Selenskyj sieht internationale Solidarität mit seinem Land

Selenskyj sieht internationale Solidarität mit seinem Land

Montag, 30. Oktober 2023 | 09:13 Uhr

Von: APA/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Gespräche mit über 60 Staaten über eine Friedenslösung für sein Land als wichtiges Signal bezeichnet. Russland griff die Ukraine indes nachts erneut mit Kampfdrohnen an. In weiten Teilen der Zentralukraine herrschte am späten Sonntagabend zeitweise Luftalarm. Die Luftwaffe teilte mit, dass die Drohnen in Wellen über die Gebiete Winnyzja, Kirowohrad, Tscherkassy und Chmelnyzkyj flogen.

Explosionen wurden aus dem Gebiet Cherson, aber auch aus dem Umland der Hauptstadt Kiew gemeldet. Angaben zu möglichen Treffern durch die Drohnen wie zu Abschüssen durch die ukrainische Flugabwehr gab es am frühen Montagmorgen noch nicht.

An der fast 1.000 Kilometer langen Front im Osten und Süden der Ukraine gingen die heftigen Gefechte weiter, wie der Generalstab in Kiew berichtete. Allein am Sonntag seien 40 russische Sturmangriffe abgewehrt worden. “Die operative Lage im Osten und Süden der Ukraine bleibt schwierig”, hieß es im Abendbericht.

Ein Schwerpunkt russischer Angriffe war wie in den Tagen zuvor die Stadt Awdijiwka. Sie liegt als ukrainische Frontstadt dicht an Donezk, das von Russland kontrolliert wird und Zentrum des Industriereviers Donbass ist. Dort hätten ukrainische Truppen zehn russische Angriffe abgewehrt, hieß es.

Die russische Armee versucht aber weiter, Awdijiwka einzukreisen, und nimmt dafür hohe Verluste an Menschen und Material in Kauf. Nach Schätzungen des ukrainischen Militärs sind dort in den vergangenen Tagen 4.000 russische Soldaten getötet worden. Selbst wenn Awdijiwka geräumt werden müsste, erfülle es doch die gleiche Funktion wie zuvor die Stadt Bachmut, sagte der pensionierte ukrainische Major Oleksij Hetman im Fernsehen: Die russische Armee nütze sich dort ab. Bachmut war nach monatelangen Kämpfen im Mai von Russland erobert worden.

In der von russischen Truppen besetzten Stadt Wolnowacha in der Ostukraine wurden indes nach Behördenangaben neun Zivilisten erschossen aufgefunden. In den spektakulären Fall schaltete sich auch das Staatliche Ermittlungskomitee Russlands ein. Zwei der Toten seien Kinder, teilte das Komitee offiziell mit. Die Toten seien mit Schusswunden in einem Privathaus gefunden worden. Der mutmaßliche Täter sei ein russischer Soldat, berichtete ein unabhängiger russischer Telegramkanal. Vier Tote seien eine Familie mit Vater, Mutter und zwei Kindern; die anderen seien Gäste im Haus gewesen.

Diese Informationen griff auch der Ombudsmann des ukrainischen Parlaments für Menschenrechte, Dmytro Lubinez, auf: Die Besatzer hätten das Leben einer ganzen Familie ausgelöscht, die einen Geburtstag feierte und ihr Wohnhaus nicht an die Besatzer abtreten wollte, schrieb er auf Telegram. Seinen Angaben nach stammte der mutmaßliche Schütze aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Wolnowacha liegt im Gebiet Donezk und ist seit März 2022 von russischen Truppen besetzt.

“Ganz gleich, was in der Welt geschieht, die Hauptsache ist Einigkeit über die wirkliche Macht des Völkerrechts”, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Sonntag in Kiew. “Denn das ist Einigkeit um der Gerechtigkeit willen für die Ukraine und alle Länder und Völker, die einer Aggression ausgesetzt sein könnten.”

Über das Wochenende hatten ranghohe Vertreter aus 66 Staaten und von internationalen Organisationen in Malta über die Vorschläge beraten, die Selenskyj seine Friedensformel nennt. Dazu gehören neben der Kernforderung nach einem Abzug russischer Truppen aus der Ukraine auch die Freilassung aller Kriegsgefangenen, ein Tribunal für Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für das Land.

Vor Malta hat es solche Treffen in Kopenhagen und in Jeddah in Saudi-Arabien gegeben. Die Ukraine versucht dabei, über ihre westlichen Unterstützer hinaus auch Verständnis bei wichtigen Schwellen- und Entwicklungsländern zu finden. Deshalb wurde nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtes über nukleare Sicherheit, die sichere Versorgung mit Lebensmitteln und Energie gesprochen.

Russland, das Selenskyjs Vorschläge als realitätsfern verspottet, war nicht eingeladen. Die Ukraine wehrt sich seit mittlerweile mehr als 20 Monaten gegen die russische Invasion.