Von: mk
Bozen – Die Landesregierung hat heute das vorgelegte Projekt für die Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal abgelehnt.
Mit der Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal hat sich die Landesregierung in ihrer heutigen Sitzung befasst und beschlossen, das Vorhaben in dieser Form abzulehnen.
„Wir haben das vorgelegte Projekt heute abgelehnt, weil es einerseits viele kritische Aspekte in Bezug auf den Landschafts- und Umweltschutz gibt, und andererseits die positiven Auswirkungen auf eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftsraumes Langtaufers/Oberer Vinschgau nicht ausreichend dargestellt wurden“, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher bei der Pressekonferenz im Anschluss an die heutige Regierungssitzung. Diese können durchaus vorhanden sein, so Kompatscher. Aus den Unterlagen gehe aber nicht bzw. nicht ausreichend hervor, wie dieses Projekt zur positiven Entwicklung des Tales beitragen könne. „Aus diesem Grund konnte das Projekt in der vorgelegten Form nicht genehmigt werden“, schließt Landeshauptmann Kompatscher. Und der Einbringer des Beschlusses, Umweltlandesrat Richard Theiner, betont, dass sich die Landesregierung die Entscheidung nicht einfach gemacht hat. „Nach eingehender Überprüfung der Unterlagen sind wir als Landesregierung aber zum Ergebnis gelangt, dass das vorliegende Projekt nicht genehmigt werden kann.“
Die Vorgeschichte
Das Vorhaben, Langtaufers in der Gemeinde Graun mit dem Tiroler Kaunertal “skitechnisch” zu verbinden, wird bereits seit Jahrzehnten diskutiert. Zuletzt hatte die antragstellende Gesellschaft „Oberländer Gletscherbahn AG“ eine Liftanlage mit Talstation in Melag und Bergstation am Karlesjoch samt dazu gehörenden Skipisten geplant sowie als Alternative dazu eine Variante über das Weißseejoch entwickelt. Dieses Vorhaben wurde von der Gemeinde Graun im Mai 2016 per Ratsbeschluss genehmigt.
Der Umweltbeirat des Landes untersuchte beide Szenarien und erteilte im Februar 2017 ein negatives Gutachten. Dieses wurde auch nach dem schriftlichen Einwand und der Anhörung der Liftgesellschaft vom Umweltbeirat in seinen Sitzungen vom August und Oktober 2017 bestätigt. Auch die Gesamtbewertung des Landesamtes für Landesplanung im November fiel negativ aus.
Grüne: „Schwergeburt der Landesregierung kommt zu gutem Ende“
„Nach langwieriger Diskussion und eingehender Überprüfung der Schiverbindung zwischen Langtaufers im Obervinschgau und dem Kaunertal in Tirol hat die Landesregierung heute endlich entschieden: Die Schischaukel soll nach ihrem Willen nicht verwirklicht werden. Damit haben sich die begründeten Argumente des Umweltbeirats durchgesetzt, der sowohl eine ältere wie auch eine neuere Trassenvariante in aller Entschiedenheit zurückgewiesen hat“, erklären die Landtagsabgeordneten der Grünen, Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba
Das Urteil sei denkbar klar ausgefallen: „Aus landschaftlicher Sicht verändern die geplanten Anlagen den natürlichen und unberührten Charakter des alpinen Landschaftsbildes sowie der sensiblen Ökosysteme unwiederbringlich und sind mit den Zielsetzungen des Schutzes sowie der nachhaltigen Entwicklung nicht vereinbar“.
„Demnach sprechen nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Aspekte gegen die Verbindung, die das unberührte Tal stark beeinträchtigen würde.
Die Landesregierung hat in diesem Fall nach mühsamem Ringen dem Druck der Betreiber widerstanden und der Sachkompetenz der Ämter Vorrang gegeben hat. Mit dieser Entscheidung wurde der fachlichen Ebene ebenso Rechnung getragen wie der Naturqualität und dem Entwicklungspotenzial des Tales, das sich in kurzer Zeit zu einem Modell des nachhaltigen Tourismus entwickeln könnte. Viele LangtaufererInnen sehen bereits jetzt einen solchen Weg und fühlen sich nun neu ermutigt; ebenso die vielen UmweltfreundInnen und Organisationen, die seit Langem ihre Stimme erhoben haben. Auch wir Grünen haben immer vor der Beeinträchtigung des Tales durch diesen Eingriff gewarnt und im Landtag mehrmals darauf hingewiesen. Die heutige Entscheidung ist ein Sieg der Vernunft, der optimistisch stimmt“, heißt es abschließend in einer Aussendung.
Verbände reagieren erfreut
Auch der Dachverband für Natur- und Umweltschutz reagiert erleichtert. Die Landesregierung habe sich an das im Genehmigungsverfahren vorgesehene Experten-Gutachten gehalten und danach entschieden. Die Umwelt- und Alpinverbände würden diese fachlich kohärente Entscheidung begrüßen und die Südtiroler Landesregierung einladen, sich in Zukunft konsequent an die Fach-Gutachten der eigenen Expertenkommissionen zu halten. Dies schaffe nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Objektivität, Nachvollziehbarkeit und stehe im Einklang mit politischen Versprechen.
Alpenverein Südtirol, Heimatpflegeverband Südtirol und Dachverband für Natur- und Umweltschutz begrüßen die Entscheidung. Ausschlaggebend für die Ablehnung dürfte nicht zuletzt das eindeutig negative, ausführlich und gut begründete Gutachten des Umweltbeirates sein.
Dieses Gutachten sei im Zuge des Genehmigungsverfahrens von derlei Vorhaben zwingend vorgeschrieben und müsse entsprechend der normativen Bestimmungen des Landes auch bei der Entscheidung der Landesregierung berücksichtigt werden: „Der Umweltbeirat gibt ein begründetes Gutachten über die Umweltverträglichkeit des Vorhabens ab, wobei er das technisch-wissenschaftliche Qualitätsgutachten der Arbeitsgruppe im Umweltbereich sowie die eingegangenen Stellungnahmen, Vorschläge und Gutachten berücksichtigt. Die Landesregierung beschließt über den ergänzenden Eingriff unter Bezugnahme auf das Gutachten des Umweltbeirates.“
Die heute von den Mitgliedern der Südtiroler Landesregierung getroffene Entscheidung sei daher nicht nur konsequent im Sinne der normativen Bestimmungen des Landes. „Zudem schafft die Bezugnahme auf das Gutachten einer gesetzlich vorgesehenen Expertenkommission Rechtssicherheit, indem die Entscheidungen nachvollziehbar werden. Nicht zuletzt ist eine Entscheidung der Landesregierung basierend auf Expertengutachten auch politisch konsequent, da Kompatscher und Co. im vergangenen Landtagswahlkampf und noch anfangs der Legislatur immer wieder betont haben – im Gegensatz zu früheren politischen Gepflogenheiten – sich nunmehr an die Gutachten der eigenen Kommissionen halten zu wollen“, erklären die Verbände.