Von: apa
Slowenien hat Palästina als unabhängigen und souveränen Staat anerkannt. Für den Antrag stimmten am späten Dienstagabend in Ljubljana 52 Abgeordnete, die Opposition boykottierte die Abstimmung. Die Regierungsmehrheit setzte aber die Anerkennung durch. Slowenien folgt damit Spanien, Irland und Norwegen, die in der vergangenen Woche offiziell einen eigenständigen palästinensischen Staat anerkannt hatten.
Die slowenische Staatsspitze begrüßte das Votum. Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar zeigte sich erfreut über die Anerkennung Palästinas. Wie sie auf der Plattform X (vormals Twitter) schrieb, werde Slowenien damit in der Lage sein, “das palästinensische Volk auf seinem schwierigen Weg zu echter Unabhängigkeit und Gleichberechtigung in der internationalen Gemeinschaft noch glaubwürdiger zu unterstützen”. Regierungschef Robert Golob bezeichnete die Anerkennung auf X als “eine Botschaft der Hoffnung an das palästinensische Volk im Westjordanland und im Gazastreifen”.
Außenministerin Tanja Fajon sprach nach der Abstimmung im Parlament über eine “historischen Entscheidung” Sloweniens. “Dies ist vor allem eine Botschaft, dass wir ein Ende der Ungerechtigkeiten wollen, die dem palästinensischen Volk zugefügt wurden, und dass wir sein Recht auf Selbstbestimmung anerkennen”, sagte sie vor Journalisten laut Nachrichtenagentur STA. Sie fügte hinzu, dass sich Slowenien weiterhin konsequent für den Frieden im Nahen Osten und eine friedliche Koexistenz zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen werde.
Mit dem Votum für die Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Slowenien setzten sich die Abgeordneten der Mitte-Links-Regierung über einen Antrag der Opposition hinweg, mit dem die Entscheidung verzögert werden sollte. Die konservative SDS-Partei des früheren Regierungschefs Janez Jansa hatte am Montag eine Volksbefragung zu diesem Thema beantragt. Das Geschehen im Parlament wurde von oppositionellen Verzögerungsmanövern begleitet.
Die Koalitionsparteien wiesen vor der Abstimmung über die Anerkennung einen Referendumsantrag der rechtskonservativen SDS, mit dem sie dieses Akt verzögern wollte, ab. Die Volksbefragung wurde ebenfalls mit 52 Stimmen unter Boykott der beiden konservativen Oppositionsparteien abgelehnt. Die größte Oppositionspartei SDS reichte den Antrag für einen unverbindlichen Referendum zu diesem Thema bereits am Montag ein. Am Dienstag unmittelbar vor der Plenarsitzung zog sie ihn zurück, um ihn kurz darauf wieder einzureichen.
Die SDS hatte kalkuliert, mit dem Referendumsantrag das Votum über Palästina mindestens um einen Monat zu verzögern, da das Parlament zuerst über das Referendum entschieden müsste. Die Koalitionsparteien beschleunigten diese Prozedur: Sie beriefen eine Sondersitzung über das Referendum trotz Protests der Opposition sofort ein, lehnten den Antrag ab und setzten die ursprüngliche Sitzung wieder fort. Der Oppositionsführer Janez Janša protestierte und argumentierte, dass eine Anerkennung Palästinas ungültig sein würde, weil die parlamentarische Prozedur missachtet worden sei.
Die Anerkennung Palästinas wühlt mittlerweile den EU-Wahlkampf in Slowenien auf. Die konservative Opposition wirft den Koalitionsparteien vor, das Thema für Wahlzwecke auszunützen. Die Koalition kritisiert hingegen, dass sich die rechtskonservative SDS von Israel beeinflussen lasse. Die Partei des slowenischen Ex-Premiers Janez Janša, der als Unterstützer des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu gilt, findet die Anerkennung Palästinas zu diesem Zeitpunkt voreilig und mahnt vor langfristigen Schäden für Slowenien. Die SDS kritisiert, dass die Regierung es mit der Anerkennung eilig habe, um dadurch bei der Europawahl zu punkten.
“Der Vorschlag der Regierung, Palästina zehn Tage vor den Wahlen anzuerkennen, ist eine verwerfliche Ausbeutung toter palästinensischen Kinder für politische Zwecke”, schrieb Janša vergangene Woche auf der Plattform X (vormals Twitter), als die Regierung den Beschluss über die Anerkennung fasste. Mit ihrem Referendumsantrag verschaffe die SDS der Regierung nun zusätzliche Zeit, um sich die Sache gründlich und mit kühlen Kopf zu überlegen, argumentierte nun der Oppositionsführer.