Von: Ivd
Bozen – Südtirols Autonomiestatut steht kurz vor einem entscheidenden Wendepunkt. Eine umfassende Reform scheint zum Greifen nahe, doch die Verhandlungen der beiden Vertragsparteien, wie weitreichend diese ausfallen, werden zunehmend zäher, wie Experten warnen. Stehen die Forderungen von Landeshauptmann Arno Kompatscher nun doch auf der Kippe? Ein Showdown der beiden Regierungsspitzen.
Als Giorgia Meloni vor zwei Jahren an die Macht kam, waren in Südtirol die Befürchtungen groß. Doch die Ministerpräsidentin der postfaschistischen Fratelli d’Italia überraschte: Sie streckte der autonomen Provinz Bozen die Hand aus und signalisierte Bereitschaft zur Reform des Autonomiestatuts. Seit dem Koalitionsbeginn des Fünferbündnisses laufen die Gespräche – bislang ohne Durchbruch. Auch das vorläufige Ziel vom Herbst 2024 wurde auf mindestens zwei Jahre korrigiert.
Politikwissenschaftlerin Alice Engl vom Eurac Research Institute meint: „Das Thema birgt noch viel Verhandlungsbedarf und Konfliktpotenzial.“ Bislang herrscht viel Uneinigkeit zwischen den Vertragsparteien. Während Meloni lediglich verloren gegangene Kompetenzen wiederherstellen will, fordert Südtirol mehr: Neue Zuständigkeiten, beispielsweise im Klimaschutz, eine stärkere Anbindung an die EU und eine sogenannte Einvernehmensklausel, die ein einseitiges Ändern des Autonomiestatuts durch das italienische Parlament verhindern soll.
Deadline 2024
Landeshauptmann Kompatscher hingegen verfolgt eine gewagte Strategie. Im Januar rechtfertigte er die Koalition unter Einbeziehung der Fratelli d’Italia mit der Aussicht auf Fortschritte bei der Autonomie. Doch die Zeit drängt: Kompatscher hat versprochen, die Reform bis Ende der Legislaturperiode umzusetzen. Angesichts der schleppenden Verhandlungen und dem Umfang der juristischen Arbeit ein straffer Zeitplan.
Kompatscher sagte am Wochenende, dass er zumindest mit der Wiederherstellung der verloren gegangenen Autonomie-Kompetenzen noch in diesem Jahr rechnet. Alessandro Urzí, Abgeordneter der Fratelli, betonte zuletzt den „guten Willen“ eine Lösung zu finden, machte aber neue Südtiroler Textvorschläge für die Verzögerungen verantwortlich.
Für Südtirol steht viel auf dem Spiel. Schafft es die Region, ihre Autonomie zu sichern und auszubauen, oder scheitert der ambitionierte Versuch? Kompatscher drohte bereits mit einem Koalitions-Aus, sollte es keine Fortschritte geben. Der Dezember gilt als Deadline. Wer den Showdown am Ende gewinnt und ob Kompatscher seinen Willen bekommt, bleibt ungewiss. Sicher ist nur: Der Weg dorthin ist lang.
Süd-Tiroler Freiheit mit Kritik
Die Süd-Tiroler Freiheit warnt eindringlich vor einer schleichenden Demontage der Autonomie Südtirols durch die italienische Regierung. Sie kritisiert Landeshauptmann Arno Kompatscher dafür, sich in langwierigen Verhandlungen zu verlieren, während politische Kräfte wie Alessandro Urzì von den Fratelli d’Italia gezielt an der Schwächung der Selbstverwaltung arbeiten. Die Bewegung fordert klare Ergebnisse, statt leerer Versprechen, und drängt auf eine konsequente Verteidigung der Autonomie. Laut Sven Knoll müsse sich Kompatscher seiner Verantwortung stellen, um die Autonomiereform voranzubringen und Südtirols Interessen zu sichern.
Freiheitliche warnen
Die Freiheitlichen betonen ihrerseits, dass die Autonomie Südtirols nicht zur Verhandlungsmasse werden darf. Kritik richtet sich vor allem gegen Urzìs Vorschläge, wie die Aufweichung des Proporzes oder die automatische Anerkennung des Zweisprachigkeitsnachweises, die als Gefährdung des Minderheitenschutzes gesehen werden. Roland Stauder unterstreicht die Bedeutung der Autonomie als Schutz für alle Sprachgruppen und fordert von der Landesregierung eine klare Linie, um den ethnischen Proporz, das muttersprachliche Prinzip und die Zweisprachigkeitsregelungen zu verteidigen. Ziel müsse es sein, die Autonomie wiederherzustellen und zu stärken.
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