Von: mk
Rom/Bozen – Am heutigen 20. Juli hat der Senat den Gesetzentwurf zur Umwandlung des Impfdekrets der Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin mit einer breiten Mehrheit (171 dafür, 63 dagegen, 19 Enthaltungen) genehmigt.
“Es ist uns im Rahmen der Behandlung des Senats gelungen, gemeinsam mit den Kollegen anderer Parteien, wesentliche Verbesserungen am Dekret zu erreichen, wie die Reduzierung der Pflichtimpfungen von zwölf auf zehn, die Streichung der Meldepflicht an die Staatsanwaltschaft beim Jugendgericht, die Reduzierung der Verwaltungsstrafe von ursprünglich 500 bis 7.500 Euro auf 100 bis 500 Euro, die Einführung eines Informationsgespräch vor Verhängung von Sanktionen und die Schutzklausel für die Autonomie. Letztere erlaubt zwar keine Reduzierung der Zahl der Pflichtimpfungen, da dieser Punkt als Mindeststandard zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gemäß Autonomiestatut (Grenzen der autonomen Gesetzgebung) bindend ist, doch bleibt dem Land Handlungsspielraum z.B. für organisatorische Fragen, Verwaltungsabläufe usw.“, erklären die Südtiroler Senatoren Karl Zeller, Hans Berger und Francesco Palermo.
Damit seien die meisten der vom Südtiroler Landtag am 7.6.2017 geforderten Forderungen berücksichtigt worden. Der Südtiroler Landtag habe sich nämlich nicht – anders als vielfach behauptet – gegen die Impfpflicht und gegen jede Art von Sanktionen ausgesprochen, sondern lediglich die Streichung des „Zulassungsverbots in Kinderhorten und Kindergärten, der drastische Erhöhung der Bußgelder und der Einschaltung des Jugendgerichts samt eventueller Folgemaßnahmen bis hin zum Entzug der elterlichen Sorgerechte” verlangt. Diese Punkte sollten laut Südtiroler Landtag durch andere geeignete Maßnahmen ersetzt werden, “welche die Einhaltung der Impfvorgaben der WHO für einen effizienten Schutz vor gefährlichen Infektionskrankheiten gewährleisten”.
Wie oben angeführt, sind all diese Punkte, mit Ausnahme des Zulassungsverbots in Kinderhorten und Kindergärten, das aufrecht bleibt, im Senat angenommen worden, insbesondere wurde auch von einer drastischen Erhöhung der Bußgelder Abstand genommen und auf ein ähnliches Ausmaß festgelegt, wie es für die Pflichtimpfungen seit den 60-er Jahren vorgesehen war (wenngleich diese Strafen vielfach nicht mehr verhängt wurden).
“Es gibt hier zweifelsohne ein Spannungsfeld zwischen individuellen Rechten (Elternrecht) und dem kollektiven Grundrecht auf Gesundheitsschutz. Leider kann hier das individuelle Recht nicht uneingeschränkt geschützt werden, ohne das Recht auf Gesundheitsschutz der anderen Mitbürger in Mitleidenschaft zu ziehen. Wir können die Bedenken einiger Mitbürger gegenüber der Impfpflicht verstehen, sind aber der Meinung, dass dem Schutz vor Gesundheitsrisiken der gesamten Bevölkerung Vorrang zu gewähren ist. Niemand von uns ist Mediziner oder Impfexperte, aber wir vertrauen den Aussagen der herrschenden medizinischen Lehre, der Weltgesundheitsorganisation und der zuständigen medizinischen Dienste des Landes Südtirol, die unisono der Meinung sind, dass die Impfquote angehoben werden muss, um weiterhin den Schutz der Bevölkerung vor vielen, bereits ausgerottet geglaubten Krankheiten zu garantieren. In letzter Zeit sind in Italien z.B. wieder viele Fälle von Masern (mehrere Tausend) aufgetreten, die für einige Erkrankte, die nicht geimpft waren oder nicht geimpft werden konnten, schwerwiegende Folgen nach sich gezogen haben. Nicht zuletzt deshalb planen auch andere europäische Staaten wie Frankreich und Deutschland die Wiedereinführung der Impfpflicht, um die Durchimpfungsrate anzuheben“, erklären Zeller, Berger und Palermo.
Proteste in Bozen
In Bozen haben sich unterdessen rund 100 Impfgegner und -kritiker vor dem Landhaus versammelt. Die Väter und Mütter pochten im Rahmen einer Kundgebung „auf das Recht der Wahlfreiheit“ zum Wohl ihrer Kinder.
Vor allem, dass das Zulassungsverbot in Kinderhorten und Kindergärten aufrecht bleibt, stößt auf Kritik.
BürgerUnion: Zustimmung der SVP zu Impfzwang ist inakzeptabel
Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder, bezeichnet die Genehmigung des Impfdekrets im Senat als Fortsetzung des Impfkrieges der Regierung gegen die Eltern.
Die Zustimmung der SVP-Senatoren zum Impfzwang mit Kindergartenverbot ist laut Pöder absolut inakzeptabel und nicht die Umsetzung des Landtagsbeschlusses. „Der Senat nimmt zwar Änderungen am Impfdekret vor, der Impfzwang bleibt jedoch äußerst hart: Fast 2.000 Südtiroler Kindern droht für 2018 das Kindergartenverbot“, befürchtet die BürgerUnion. Diese Zahl ergebe sich aus einer Hochrechnung der Impfrate bei den bisherigen vier Pflichtimpfungen und der künftigen Situation mit zehn Pflichtimpfungen.
Die Änderungen am Impfdekret im Senat sind nach Ansicht Pöders nur Beruhigungspillen: „In Wirklichkeit öffnen die nach wie vor vorhandenen jährlichen Geldstrafen eine neue Ungerechtigkeiten zwischen Normalverdienern und Wohlhabenden: Reiche Eltern, die ihren Kindern die künftig zehn statt bisher vier Pflichtimpfungen nicht zumuten wollen, können sich freikaufen und haben auch kein Problem mit Kita- und Kindergartenverbot.“
„Wenn nach dem Senat auch noch die Abgeordnetenkammer das Impfdekret so bestätigt, ist das eine Art politische Kriegserklärung gegen viele über die nach wie vor hohe Zahl von Impfungen besorgten Eltern. Es geht einfach nicht allein um die Grundsatzfrage ‘Impfen ja oder Nein’ – es geht um die unverhältnismäßig und grundlos hohe Zahl von Zwangsimpfungen und die harten Zwangsmaßnahmen wie Kindergartenverbot und Geldstrafen“, betont der Abgeordnete.
Pöder will nun Initiativen setzen, um den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen, damit sie gegen die Autonomieverletzung durch das Kindergartenverbot und gegen die Geldstrafen vorgeht.