Scholz konterte Trump-Vize Vance

Scholz verbittet sich von Vance Einmischung in deutsche Wahl

Samstag, 15. Februar 2025 | 14:07 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat Äußerungen von US-Vizepräsident J.D. Vance zugunsten der teils rechtsextremen AfD scharf zurückgewiesen und sich jede Einmischung in den deutschen Wahlkampf verbeten. Aus den Reihen der AfD würden der Nationalsozialismus und dessen monströse Verbrechen verharmlost, sagte der SPD-Politiker bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).

Ein Bekenntnis zum “Nie wieder”, wie Vance dies am Donnerstag beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau abgelegt habe, sei nicht mit der Unterstützung für die AfD in Einklang zu bringen, fügte Scholz hinzu.”Deshalb werden wir es nicht akzeptieren, wenn Außenstehende zugunsten dieser Partei in unsere Demokratie, in unsere Wahlen, in die demokratische Meinungsbildung eingreifen”, sagte Scholz. “Das gehört sich nicht – erst recht nicht unter Freunden und Verbündeten und das weisen wir entschieden zurück.” Der Kanzler ergänzte: “Wie es mit unserer Demokratie weitergeht, das entscheiden wir selbst.”

Vance hatte die europäischen Verbündeten am Freitag in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz scharf attackiert und vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Er nahm dabei indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD: “Es gibt keinen Platz für Brandmauern.” Am Rande der Konferenz traf er sich auch mit AfD-Chefin Alice Weidel. Ein Treffen mit Scholz gab es nicht.

Absage an Diktatfrieden im Ukraine-Krieg

Scholz sagte der Ukraine in seiner Rede weitere europäische Unterstützung zu – und versprach ihr diese “selbstbewusste und entschlossene” Hilfe auch in möglichen Verhandlungen der USA und Russlands. “Wir Europäer sind es, die die Ukraine am stärksten unterstützen – und zwar so lange, wie dies nötig ist”, sagte Scholz.

Einen “Diktatfrieden” werde man nicht akzeptieren. Es sei gut, dass die US-Regierung das gemeinsame Ziel bekräftigt habe, die “souveräne Unabhängigkeit” der Ukraine zu erhalten. Die Ukraine müsse auch am Ende jeder Verhandlungslösung über Streitkräfte verfügen, mit denen sie jeden erneuten russischen Angriff abwehren könne. “Finanziell, materiell und logistisch wird das eine enorme Herausforderung”, sagte der SPD-Politiker. Dafür würden die Europäer und transatlantischen Partner weiter gebraucht.

Trotz der Spannungen mit der neuen US-Regierung wird Deutschland die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten im Verteidigungsbereich laut Scholz nicht aufgeben. “Wir brauchen eine starke europäische Rüstungsindustrie. Mit einer permanenten Produktion der wichtigsten Munitions- und Waffengattungen in Europa”, sagt der Regierungschef auf der Münchner Sicherheitskonferenz weiter. Dafür brauche man eine Bündelung der europäischen Bestellungen und die Zusammenarbeit der Rüstungsunternehmen. “Gleichzeitig sage ich: Wir geben die transatlantische Verschränkung unserer Verteidigungsindustrien nicht auf. Wir werden auch in Zukunft neue amerikanische Rüstungsgüter kaufen”, betonte deutsche der Kanzler.

Scholz für Lockerung von Euro-Budgetkriterien wegen Aufrüstung

Scholz regte wegen einer notwendigen Erhöhung der Verteidigungsausgaben angesichts der Bedrohung durch Russland eine Reform des Euro-Stabilitätspaktes an: “zeitlich befristet und unter Wahrung der fiskalischen Solidität aller Mitgliedstaaten. “Ich schlage (…) vor, dass wir im Stabilitätspakt der EU eine Ausnahme einführen – für alle Investitionen in Verteidigungsgüter, die oberhalb unseres bisherigen NATO-Ziels von zwei Prozent liegen”, sagte er. Deutschland sei dazu bereit.

Vorwürfe gegen Moskau

Ein Sieg Russlands oder ein Zusammenbruch der Ukraine würden keinen Frieden schaffen, warnte der deutsche Kanzler. “Wir werden uns auch auf keine Lösung einlassen, die zu einer Entkopplung europäischer und amerikanischer Sicherheit führt”, sagte er.

Scholz warf Russland vor, die Lage bereits jetzt mit gefährlichen Aktionen gegen Staaten der transatlantischen Allianz zu eskalieren. Er nannte Sabotage von Unterseekabeln in der Ostsee und anderer Infrastruktur, Brandanschläge, Desinformation und Versuche der Manipulation von demokratischen Wahlen.

Auch Habeck weist Vance zurecht

Auch der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wies die Einmischung von Vance mit deutlichen Worten zurück. “Das, was Vance gestern gemacht hat, geht ihn nichts an. So klar muss man das sagen. It’s none of your business”, sagte Habeck im Interview mit RTL und ntv. “Kümmere Dich um Deinen eigenen Kram, da gibts Aufgaben genug in den USA.”

Im “Zeit”-Podcast “Alles gesagt?” sagte Habeck, in den USA würden aktuell grundlegende demokratische Ideen “rücksichtslos zurückgeschraubt”. Das sei nicht, was konservativ einmal bedeutet habe. “Das ist autoritär-revolutionär.” In den USA entstehe “eine neue Form von technologischem Geldadel” und eine “Oligarchie”, gegen die es deutsche und europäische Antworten brauche.

Republikanischer US-Senator pflichtet Vance bei

Unterdessen hat auch der republikanische US-Senator Lindsey Graham den Umgang mit der AfD kritisiert. “Die AfD, wissen Sie, sie verschwinden zu lassen, ist nicht die Lösung”, sagte er am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Stattdessen sei die Lösung des zugrunde liegenden Problem wahrscheinlich die Antwort. Graham war zuvor gefragt worden, wie er die Rede von Vance in München verstanden habe.

Graham betonte zu der in rund einer Woche anstehenden Bundestagswahl, dass es “einen Rückschlag” wegen der “außer Kontrolle geratenen Migration” geben werde. Er verwies in dem Kontext auf den Austritt Großbritanniens aus der EU. Auch hier hätten sich die Menschen im Brexit-Referendum gegen den zu schnellen und falschen Wandel ihrer Gesellschaft entschieden.

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