Von: mk
Bozen – Diese Woche behandelt der Südtiroler Landtag die Landesraumordnung. Der Heimatpflegeverband zeigt sich dabei äußerst skeptisch. Seine Kritik konzentriert sich vor allem auf drei Punkte.
Der erste Punkt betrifft die konventionierten Wohnungen. „Man kann es nennen oder drehen wie man will, aber es läuft darauf hinaus: In Zukunft sollen sogenannte konventionierte Wohnungen auch an Touristen vermietet werden können. Dies ist schlicht und einfach ein Missbrauch eines Gesetzes, das sich ‚Raum und Landschaft‘ nennt und zu dessen Zielen nicht nur der ‚Schutz und die Aufwertung der Landschaft‘ und die ‚Einschränkung des Bodenverbrauches‘ (Art. 1), sondern ausdrücklich auch die ‚hohe Lebens- und Arbeitsqualität der Bevölkerung‘ und ‚die Förderung von leistbarem Wohnen‘ (Art.2) gehören!“, erklären die Landesobfrau Dr. Claudia Plaikner und der juristische Fachberater RA Rudolf Benedikter.
Der einzige bislang in Kraft getretene Artikel des Reformgesetzes Nr. 9/2018 – Art. 104 – bestimme zurzeit, dass in Ortschaften mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen neue Wohnungen zu 100 Prozent der lokalen Bevölkerung vorbehalten bleiben: Dadurch soll in Gebieten mit hohen Immobilienpreisen ein „geschützter“, den Ansässigen vorbehaltener Wohnungsmarkt geschaffen werden.
„Diese Regel soll nun wieder massiv eingeschränkt werden, sozialgebundene Wohnungen sollen wieder an Touristen vermietet werden können. Ein Widersinn: Statt Tourismus-Bremse, statt leistbares Wohnen für Einheimische öffnet der Vorschlag wieder ein breites Tor für einen neuen Schub im anhaltenden Tourismusboom, den die letzten ASTAT Daten mit einem Jahreszuwachs 2018-2019 zwischen drei bis vier Prozent belegen“, warnen die Heimatpfleger.
Kritik an „Bagatelleingriffen“
Der Heimatpflegeverband wendet sich außerdem gegen die Liberalisierung von sogenannten Bagatell-Eingriffen in Natur und Landschaft. Dieser Begriff sei irreführend, wenn von Eingriffen mit Auswirkungen auf die Landschaft die Rede ist.
„Viele der vorgesehenen Maßnahmen mögen zwar harmlos klingen, doch handelt es sich im Kern um substanzielle Eingriffe in die Landschaft, weil sie zum Rückgang und zur Zerstörung der Artenvielfalt führen. Dies gilt insbesondere für die Planierungen von Flächen mit intensiver Landwirtschaftsnutzung unter 1600 Metern Meereshöhe, für Erdbewegungen für die unterirdische Verlegung von Leitungen, für Ablagerung von Aushubmaterial von maximal 1.000 Kubikmeter auf einer Fläche von maximal 1.000 Quadratmetern“, erklären Plaikner und Benedikter. Gerade durch solche „Bagatelleingriffe“ seien in den vergangenen Jahren kleine Landschaftselemente wie Teiche, Steinhaufen, Trockenmauern, Rinnsale und Böschungen – und damit viele für Tier- und Pflanzenarten sehr wertvolle Klein- und Kleinstlebensräume – zerstört worden.
„Ensembleschutz wird noch mehr ausgehöhlt“
Der Ensembleschutz ist laut Heimatpflegeverband ein überaus wichtiges Werkzeug um einzigartige Ortsbilder und Landschaftsansichten auch weiterhin attraktiv und lebenswert zu erhalten. „Leider erweist sich der Schutz bereits heute vielfach als zahnloser Tiger, weil viele Gemeinden mit der Ausweisung von Ensembleschutzzonen immer noch säumig sind und weil sie vielfach versuchen, die Schutzbestimmungen mit allen Mitteln zu umgehen. Das neue Raumordnungsgesetz sieht eine weitere Aushöhlung des Ensembleschutzes vor, weil die Ausweisung und Regelung von Ensembles einzig und allein in der Hand der Gemeinden liegt. Nun ist in Artikel 16, Absatz 1 eine weitere Verschlechterung vorgesehen, indem der Gemeindeausschuss Maßnahmen im Alleingang und nach einem vereinfachten Verfahren genehmigen kann“, warnen Plaikner und Benedikter.
Dieser Passus sollte aus dem neuen Gesetz gestrichen und mit einem neuen Absatz ersetzt werden, der vorsieht, dass das Land bei Vernachlässigung oder Säumigkeit der Gemeinden eingreifen und selbst Ensembles im Ersatzwege vorschlagen kann, fordert der Heimatpflegeverband.