Von: apa
Einen Tag nach ihrer Ankunft in Straßburg sind die gegen Menschenrechtsverletzungen in Serbien protestierenden serbischen Radfahrerinnen und Radfahrer vom Vize-Generalsekretär des Europarates, Bjørn Berge, empfangen worden. Berge habe den Studentinnen und Studenten zugehört und versprochen, ihre Botschaft an die zuständigen Stellen des Europarates weiterzuleiten, teilte der Europarat der APA auf Anfrage mit. Die Gruppe hatte in 13 Tagen fast 1.500 Kilometer zurückgelegt.
Die Wiederherstellung des Vertrauens in die Demokratie und die Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit zähle zu den Prioritäten der Organisation, betonte Berge. Jeder Mitgliedsstaat sei verpflichtet, die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergebenden Rechtsstandards zu achten, unterstrich der Stellvertreter von Europarats-Generalsekretär Alain Berset.
“Sind angekommen, um Serbien nach Europa zurückzubringen”
“Unsere Fahrt ist ein Symbol sowohl der Verzweiflung als auch der Hoffnung”, sagte ein Vertreter der Studenten in einer Rede im Europaviertel von Straßburg. “Wir brauchen die Unterstützung Europas. Wir haben uns nicht in Richtung Europas aufgemacht, um aus Serbien zu flüchten. Wir sind angekommen, um es zurückzubringen”, betonte er. Die Gruppe besuchte auch das Europäische Parlament, das aber erst Anfang Mai wieder in Straßburg tagt.
Die 80 Studentinnen und Studenten waren am Dienstagabend in der ostfranzösischen Stadt eingetroffen, wo ihnen wie zuvor schon in mehreren Städten ein begeisterter Empfang bereitet wurde. Fünf Tage lang radelte die Gruppe auch durch Österreich, wo sie unter anderem in Wien von 2.000 Menschen bejubelt wurde. Bei weiteren Übernachtungsstopps, etwa in Budapest, Salzburg, München oder Stuttgart, wurde ihnen von Vertreterinnen der serbischen Diaspora ebenfalls der rote Teppich ausgerollt.
Die Protestaktion inspirierte auch Zweiradfahrer aus anderen Teilen Europas, die sich ebenfalls in Richtung Straßburg aufmachten. Wie die Organisationen der “Tura do Strazbura” auf ihrer Internetseite mitteilten, starteten unter anderem Radler in Rotterdam und Amsterdam (650 bzw. 530 Kilometer in fünf Tagen), in Kopenhagen (1.100 Kilometer in sechs Tagen), in Konstanz (300 Kilometer in vier Tagen) und Bonn (300 Kilometer in vier Tagen).
Forderung nach politischen Veränderungen in Serbien
Die Botschaft der serbischen Radlerinnen und Radler war klar, nämlich jene eines politischen Wandels in Serbien, dessen Regierung nach dem Tod von 16 Menschen durch den Einsturz eines Bahnhofvordachs in Novi Sad massiv unter Druck geraten ist. Man sei auf dem Weg nach Straßburg, um eine politische Veränderung herbeizuführen, sagte der 19-jährige Petar nach seiner Ankunft in Wien im APA-Gespräch. Von Österreich und Europa erwartet er sich vor allem eines: “Lasst (den serbischen Präsidenten Aleksandar, Anm.) Vučić fallen. Erhebt die Stimme.”
Nach dem Unglück Anfang November hatten Massenproteste begonnen, die von der Regierung auch mit Rücktritten – unter anderem von Regierungschef Miloš Vučević und zwei Minister – nicht besänftigt werden konnten. Studierende blockieren bereits seit Monaten die staatlichen Universitäten. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Protestbewegung Mitte März durch eine Großkundgebung in Belgrad, die aber abrupt endete. Teilnehmer erhoben daraufhin Vorwürfe gegen die Behörden, eine verbotene Schallkanone eingesetzt zu haben. Wenige Tage später kündigten die Studentinnen und Studenten an, ihren Protest per Radtour nach Europa tragen zu wollen. Die “Tura do Strazbura” startete am 3. April im nordserbischen Novi Sad.
Serbien ist EU-Beitrittskandidatenland und gehört auch dem Europarat an, der sich mit seinen politischen, rechtlichen und fachlichen Gremien vor allem der Wahrung von Demokratie und Menschenrechten auf dem Kontinent verschrieben hat. Die entsprechenden Grundsätze, darunter etwa die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, sind in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgeschrieben, über deren Einhaltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wacht. Dieser hat seinen Sitz in Straßburg, ebenso wie das Europäische Parlament, das allerdings nur einmal monatlich für vier Tage in der Stadt tagt. Die nächste Plenarsitzung findet Anfang Mai statt.
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