Von: luk
Bozen – Eine Brücke vom Gestern zum Heute schlägt die Schau “Turm der Erinnerung” auf Schloss Tirol, die LH Arno Kompatscher und LR Florian Mussner nun eröffnet haben.
Rechtzeitig zum 70. Jahrestag des Pariser Vertrages öffnete am 3. September die Ausstellung “Turm der Erinnerung. Südtirol im 20. Jahrhundert” auf Schloss Tirol ihre Tore, und zwar mit dem Ziel, eine Brücke zu schlagen zur jüngsten Gegenwart, um die Zeitgeschichte Südtirols in all ihren Lebensräumen und -formen und mit der Vielfalt der Kulturen neu zu präsentieren.
„Hier auf Schloss Tirol können wir, wie an vielen anderen Orten in Südtirol auch, zurückblicken auf das, was gut war und daran weiterbauen“, unterstrich Landeshauptmann Kompatscher bei der Eröffnung. Die eigene Geschichte zu kennen und Verständnis dafür zu entwickeln, sei wichtig für Gegenwart und das Selbstverständnis einer Gesellschaft, sagte der Landeshauptmann. Geschichte, so Kompatscher, sei nicht nur politische Chronik, sondern es brauche auch den Blick auf Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Soziales, um das Selbstverständnis eines Volkes und eines Landes zu erfassen. Oft neige man zur Verklärung der Vergangenheit, im Turm der Erinnerungen bekomme jeder anhand der ausgestellten Gegenstände die Möglichkeit, sich nüchtern mit dem Vergangenen auseinandersetzen, das Gute und das Schlechte zu sehen, das gemeinsam Südtirols Geschichte ausmache, sagte der Landeshauptmann. „Hier im Bergfried von Schloss Tirol können wir unsere Geschichte treffen, sie anderen zeigen und vor allem sie besser verstehen, denn wir müssen verstehen woher wir kommen, um zu wissen wohin wir gehen wollen“, betonte Kompatscher.
Geschichte verpflichte zur Gegenwart und zu einem verantwortenden Blick auf die Zukunft, hob auch Museen-Landesrat Mussner hervor. Der Turm der Erinnerungen ist laut Mussner ein Ort, in dem Geschichte immer weiter geschrieben und immer mit neuen Inhalten angereichert werden kann und dessen Eröffnung passend gewählt ist. Gerade die Erinnerung an das Pariser Abkommen stärke das Land im Autonomieverständnis, so Mussner. „Museen sind Orte der Gegenwart und der Begegnung, in denen Geschichte so gezeigt wird, dass die Zukunft besser gestaltet werden kann – nutzen wir dieses Angebot vor allem auch als einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft, das Zusammenleben und den Frieden“, unterstrich Mussner.
Museumsdirektor Leo Andergassen beschrieb den Turm als „Container der Geschichte der vergangenen 100 Jahre“, mit allem, was die Geschichte Südtirols ausmache und das die Besucher nun über Objekte erfahren könnten – jedes Objekt mit seiner kleinen Geschichte erzählt dabei die große Geschichte. Beim Anschauen könne jeder seinem eigenen Interesse folgen, wobei auch darauf geachtet wurde, dass die Geschichtssplitter unterhalten und zu politischen Denken anregen, erklärte Kuratorin Petra Paolazzi. Gerade für Schüler sei der Besuch des Turms deshalb ein Muss, so die Kuratorin. Historiker Hans Heiss gab einen Rückblick auf Entstehung der Ausstellung und des Bergfrieds als weitum sichtbaren Kunstbau im Einklang mit der mittelalterlichen Burg, dessen „stählernes Herz“ sich nun für die Besucher öffne und die jüngste Zeitgeschichte Südtirols und Tirols sichtbar mache. Heiss verwies vor allem auf die zahlreichen Exponate, darunter auch besonders viele von Bürgern, deren Hüter der Turm der Erinnerung nun sei.
Universitätsprofessor Rolf Steininger referierte über das vor 70 Jahren zustande gekommene Gruber-De Gasperi-Abkommen, das er als „Magna Charta Südtirols“ bezeichnete. Das Pariser Abkommen sei deshalb die Magna Charta Südtirols, weil es als Teil des Italienischen Friedensvertrags völkerrechtlich wirksam wurde, die völkerrechtlich abgesicherte Autonomie Südtirols garantiert, Südtirol nicht mehr nur zu einer inneritalienische Angelegenheit machte, Österreichs zum Vertragspartner für die Angelegenheiten Südtirols einsetzte und das Paket überhaupt erst ermöglichte, so Steininger. „Das Gruber-De Gasperi-Abkommen war und ist die Grundlage für Südtirols Autonomie und Österreichs Südtirolpolitik“ betonte Steiniger.
Herwig van Staa, Präsident des Tiroler Landtags, beschrieb Schloss Tirol mit seinem Museum und dem Turm der Erinnerungen als gebautes Symbol Tirols.
Fast 15 Jahre nach der Eröffnung des Südtiroler Landesmuseums für Kultur- und Landesgeschichte auf Schloss Tirol wurde der Parcours zur Südtiroler Zeitgeschichte nun auf den neuesten Stand gebracht. Die Ausstellung „Turm der Erinnerung. Südtirol im 20. Jahrhundert“ im Bergfried des Schlosses beginnt mit dem Jahr 1909 und zeigt anhand einer Vielzahl an Dokumenten, Erinnerungsobjekten und Schaustücken die jüngste Geschichte Südtirols bis hin zur Ära Durnwalder. Der Horizont der Nachbarländer Trient und Tirol wurde dabei ebenso berührt wie der große europäische Rahmen. Konzipiert wurde die Schau in zweijähriger Arbeit von einem Kuratorenteam, geleitet von Petra Paolazzi, mit Esther Pirchner, Veronika Tauber und Hans Heiss. Für die künstlerischen Aspekte war Carmen Müller zuständig. Besonders für die Ausstellung eingesetzt hatte sich die Vizedirektorin des Museums Paula Mair. Sowohl Landeshauptmann Kompatscher als auch Landesrat Mussner bedankten sich bei allen, die zum Gelingen beigetragen haben. Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von Schülern und Lehrern des Humanistischen Gymnasiums Meran.