Von: mk
Bozen – In Südtirols Sozialwesen lag der Fokus 2016 in den Bereichen Flüchtlinge, Seniorenbetreuung und Förderung der Arbeitseingliederung von Menschen mit Behinderung.
Soziallandesrätin Martha Stocker, der Abteilungsdirektor für Soziales, Luca Critelli, und der Direktor der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung ASWE, Eugenio Bizzotto, haben bei der heutigen Pressekonferenz in Bozen die letztjährigen Zahlen und Trends im Bereich der sozialen Dienste und Leistungen aufgezeigt.
Die Investition für soziale Dienste und Leistungen in Südtirol hat 2016 insgesamt 456,4 Millionen Euro betragen, was den steigenden Trend der letzten Jahren bestätigt, bei dem eine geringfügige aber konstante Zunahme der im Sozialbereich investierten Mittel beobachtet wird. Vom Gesamtbudget fällt über die Hälfte (244,0 Millionen Euro) für Pflegegeld und Zivilinvaliden und gut ein Viertel (110,5 Millionen Euro) für die Sozialdienste in den Bezirksgemeinschaften und Gemeinden an.
Seniorenbetreuung: Bedarf steigend
Im Bereich der Seniorenbetreuung ist der Bedarf mit 4288 Plätzen in den Seniorenwohnheimen um 1,6 Prozent, und mit 5491 Betreuten in der Hauspflege um 2,1 Prozent gestiegen. „Dieser steigende Trend ist demografisch bedingt und wird in den nächsten Jahrzehnten mit dem Altern der geburtenreichsten Jahrgänge aus den 1960er Jahren zu einer der größten Herausforderungen unserer Zeit werden“, bemerkt Landesrätin Stocker. Ein Teil dieses Ungleichgewichts zwischen der arbeitenden und der nicht mehr arbeitenden Bevölkerung könne von den jungen Generationen nicht mehr allein bewältigt und künftig durch die gezielte Integration und Beschäftigung von Einwanderern ausgeglichen werden, betont die Soziallandesrätin.
Die Anlaufstellen für Pflege und Betreuung zur Beratung und Begleitung von Familien mit pflegebedürftigen Personen in den Sprengeln – meist handelt es sich dabei um ältere Menschen -, haben sich bewährt und sind weiter implementiert worden; derzeit sind es 25.
Soziale Dienste: 85 Prozent der Beschäftigten sind Frauen
Bei den Diensten für Menschen mit Behinderungen ist im Wohnbereich und im Bereich der Tagesstätten ebenfalls eine leichte Zunahme zu verzeichnen, während die Anzahl der Klienten der sozialpädagogischen Grundbetreuung sinkend und die Dienste für Menschen mit psychischer Krankheit und Abhängigkeiten relativ stabil geblieben ist.
Entsprechend der steigenden Nachfrage hat auch die Anzahl der Beschäftigten im Bereich der sozialen Dienste zugenommen: 2016 wurden 6.491 aktive Vollzeitäquivalente erreicht, mit einer Zunahme von 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 59 Prozent der Mitarbeiter sind im Seniorenbereich tätig, 12,9 Prozent in den Diensten für Menschen mit Behinderungen. Frauen stellen dabei mit 85 Prozent nach wie vor einen Großteil der Beschäftigten dar.
Weniger Sozialhilfe bei Mindesteinkommen, mehr Mietbeiträge
Im Bereich der finanziellen Sozialhilfe wurden insgesamt 56,6 Millionen Euro ausgegeben. Beim sozialen Mindesteinkommen hält der bereits 2015 festgestellte Trend zu einem Rückgang der Ausgaben und der Nutzer an: 2016 waren die Gesamtausgaben für das Mindesteinkommen 9,3 Millionen Euro, mit einem Rückgang von 11,8 Prozent gegenüber 2015. Die Ausgaben waren zwischen 2007 und 2010 stark gestiegen und haben sich dann, dank der allmählichen Verbesserung des Beschäftigungstrends, auf eine stabile Höhe eingependelt: ein Anzeichen dafür, dass Südtirol das Krisentief offensichtlich hinter sich gelassen hat.
Ist einerseits der Bedarf an finanzieller Sozialhilfe gesunken, sind andererseits die Ausgaben für Mietbeitrag und Wohnungsnebenkosten mit 43,0 Millionen Euro um 9,55 Prozent gestiegen. Zum Teil war dies bedingt durch die Zusammenlegung vom Mietgeld der Sozialsprengel und dem ehemaligen Wohngeld des WoBi in den Mietbeitrag: ein Übergang, der mit Juli 2016 definitiv abgeschlossen wurde und der die Entwicklung der Ausgaben in den letzten drei Jahren wesentlichen beeinflusst hat; 2017 dürfte sich die Leistung auf seine definitive Höhe einpendeln. 20 Prozent der Menschen, die einen Mietbeitrag beziehen, sind arbeitslos; dagegen sind 73 Prozent der Antragsteller beschäftigt, erklären aber ein “unzureichendes Einkommen“, um für die Wohnungsmiete und -nebenkosten aufkommen zu können.
Menschen mit Behinderung: Teilnahme am Arbeitsmarkt fördern
Zu den wichtigsten Maßnahmen, die im letzten Tätigkeitsjahr umgesetzt werden konnten, gehört das neue Inklusionsgesetz für Menschen mit Behinderung, das ihre Beschäftigung und Arbeitseingliederung erleichtern und langfristig begleiten soll, und somit die Bedeutung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt bekräftigt. „Beim Thema Arbeitseingliederung und Arbeitsbeschäftigung geht es in erster Linie um Menschenwürde und Lebenssinn“, betont Martha Stocker.
Im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes wurde ein neues Steuerungs- und Finanzierungssystem für die Dienste für Minderjährige eingeführt. Zur Weiterentwicklung des Systems der Pflegesicherung hat die Landesregierung außerdem den Übergang zu einer periodischen Einstufung, die Änderung des Kontrollen-Systems, neue Modalitäten für die Einstufung von Terminalpatienten und die Stärkung der Sachleistungen vorgesehen. Die Betreuten in der ersten Pflegestufe bilden dabei die größte Gruppe mit einem Durchschnittsalter von 74,4 Jahren; das Durchschnittsalter der Betreuten in der vierten und höchsten Pflegestufe beträgt interessanterweise 52,9 Jahre, dabei fallen viele junge Menschen mit Behinderung in dieses Segment.
Zentrales Thema: Asyl
Nach wir vor zentral war im Jahr 2016 das Thema Flüchtlinge mit allen damit verbundenen Aspekten, von der Weiterentwicklung des Aufnahmesystems für Asylantragsteller und für Migranten auf der Durchreise, dem Ausbau der Dienste für Obdachlose bis zur Verbesserung der Maßnahmen im Arbeits- und Wohnbereich, damit die Integration von Menschen mit Anrecht auf internationalen Schutz auch tatsächlich gelingen kann.