Von: Ivd
Berlin – Die demografische Entwicklung in Deutschland führt dazu, dass ältere Bevölkerungsgruppen zahlenmäßig das Meinungsbild dominieren. Jüngere Menschen unterliegen einer strukturellen Benachteiligung, da sie nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen. Ihre Meinungen werden also grundsätzlich weniger repräsentiert. Ist es dann fair, dass ihre Stimme genauso viel wert ist wie die eines Alten?
Einen Lösungsansatz für dieses Problem brachte kürzlich der Comedian Felix Lobrecht in seinem Podcast „Gemischtes Hack“ hervor. Seiner Meinung nach sollten weniger vertretene Altersgruppen eine schwerer gewichtete Stimme haben als häufiger vertretene.
Seine Kritik: Durch den überproportional großen Anteil an älteren Bundesbürgern – voraussichtlich 13,3 Prozent der Wahlberechtigten im Alter zwischen 18 und 29 Jahren und 42,1 Prozent älter als 60 Jahre bei der Bundestagswahl 2025 – seien junge Menschen die größte Minderheit, die keinen Schutz erfuhren.
Gewichtete Stimmen für mehr Gerechtigkeit?
Der Comedian schlägt daher ein gewichtetes Stimmrechtssystem vor: Jede Stimme zähle demnach nicht mehr genau gleich viel, nämlich eine Stimme, sondern steht in Abhängigkeit zum proportionalen Anteil der Altersgruppe zur Gesamtbevölkerung. Die Berechnung, wie viel eine Stimme dann zählen könnte, wird anhand des folgenden Beispiels deutlich:
Die Altersgruppe von 21 bis 29 Jahren entspricht einem Anteil von 10,9 Prozent. Ein 25-Jähriger hätte eine Stimmgewichtung von 9,17 Stimmpunkten:
1 : 10,9 Prozent der Bevölkerung = 9,17 Stimmpunkte
Die 60 bis 69-Jährigen machen einen Anteil von 18,9 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die Stimme eines 69-Jährigen würde daher 5,29 Stimmpunkte wiegen:
1 : 18,9 Prozent der Bevölkerung = 5,29 Stimmpunkte
Die Stimme des 25-Jährigen würde also etwa 1,73-mal so viel wiegen wie die des 69-Jährigen.
Vor- und Nachteile eines gewichteten Stimmrechtssystems
Auch wenn der Ansatz zwar zu größerer Generationengerechtigkeit führen würde und möglicherweise neue Anreize politischer Anteilnahme schafft, birgt eine solche Reform großes Polarisierungspotenzial. Außerdem widerspricht der Vorschlag dem demokratischen Ansatz des Gleichheitsprinzips, nachdem jede Stimme gleich viel wert ist. Eine solche Änderung bedarf einer Verankerung in der Verfassung, die in Deutschland nur sehr schwer durchzuführen ist.
Andersherum sind Ältere nicht persönlich auf die Folgen einer langfristigen Politik angewiesen und könnten daher kurzfristige und schädlichere Ziele in den Vordergrund stellen. Ein Beispiel hierfür sind die schädlichen, aber günstigeren fossile Brennstoffe statt entwicklungsintensiven erneuerbaren Energien. Weiterhin wäre das Alter nur eine Metrik, die in diesem Beispiel zurande gezogen würde. Sie gleicht also andere Arten von Benachteiligung – zum Beispiel nach Geschlecht oder Herkunft – nicht aus.
TikTok-Tänze gegen rechts
Die beiden Podcaster wollen mit diesem Gedankenspiel ein Zeichen für junge Leute setzen. Sie kritisieren aktuelle politische Akteure in Deutschland, die als Antwort auf die Radikalisierung vieler junger Wähler erfolglose Social Media-Offensiven fahren. Die Anbiederung ist ihrer Meinung nach durchschaubar und lenke von dem Mangel an Realpolitik für ihre Altersgruppen ab.
Auch wenn der Ansatz zwar einige Probleme in Angriff nehmen würde, schafft er mindestens genauso viele neue. Aktuell sieht es nicht so aus, als würde sich der Trend der allgemeinen Überdrüssigkeit junger Menschen und mit einer Tendenz nach rechts umkehren. Es bleibt zu hoffen, dass die demokratischen Parteien rechtzeitig vor diesen fahrenden Zug kommen.
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