Von: mk
Bozen – Die Südtiroler Kirchenleitung hat mit der Vorstellung der Dokumentation über sexuellen Missbrauch in der Diözese Bozen-Brixen in diesen Tagen einen ersten, längst überfälligen Schritt zur Aufarbeitung eines rabenschwarzen Kapitels menschlichen Miteinanders gewagt – nach Jahrzehnten des komplizenhaften Schweigens und Vertuschens. Dies geschah wohl auch unter dem Druck, den die entsprechenden Anträge des Team K im Landtag sowie Buch und Film von Georg Lembergh “(K)einen Ton sagen” ausgelöst haben. Davon ist zumindest das Team K überzeugt, wie aus einer Aussendung hervorgeht.
Vor vier Jahren hat der Landtag einen Antrag des Team K zum Thema „Sexueller Missbrauch in Kirche und öffentlichen Einrichtungen“ angenommen. Die Einsetzung einer unabhängigen Ombudsstelle ist in Umsetzung, während die geforderte unabhängige Kommission und die Maßnahmen zur Entschädigung sowie angemessene Hilfestellung zugunsten der Opfer für das erlittene Leid nie weitergebracht worden sind – trotz einstimmiger Annahme im Landtag. Ein Jahr lang hat nun die Anwaltskanzlei Westpfahl-Spilker-Wastl im Auftrag der Kurie Betroffene und Zeitzeugen angehört, Archive durchforstet und Hinweise über mögliche Verdachtsfälle analysiert und ausgewertet.
“Bereits vor vier Jahren drängten wir darauf, dass Politik und Land Südtirol in dieser Thematik tätig werden und Bürgerinnen und Bürger, die in kirchlichen und öffentlichen Institutionen sexualisierte Gewalt oder sexuellen Missbrauch erfahren haben, unterstützen muss. Unser Antrag zielt darauf ab, eine unabhängige Ombudsstelle einzurichten, an die sich Opfer und deren Angehörige wenden können. Da die Fälle strafrechtlich oft schon verjährt sind, zudem Angst, Traumatisierung und Scham der Betroffenen besonders im ländlichen Gebiet immer noch vorherrschen, ist eine Unterstützung bei der Bewältigung und Aufklärung erlittener Übergriffe, eine finanzielle Zuwendung in Anerkennung des erlittenen Leids oder/und für therapeutische Zwecke, mehr als notwendig. Die Sorge für das Wohl und den Schutz der Minderjährigen und der schutzbedürftigen Personen laut Verfassung und aller gesetzlichen Vorgaben, die UN-Menschenrechte und die UN-Konvention für Kinderrechte sind in Südtirol in allen Institutionen, in kirchlichen wie öffentlichen, zu gewährleisten”, sagt Franz Ploner vom Team K.
“Die Ergebnisse der vorliegenden Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche jedenfalls lassen schaudern und sind leider wohl nur die Spitze des Eisbergs. 67 Hinweise in 59 Jahren, das heißt mehr als ein Fall pro Jahr, dabei ist die Zeit zwischen 1945 und 1964 ausgespart, ebenso wie die Klöster und deren Einrichtungen für Minderjährige wie Heime und Schulen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Tatsache ist, dass bezüglich sexueller und sexualisierter Gewalt in Südtirol akuter Handlungsbedarf besteht. Die öffentliche Hand muss die von uns geforderte unabhängige Ombudsstelle, die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung, mit entsprechender Expertise und die Ausarbeitung und Umsetzung von Präventionsmaßnahmen, umgehend umsetzen”, fordert der Team-K-Abgeordnete Franz Ploner mit Vehemenz.
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