Olaf Scholz im Krisenmodus

Scholz und Merz beraten nach Ampel-Crash über Neuwahlen

Donnerstag, 07. November 2024 | 13:18 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Nach dem Bruch der deutschen Ampel-Koalition trifft Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) im Kanzleramt zusammen, um über das weitere Vorgehen bis zu einer Neuwahl zu beraten. Scholz will die Vertrauensfrage im Bundestag erst am 15. Jänner stellen und dann eine vorgezogene Wahl Ende März herbeiführen. Merz forderte Scholz auf, die Vertrauensfrage “spätestens Anfang nächster Woche” zu stellen. Dann könne im Jänner gewählt werden.

Merz traf gegen 12.30 Uhr zu Fuß im Kanzleramt in Berlin ein. Eine Zusammenarbeit bis zu Neuwahlen schlossen beide Politiker im Vorfeld nicht aus. Wenn Scholz den Weg zu Neuwahlen noch im Jänner freimache, wird die Union prüfen, welche Gesetzesprojekte sie bis dahin unterstützen könne, sagte Merz. “Wir sind selbstverständlich bereit (…) Verantwortung für unser Land zu übernehmen.” Scholz sagte, er wolle in einer Übergangsphase gemeinsam mit der Union “nach Lösungen suchen”, beharrte aber auf dem 15. Jänner als Termin der Vertrauensfrage.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich grundsätzlich offen für den Weg zu Neuwahlen über eine Vertrauensfrage. Maßstab für ihn sei aber, dass das Land eine stabile Regierung brauche. Er müsse im Falle einer gescheiterten Vertrauensfrage über die Auflösung des Bundestags entscheiden. “Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel”, sagte er. “Ich erwarte von allen Verantwortung.”

Nach dem dramatischen Platzen der Ampel-Koalition wurden am Donnerstag die Scherben zusammengekehrt. Der von Scholz nach einem beispiellosen Zerwürfnis gefeuerte Finanzminister Christian Lindner (FDP) erhält am Nachmittag von Steinmeier seine Entlassungsurkunde. Der SPD-Politiker und Staatssekretär im deutschen Kanzleramt, Jörg Kukies, werde Lindner nachfolgen, erklärte ein Regierungssprecher.

Der Bruch der ersten deutschen Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Budgetpolitik erfolgt. Als Reaktion zog die FDP ihre Minister aus dem schon seit vielen Monaten heillos zerstrittenen Bündnis ab – und besiegelte somit das Ende der Ampel. Einzig Verkehrsminister Volker Wissing erklärte, seinen Posten in der Regierung behalten zu wollen. Da er die Liberalen nicht in Schwierigkeiten bringen wolle, habe er seinen Austritt aus der FDP angekündigt.

Damit gibt es dann zum ersten Mal seit 2005 wieder eine rot-grüne Regierung, die allerdings keine Mehrheit im Parlament hat. Sie soll nur für eine Übergangsphase von unbestimmter Dauer bestehen. Als wahrscheinlichster Wahltermin gilt derzeit der 30. März, sollte Scholz die Vertrauensfrage erst im Jänner stellen.

Die FDP forderte in Person von Parteichef Lindner hingegen “die sofortige Vertrauensfrage” und Neuwahlen. Man sei in der Übergangsperiode aber durchaus bereit, Projekte der Ex-Ampel zu unterstützen. Ähnliche Forderungen kamen auch aus der Opposition. “Er (Scholz, Anm.) muss den Weg für Neuwahlen, für die Vertrauensfrage sofort freimachen”, sagte die AfD-Vorsitzende Alice Weidel. “Die Ampel ist Geschichte. Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden”, schrieb CSU-Chef Markus Söder auf X. Ähnliche Statements kamen auch vom neuen Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) und der Linken.

Lindner gab unterdessen bekannt, die FDP als Spitzenkandidat in die kommende Bundestagswahl führen zu wollen. Er trete, sofern die Partei dies wolle, erneut als Spitzenkandidat an, sagte Lindner am Donnerstag nach Beratungen der Gremien der Liberalen. Der Bruch der Ampel wäre nicht zwangsläufig gewesen, sagte Lindner. “Er ist politisch so gewollt worden, von anderen.” Den ehemaligen Partnern warf er ein falsches Spiel vor.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verteidigte die Entlassung Lindners. Man hätte die bestehenden Budgetlücken schließen können, aber “der Wille war nicht da.” Habeck warf Lindner vor, Parteipolitik vor seine Verantwortung als Minister gestellt zu haben. Die FDP erklärte am Donnerstag, den Rauswurf aus der Regierung nicht provoziert zu haben. Die FDP habe Vorschläge für echte Reformen in der Wirtschaftspolitik gemacht, aber SPD und Grüne hätten nur Gegenvorschläge gemacht, die den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht würden.

Kommentare

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12 Kommentare auf "Scholz und Merz beraten nach Ampel-Crash über Neuwahlen"


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Homelander
4 h 36 Min

Über die Ampel lacht mittlerweile die ganze Welt… und solche Regieren Deutschland😂 kein Wunder, daß ein Land, das mal eine Weltmacht war, den Bach runter geht…

Lana77
Lana77
Universalgelehrter
3 h 3 Min

Habeck soll iats a nou Finanzminister mochn. Zem “Guate Nocht Deutschlond”. Als Kindebuchautor hot er bis iats ausreichend unter Beweis gstellt dass er fe Wirtschaft kuan blassen Schimmer hot und als grian ideologisch verpeilter Wirtschaftsminister a reine Katastrophe isch. Ober iats soll ausgerechnet soujemand inkompetentes Finanzminister spieln. Na Bravo 🤣

Frank
Frank
Universalgelehrter
1 h 50 Min

Ich halte zwar nichts von Habeck, aber sein angeblicher Posten als Finanzminister ist eine typische BILDente.

Galantis
Galantis
Superredner
4 h 24 Min

..war auch höchste Zeit!

Montegiovi
Montegiovi
Tratscher
3 h 3 Min

So eine schlechten Kanzler hatte Deutschland noch nie. Macht den Bruch an Lindner fest, und hält eine von langer Hand vorbereitet Rede wo er sich und die SPD würdigt. Schiebt dann noch die Vertrauensfrage auf Januar anstatt umgehend Neuwahlen
anzusetzen, um den Weg für eine neue Regierung freizumachen.  Pfui Deifel. So jemanden hat Deutschland nicht verdient. 

Frank
Frank
Universalgelehrter
1 h 52 Min

Ohne jetzt Scholz zu verteidigen, Lindner hat die gesamte Regierungszeit nur die Interessen seiner Lobbyisten und seiner selbst im Auge gehabt. Hoffentlich fällt die FDP bei der nächsten Bundestagswahl wie schon in einigen Ländern unter “sonstige Kleinparteien”.

Paladin
Paladin
Universalgelehrter
2 h 13 Min

Besser ein (schnelles) Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. 

Blitz
Blitz
Kinig
4 h 14 Min

Na endlich, linksgrüne Phylosophy, auf Rückzug .

jochgeier
jochgeier
Universalgelehrter
4 h 7 Min

Besser spät als niee. obwohl der zeitpunkt anfang des jahres besser gewählt gewesen wäre.

Blasius
Blasius
Superredner
3 h 29 Min

Ist doch schön.
Jetzt kann er öfter seine Schühchen putzen und mit seinem Spielzeug herumkurven … Ganz ohne Stress.

Frank
Frank
Universalgelehrter
1 h 48 Min

Wie “unschuldig” sein Verein ist, sieht man ja daran, daß Wissing aus der FDP austritt und Minister bleibt.

Blasius
Blasius
Superredner
4 h 19 Min

Es geht selten gut, wenn der Schwanz mit dem Hund wedeln möchte …. 🙈

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