Von: luk
Bozen – Die Landesregierung hat sich am heutigen Mittwoch erneut mit dem Vorschlag für einen “ergänzenden Eingriff in der Skizone ‘Langtaufers’ in der Gemeinde Graun in Vinschgau für die skitechnische Verbindung mit der Zone Kaunertal” befasst und das Vorhaben abgelehnt.
Bevor die Landesrätin für Raumentwicklung Maria Hochgruber Kuenzer den Beschluss auf die Tagesordnung der heutigen Landesregierungssitzung gesetzt hatte, waren zahlreiche Gutachten und Überprüfungen der Auswirkungen des Vorhabens eingeholt worden.
Gutachten von Umweltbeirat und sozio-ökonomischer Kommission
Der Umweltbeirat des Landes hielt fest, dass das Melagtal, ein Seitental des Langtauferer Tals, in dem die Skiverbindung geplant war, als unberührtes Gebiet gelte. Zudem enthalte das Tal auf 1.900 Metern Meereshöhe urtümliche charakteristische Geländekammern, es gebe unzählige, kleinflächige Lebensräume mit einer hohen Biodiversität, darunter auch Arten, die international unter Schutz stehen. Die Gesamtbewertung des Standortes veranlasste den Umweltbeirat zu einem negativen Gutachten. “Südtirol zeichnet sich durch Vielfalt und Einzigartigkeit aus. Das gilt vor allem für die Naturlandschaften. Diese Vielfalt haben unsere Vorfahren geprägt und wir haben den Auftrag, sie zu erhalten”, beschreibt Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer ihre Verantwortung.
Darüber hinaus hatte die Landesregierung ein sozio-ökonomisches Gutachten an Experten der Freien Universität Bozen in Auftrag gegeben. Doch auch diese Überprüfung erkannte nicht eindeutig positive Auswirkungen für die Region Obervinschgau: Die Vollständigkeit dieses Gutachtens wurde für diese Bewertung für die Landesregierung von der Anwaltschaft des Landes bestätigt.
Für Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer ist es “völlig nachvollziehbar, dass es unterschiedliche Meinungen über eine wirtschaftliche Entwicklung in Langtaufers und im oberen Vinschgau gibt. Doch gerade die aktuelle Situation regt zum Nachdenken an und zeigt auf, dass unberührte Natur eine wertvolle Ressource für zukünftige Entwicklung sein kann.”
“Ein guter Tag für Langtaufers, ein guter Tag für das Melagtal”
“Das ist eine sehr gute Nachricht für Langtaufers und ein Gewinn für alle”, so kommentieren der Alpenverein Südtirol, der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, der Heimatpflegeverband Südtirol und die Umweltschutzgruppe Vinschgau die Nachricht aus Bozen.
Sie setzen sich bereits seit Jahren dafür ein die noch intakten Bereiche des Südtiroler Hochgebirges im Sinne der Alpenkonvention als Ruhezonen zu bewahren, auf intensivtouristische Erschließungen im Melagtal zu verzichten und auf umweltverträgliche Alternativen in Langtaufers zu setzen. Daher begrüßen die genannten Vereine
und Verbände die heutige wegweisende Entscheidung im Sinne der Umwelt durch Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer und die Landesregierung ausdrücklich.
“Die Zukunft von Langtaufers ist ein dezentraler, umwelt- und sozialverträglicher Tourismus. Das haben die meisten Langtauferer und die Ferienregion Reschenpass schon seit längerer Zeit erkannt. Moderne Ansätze, wie ein familienorientierter Winter- und Sommertourismus und die Bewerbung als schneesichere Langlaufdestination in Langtaufers bieten langfristige Wirtschafts-Perspektiven für die lokale Bevölkerung bei gleichzeitiger Schonung der Natur- und Kulturlandschaft”, so die Umweltschützer.
Langtauferer Bürger brächten es auf den Punkt, wenn sie sagen: „Wir in Langtaufers kommen aus kleinstrukturierten bäuerlichen Verhältnissen und wissen, dass die Ruhe, die intakte Natur, das Wasser, die saubere Luft und die Stille unsere Stärken sind. Die Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal würde uns zu Befehlsempfängern degradieren. Wir hätten dadurch vom gleichen mehr und nehmen uns die Vielfalt des touristischen Angebotes.“
“Das gerettete Melagtal als Signal gegen weitere Erweiterungsprojekte”
Die Anzahl der Skifahrer gehe europa- und weltweit zurück bzw. stagniert. “Dieser Trend ist seit vielen Jahren bekannt und vielfach belegt. Deshalb ist im Grunde jede Investition in eine Erweiterung bzw. in einen quantitativen Ausbau eines Skigebietes eine Investition gegen benachbarte Skigebiete. Die Landesregierung täte gut daran, dieser Entwicklung nicht nur in Langtaufers Rechnung zu tragen, sondern auch bei anderen geplanten Erweiterungen. Öffentliche Beiträge sind eindeutig besser investiert, wenn sie einen nachhaltigen, umwelt- und sozialverträglichen Tourismus fördern und nicht skitechnische Neuerschließungen von Großinvestoren”, so der Heimatpflegeverband Südtirol.
Das Melagtal: Ein wunderbares hochalpines Kleinod
Das Melagtal ist für Heimatpfleger und Umweltschützer ein ökologisch wertvoller hochalpiner Lebensraum. “Gefährdete Tierarten, wie Schnee- und Steinhuhn finden hier Brutgebiete und Lebensraum. Solche Kleinode werden in den Alpen leider zunehmend seltener. Umso erfreulicher ist es, dass Langtaufers von der Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal – zumindest vorläufig – verschont bleibt. Davon kann sich jeder bei einer Wanderung durch das Melagtal und einem Besuch in Langtaufers ein Bild machen. Und gleichzeitig den lokalen Weg eines sanften Tourismus unterstützen.”
Grüne: “Das langersehnte NEIN ist nun offiziell!”
Nach einer jahrelangen Serie von Projektvorschlägen, Umweltverträglichkeitsprüfungen, wirtschaftlichen Bewertungen und politischen Zweifeln ist endlich die Entscheidung gefallen: Die Landesregierung hat das Projekt zur Verbindung des österreichischen Skigebiets Kaunertal mit dem Langtaufers abgelehnt. Das schreiben die Grünen in einer Presseaussendung.
“Die Grünen haben die ganze Angelegenheit seit den ersten Projektvorschlägen verfolgt und die Landesregierung zum Schutz dieses einzigartigen Naturerbes aufgerufen, das seit Jahren erfolgreich auf einen sanften und respektvollen Tourismus baut. Endlich haben die Proteste und Forderungen nicht nur der Grünen, sondern auch vieler Vereine und Menschen im Vinschgau Früchte getragen und wir können dieses Projekt ad acta legen”, freut sich Hanspeter Staffler. Diese Verbindung zwischen der österreichischen und der Südtiroler Seite habe von Anfang an nicht den Nachhaltigkeitskriterien entsprochen, die für ein so fragiles und wertvolles Gebiet erforderlich wären. “Die diversen ökologischen und sozio-ökonomischen Gutachten haben dies nur bestätigt. Die Politik musste dies zur Kenntnis nehmen und die Experteneinschätzungen respektieren. Und so ist es letztendlich auch geschehen. In diesen schwierigen Zeiten, in denen nichts mehr sicher zu sein scheint endlich eine gute Nachricht”, schließen die Grünen.