirtschaftliche Kooperation. Er wurde von einer zehn Unternehmen umfassenden Wirtschaftsdelegation begleitet. Diese präsentierten ihre Projekte auch beim Treffen mit Premier Mohammed Shia’ al-Sudani. Prinzipiell seien die irakischen Gesprächspartner erfreut gewesen, dass Österreich nicht nur am Ölsektor interessiert seien.

Im Irak könnten in den kommenden Jahren Großprojekte mit einem Volumen von insgesamt 400 Milliarden Dollar schlagend werden, rechnete Schallenberg vor. Davon sollten auch österreichische Firmen profitieren können, etwa in den Bereichen Gesundheit, Telekommunikation oder dem Bau von Verkehrswegen, meinte Schallenberg. Heimische Unternehmen hätten in der Region einen guten Ruf, konstatierte Schallenberg. “Sie tauchen auch einmal schwierige Zeiten durch und bleiben.” Am Mittwoch ist in Erbil ein bilaterales Wirtschaftsforum geplant, da gerade die ölreiche Region Kurdistan-Irak als Handelspartner von großem Interesse ist.

Bei seinen Treffen habe er auch “heikle Themen” angesprochen, meinte der Außenminister. So seien im Irak Gesetze zum Verbot von Homosexualität aber auch im LGBTQ-Bereich in Kraft. Er habe die Botschaft überbracht, dass das im Westen “viel Staub aufwirbeln” würde.