Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit Anträge von den Grünen, L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung befasst.
Beschlussantrag Nr. 43/19: Informationen über den Erwerb der Staatsbürgerschaft (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 5.2.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, dafür zu sorgen, dass jede in Italien geborene und in der Autonomen Provinz Bozen ansässige Person, deren Eltern Ausländer sind, mit Vollendung des 18. Lebensjahres gebührend – gegebenenfalls auch mittels schriftlicher Mitteilung, die an die Betroffenen zu richten ist – über das Recht auf Beantragung der italienischen Staatsbürgerschaft innerhalb des 19. Lebensjahres sowie über das hierfür vorgesehene Verfahren informiert wird.
“Eine ausländische Bürgerin bzw. ein ausländischer Bürger erreicht die vollständige Integration mit dem Erwerb der Staatsangehörigkeit jenes Landes, in welchem sie/er ansässig ist”, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). “Dieses Recht ist äußerst strengen Regeln unterworfen und stellt die Krönung eines erfolgreichen Integrationsprozesses dar, zumal dadurch für die betroffene Person genau dieselben Rechte und Pflichten eines italienischen Bürgers gelten. Durch die Staatsangehörigkeit wird das Zugehörigkeitsgefühl eines Menschen zum erwählten Aufnahmeland gestärkt. Besonders wichtig erscheint der Erwerb der Staatsangehörigkeit für die in Italien geborenen und aufgewachsenen Kinder, deren Eltern Ausländer sind, d. h. für die sogenannte zweite Generation. Integrationspolitik – so gut sie auch sei – steht und fällt mit den Jugendlichen. In Italien wird diese Möglichkeit dank der oben genannten Bestimmung gewährt; allerdings ist dafür eine begrenzte Zeit vorgesehen, denn sie muss vor dem 19. Lebensjahr in Anspruch genommen werden. Die Gefahr, dass die frischgebackenen Volljährigen sich diese Möglichkeit wegen mangelnder Information entgehen lassen, ist hoch. Aus diesem Grund ist es Aufgabe der Institutionen, die Betroffenen über dieses Recht zu informieren, zumal die Erlangung der Staatsbürgerschaft ein wesentlicher Schritt hin zur Integration darstellt und daher auch im Interesse der gesamten Gesellschaft ist.” Dello Sbarba betonte, dass ein Vorschlag nicht der kolportierte “Doppelpass für Ausländer” sei. Es sei eher vergleichbar mit einem Südtiroler, der in Österreich aufwachse und dort den Antrag auf Staatsbürgerschaft stelle.
LH Arno Kompatscher erklärte auf Nachfrage von Alessandro Urzì, dass die 18-jährigen Ausländer von den Gemeinden – im Auftrag des Staates – auf die Möglichkeit hingewiesen würden. Es werde auch auf den genauen Zeitrahmen hingewiesen. Riccardo Dello Sbarba ersuchte um Vertagung. Man wolle das erwähnte Verfahren genauer prüfen.
Beschlussantrag Nr. 196/19: Überwachung der Pestizide (eingebracht vom Abg. Urzì am 28.10.2019). Die Landesregierung wird aufgefordert, den jüngsten einstimmigen Beschluss des Brixner Gemeinderates zur Überwachung von Pestiziden auf das ganze Land auszudehnen. Vorgesehen ist unter anderem eine stabile Überwachungsstation.
Hanspeter Staffler (Grüne) sprach sich für den Antrag aus, der von der Grünen Bürgerliste eingebracht worden sei. In Südtirol gebe es derzeit nur drei Messstationen, es fehlten aber Untersuchungen, ab welchen Werten die Pestizide schädlich seien. Der Antrag sei einstimmig angenommen worden, weil er im Grunde nicht viel verlange, kritisierte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Es würden keine Grenzwerte definiert und keine Folgemaßnahmen. Peter Faistnauer (Team K) unterstützte den Antrag. Die Messstationen sollten dort aufgestellt werden, wo sich Menschen aufhielten. Der nationale Fachplan enthalte bereits Grenzwerte.
Der nationale Aktionsplan werde überarbeitet und dann nicht mehr zwischen biologischen und synthetischen Mitteln unterscheiden, berichtete LR Arnold Schuler, es zählten die Auswirkungen. Laut den derzeitigen Messungen liege man weit unter den Grenzwerten. Ein Monitoring sei richtig, Grund für Panik gebe es keinen.
Brigitte Foppa (Grüne) wunderte sich über die Haltung des Landesrats. Auch das Monitoring auf Schulhöfen habe er abgelehnt. LR Schuler sah sich falsch verstanden. Er sei nicht gegen Monitoring. Es sei aber nicht in jeder Gemeinde eine fixe Station nötig. Auch Peter Faistnauer meinte, dass es nicht überall Messstationen brauche.
LR Giuliano Vettorato verwies auf die zwei stabilen und eine mobile Messstation der Umweltagentur. Die erhobenen Daten seien beruhigend. Die mobile Station sei in Auer und Gargazon im Einsatz gewesen. Im Sinne von Urzìs Antrag könne man sie nach und nach in allen Tälern einsetzen. Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) betonte, dass er nicht eine Station in jeder Gemeinde fordere. Eine Überwachung sei wichtig, und wenn die Daten beruhigend seien, sollte dies auch den Bürgern gesagt werden. Der Antrag wurde mit 13 Ja, 17 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.
Debatte zu Verbot von Tieren im Zirkus
Beschlussantrag Nr. 201/19: Keine Tiere mehr in Südtirols Zirkussen (eingebracht vom Abg. Nicolini am 11.11.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Maßnahmen umzusetzen, welche den Einsatz von Tieren im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen und insbesondere von Zirkusaufführungen verhindern sollen, insbesondere sofern Tiere gezwungen werden sich entgegen ihrer Natur zu verhalten, ihnen die eigenen ethologischen Bedürfnisse verwehrt werden oder diese zu Unterhaltungszwecken eingesperrt werden; 2. die Bestrebungen der Südtiroler Gemeinden, den Einsatz von Tieren in Zirkussen sowie die Ausstellung von Genehmigungen für fahrende Schausteller zu beaufsichtigen und zu begrenzen, zu koordinieren.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) erinnerte an die Entwicklung der Gesetzgebung zum Tierwohl auf Ebene der UNO, der EU, des Staates und des Landes. Es seien die Gemeinden, die eine Zirkusveranstaltung genehmigen müssten, daher bestehe auch die Handhabe, den Einsatz von Zirkustieren zu verbieten. Der “Cirque du Soleil” und andere zeigten, wie man auch ohne Tiere die Zuschauer begeistern könne. Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) bemängelte, dass im deutschen Text des Antrags nur “Südtirol” stehe und im italienischen Text “Alto Adige/Südtirol”. Im deutschen Text müsste “Südtirol/Alto Adige” stehen.
Er schaue mehr auf die Substanz und weniger auf Formalitäten, antwortete Nicolini. Er ersuchte dennoch um Streichung von “Südtirol” aus dem italienischen Text. Brigitte Foppa (Grüne) vermisste im Antrag eine Angabe, was die Gemeinden in dieser Sache tun sollten. Der Einsatz von Tieren im Zirkus sei eine Perversion. Für den Zoo gebe es wenigstens ein pädagogisches Argument, der Zirkus sei pure Unterhaltung. Dem stimmte auch Alex Ploner (Team K) zu. Der Einsatz im Zirkus, die akrobatischen Übungen, das sei nicht tiergerecht. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, das dies ebenfalls feststelle, sei für die souveränen Staaten aber nicht bindend. Die einzige effiziente Maßnahme wäre die Abänderung des Staatsgesetzes.
Man sollte sich nicht von Urzì vorschreiben lassen, wie Gesetze zu schreiben seien, erklärte Sven Knoll (STF). Er wies darauf hin, dass der vorliegende Antrag auch andere Veranstaltungen verbieten würde, auch solche mit Tradition. Er zweifle auch, dass das Land hier den Gemeinden Vorgaben machen könne. Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) schloss sich dem an. Es gebe viele Veranstaltungen mit Tieren, bei denen sehr wohl der Tierschutz eingehalten werde. Der Antrag würde auch die Abrichtung von Jagdhunden oder die Falkenshows verbieten, und das sei wahrscheinlich nicht im Sinne des Einbringers.
Alessandro Urzì sah es als unmoralisch, wenn Tiere gegen ihre Natur zur Unterhaltung eingesetzt würden. Ebenso seien manche Tiertrainings abzulehnen. Er bezweifelte aber, dass das Land den Gemeinden hier Vorschriften machen könne. Es brauche eine Änderung des Staatsgesetzes. Carlo Vettori (Lega Alto Adige Südtirol) unterstützte das Anliegen des Antrags. Man sollte damit aber nicht alle Veranstaltungen mit Tieren verbieten, etwa die Pferdekutschen während des Weihnachtsmarkts. Auch sein ehemaliger Parteikollege Maturi habe öfters gegen Zirkusveranstaltungen protestiert.
Am Nachmittag wurde die Debatte zum Beschlussantrag Nr. 201/19: Keine Tiere mehr in Südtirols Zirkussen (eingebracht vom Abg. Nicolini am 11.11.2019) wieder aufgenommen: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Maßnahmen umzusetzen, welche den Einsatz von Tieren im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen und insbesondere von Zirkusaufführungen verhindern sollen, insbesondere sofern Tiere gezwungen werden sich entgegen ihrer Natur zu verhalten, ihnen die eigenen ethologischen Bedürfnisse verwehrt werden oder diese zu Unterhaltungszwecken eingesperrt werden; 2. die Bestrebungen der Südtiroler Gemeinden, den Einsatz von Tieren in Zirkussen sowie die Ausstellung von Genehmigungen für fahrende Schausteller zu beaufsichtigen und zu begrenzen, zu koordinieren.
LR Arnold Schuler sah im Antrag zwei Probleme, die in der Debatte auch angesprochen wurden. Zum einen würden damit z.B. auch Dressurreiten und andere Einsätze von Tieren verboten. Zum anderen seien die Bürgermeister für die Genehmigungen zuständig, davor bräuchten sie aber auch ein Gutachten von Landesämtern und müssten staatliche Kriterien einhalten. Er könne sich auch vorstellen, dass man den Zirkus auf domestizierte Tiere beschränkt und Wildtiere weglässt. Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) lehnte eine Einschränkung des Verbots auf Wildtiere ab, wollte den Antrag jedoch auf den Zirkus einschränken. Er kritisierte die unbestimmte Haltung der Mehrheitspartei in dieser Frage, die sich auf die Zuständigkeiten herausrede. Der Landtag könnte wenigstens ein einstimmiges Signal senden, dass er bestimmte Veranstaltungen mit Tieren nicht wolle. Nach einer Unterbrechung auf Antrag von LR Vettorato beantragte Nicolini eine Vertagung, um den Antrag morgen neu vorlegen zu können.
Beschlussantrag Nr. 203/19: Maßnahmen gegen den Ärztemangel (eingebracht von den Abg. Knoll und Atz Tammerle am 11.11.2019). Dazu wurde heute eine neue Fassung vorgelegt: Der Landtag wolle beschließen: 1. Die Landesregierung wird beauftragt, eine Erhebung zu erstellen, in welchen Fachbereichen Südtirol in den nächsten 10 Jahren wie viele Ärzte benötigt, um die medizinische Versorgung im gesamten Gesundheitswesen aufrecht zu erhalten. 2. Die Landesregierung wird beauftragt, für die Ausbildung der dringend benötigten Ärzte zusätzliche „Förderstipendien” zu gewähren, um gezielt Anreize zu schaffen, damit Maturanten ein Medizinstudium absolvieren und später die Facharzt- Ausbildung auswählen, für die der größte Bedarf gegeben ist. 3. Die Landesregierung wird beauftragt, an den Südtiroler Oberschulen gezielt die Karrierechancen und finanziellen Förderungen für Ärzte in Südtirol zu bewerben, damit sich Maturanten vermehrt für ein Medizinstudium entscheiden. 4. Die Landesregierung wird beauftragt, die Lehrpläne an den Südtiroler Schulen dahingehend anzupassen, dass das Basiswissen, das für die Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium vorausgesetzt wird, bereits in der 5. Oberschulklasse vermittelt wird. 5. Die Landesregierung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Bundesland Tirol, ein gemeinsames Konzept zur Bekämpfung des Ärztemangels zu erarbeiten, welches insbesondere die Möglichkeit vorsieht, dass Ärzte zeitweilig sowohl in Südtirol als auch im Bundesland Tirol arbeiten können. 6. Die Landesregierung wird beauftragt, den Vorschlag des ASGB zur Förderung mehrsprachiger Ärzte zu prüfen und nach Möglichkeit umzusetzen. Dieser sieht vor, dass nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages die Ärzte nicht sofort mit der Arbeit beginnen, sondern dass in den ersten acht Wochen ein Vollzeitsprachkurs, dessen Stundenanzahl sich an den kollektivvertraglich festgelegten Wochenarbeitsstunden orientiert, besucht werden muss. Der Besuch des Sprachkurses wird dabei voll entlohnt.
“Viele fertig ausgebildeten Ärzte würden gerne nach Südtirol zurückkehren, sehen hierzulande aber schlechtere Karrierechancen für sich und bemängeln die mangelnde Vereinbarkeit mit der Familie”, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Andernorts ist die Bezahlung oftmals besser und die Kliniken werben die Jungärzte sogar mit Wohnungen und Kinderbetreuungsplätzen an. Die zusätzliche Belastung durch die Bürokratie und die Problematik der Anerkennung von Studientitel führt dazu, dass viele Jungärzte nach ihrem Studium erst gar nicht mehr nach Südtirol zurückkehren. Auch bereits praktizierende Ärzte geben ähnlich Gründe dafür an, warum sie Südtirol verlassen. Es bedarf daher gezielter und umfassender Maßnahmen, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken.”
Hanspeter Staffler (Grüne) unterstützte die Grundausrichtung des Antrags, meldete aber Zweifel zu den Punkten 3 und 4 an. Es sei nicht sinnvoll gezielt nur für das Medizinstudium zu werben, auch andere Fachärzte seien Mangelware. Ebenso sollte die Basisausbildung nicht nur auf das Medizinstudium ausgerichtet werden. Bei der Suche nach Ärzten befinde sich Südtirol in Konkurrenz mit Österreich, Schweiz und Deutschland, da müsse man attraktiver werden und Hürden abbauen.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) sprach sich für eine detaillierte Erhebung zum Ärztebedarf aus. Bedenken habe sie, wenn nur Ärzte finanziell gefördert werden. Die Vorbereitung für die Aufnahmeprüfung in den Lehrplänen unterzubringen, werde schwer sein. Andere Forderungen des Antrags könne sie unterstützen. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Wohnungssuche.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sprach sich gegen den Antrag aus, den er für eine Provokation hielt. Schon wieder sei “Alto Adige” aus einem Dokument verbannt worden, während “Südtirol” bleibe. Präsident Josef Noggler teilte mit, dass die Einbringer einen bereits zweisprachigen Text vorgelegt hätten. Das Präsidium könne da nicht eingreifen, aber man werde das Thema bei der Fraktionssprechersitzung zur Sprache bringen.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) hielt die Punkte 3 und 4 ebenfalls für bedenklich. Den anderen wolle man zustimmen. Es gebe viele Dinge, die einen Arbeitsplatz attraktiv machten. Wenn man diese Voraussetzungen nicht schaffe, werde man den Wettbewerb verlieren. Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) beantragte eine getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten. Vor allem bei Punkt 5 hatte er Bedenken.
Gerhard Lanz (SVP) meinte, er hätte sich leichter getan, wenn nicht Knoll mit jener unseligen Plakataktion gestartet wäre. Eine spezifische Ausbildung bereits in der Schule sei nicht sinnvoll. Das Südtiroler Gesundheitswesen sei gut aufgebaut, und es gebe bereits genügend Maßnahmen, um mehr Ärzte finden. Der Antrag klinge wie ein Reinwaschen nach der Aufregung in den letzten Wochen, und das wolle man nicht mittragen.
Einigen Punkten könnte er zustimmen, wenn sie ein bisschen anders formuliert wären, erklärte LR Thomas Widmann. Derzeit habe man 110 Ärzte in Fachausbildung; wenn man den Rhythmus annähernd beibehalte, werde man den Bedarf von 700, der sich in zehn Jahren abzeichne, ausfüllen können. Man arbeite an einem Ausbildungsmodell, mit dem man auch die Zahl der Ausbildungsplätze erhöhen könne. Viele Vorschläge könnte man berücksichtigen, manche seien aufgrund staatlicher Bestimmungen nicht umsetzen. Bei den Pflegern sehe er die Situation übrigens problematischer. LR Philipp Achammer wandte sich dagegen, das Studium in die Schule zu verlagern. Schon morgen könne sich ein Nachholbedarf bei einem anderen Beruf abzeichnen.
Sven Knoll erwiderte, dass er Chancengleichheit herstellen wolle. An manchen Schulen werde das Basiswissen unterrichtet, das bei Medizin Voraussetzung sei, bei anderen nicht. Man brauche deshalb kein neues Fach einführen. Dass es auch in anderen Berufen einen Mangel an Fachkräften gebe, sei keine Ausrede, nichts zu tun. Laut Erhebung der österreichischen Hochschülerschaft wolle nur einer von zehn Südtiroler Medizinstudenten nach Südtirol zurückkehren. Österreich tue halt mehr, um seine Mediziner zu halten. Nach einer Unterbrechung für eine Beratung in der SVP-Fraktion erklärte LR Widmann, dass man dem Antrag nicht zustimmen werde. Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.
Antrag ZU Babyklappen angenommen
Beschlussantrag Nr. 166/19: Babyklappen einführen (eingebracht von den Abg. Mair und Leiter Reber am 18.09.2019). Dazu wurde heute eine neue Fassung vorgelegt: Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. eine Analyse zu machen, inwieweit Babyklappen in Österreich und Deutschland den Bedarf erfüllen, sowohl aus technischer wie aus rechtlicher Sicht; 2. im Sanitätsbetrieb und anderen öffentlichen Einrichtungen der unterschiedlichen Körperschaften wird Informationsmaterial für Frauen zur Schwangerschaftskonfliktberatu ng und Babyklappen, sobald diese eingerichtet worden sind, ausgelegt.
“Werdende Mütter können mit psychischen Extremsituationen konfrontiert werden, die das Kindswohl gefährden”, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche), die auch den tragischen Vorfall vor wenigen Monaten in Südtirol erwähnte. “Frauen sehen sich außerstande die Mutterschaft zu übernehmen und geraten in Konfliktsituationen. Zwar können Neugeborene unmittelbar nach der Geburt zur Adoption freigegeben werden, dennoch kann es vorkommen, dass Schwangerschaften verschwiegen werden und die Geburt ohne Beistand durchgeführt wird. Seit dem Jahr 2000 wurden sowohl in Deutschland als auch in Österreich Babyklappen landesweit eingerichtet, die als zusätzliche Alternative zur Schwangerschaftskonfliktberatu ng angesehen werden. Mit diesen Einrichtungen soll eine anonyme Möglichkeit geschaffen werden, um das Aussetzen von Neugeborenen oder deren Tötung zu vermeiden. Im Zweifelsfall kann die Babyklappe eine lebensrettende Maßnahme sein.” Mair zitierte dazu auch Primar Heidegger: „In vielen Ländern gibt es die Babyklappe, wo Mütter in Not ihr Neugeborenes anonym abgegeben können. Aufgrund des aktuellen Vorfalls gilt es darüber nachzudenken, ob man sie nicht auch in Südtirol einführt.“
Magdalena Amhof (SVP) verwies auf die Schweiz, wo pro Jahr ein bis zwei Kinder abgegeben werden. In Deutschland sei die Zahl steigend, aber es gebe keine genauen Zahlen. In Südtirol gebe es bereits die Möglichkeit, anonym zu bleiben, sie sei aber zu wenig bekannt. Auf die Anonymität könne nachträglich auch verzichtet werden. Es wäre wichtig, die nötigen Informationen zu verbreiten, online zu stellen, um das Trauma der Betroffenen Mütter abzuschwächen.
Myriam Atz Tammerle (STF) unterstützte den Antrag. Wenn man auch nur ein Kind in zehn Jahren damit retten könne, sei es schon ein Erfolg. Man rette ein Leben und bewahre vor einer Straftat. Wichtig sei es, dass die Information über diese Möglichkeit zu den Betroffenen gelange. Brigitte Foppa (Grüne) sah die Babyklappe als letztes Glied der Kette. Sie sei vor Jahrhunderten in den Klöstern eingeführt worden. Es gebe heute aber andere Möglichkeiten, vom Schwangerschaftsabbruch bis zur anonymen Geburt. Sie werde nicht für den Antrag stimmen.
Paul Köllensperger (Team K) verlas eine Stellungnahme des verhinderten Franz Ploner. In Deutschland gebe es 80 Babyklappen. Der Grund für die Abgabe liege oft darin, dass sich die Mutter das Kind nicht leisten könne, nicht nur im finanziellen Sinne. Zu klären sei in Italien noch das Abstammungsrecht, das durch die Babyklappe vereitelt werde. Frauen, die ihr Neugeborenes umbringen, seien in einer verzweifelten Situation und würden auch die Babyklappe nicht in Anspruch nehmen. Es seien immer Situationen der Ausweglosigkeit, wenn eine Mutter ihr Kind abgebe, meinte Andreas Leiter Reber (F). Diese Mütter würden sich nicht an Beratungsdienste wenden, umso wichtiger sei, dass die Informationen online seien. Das Abgeben von Kindern sei seit Jahrhunderten Tatsache, angefangen bei Moses. Damit werde man auch weiterleben müssen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah die Babyklappe als allerletzte Maßnahme, sie sollte nicht als eine Möglichkeit von vielen gesehen werden. Die öffentliche Hand müsse alles daransetzen, damit es nicht zu solchen Notsituationen komme. Carlo Vettori (Lega Alto Adige – Südtirol) bezeichnete die Babyklappe ebenfalls als ultima ratio. Dennoch werde er für den Antrag stimmen. Wenn man damit auch nur ein Leben rette, sei die Maßnahme gerechtfertigt.
In einem ehemaligen Meraner Frauenkloster habe man mehrere Babyleichen gefunden, berichtete Sven Knoll (STF). Früher sei ein ungewolltes Kind auch eine Existenzfrage gewesen, aber das sei heute nicht mehr unbedingt der Fall. Das Recht auf Leben sei wichtiger als das Recht auf Herkunft. Natürlich sei die Babyklappe nur das letzte Glied. Aber wenn die betroffene Frau keine Möglichkeit sehe, das Kind zu behalten, dann sei sie eine Chance, um Leben zu retten.
Diese Möglichkeit der Kindsabgabe gebe es vor allem in Ländern, wo die Tötung von Neugeborenen noch verbreitet sei, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Es bestehe das Risiko, dass die Babyklappe für Mütter aus jenen Ländern zur bevorzugten Lösung wird. Man sollte stattdessen mehr über die Möglichkeit der anonymen Geburt informieren. Alessandro Urzì bemängelte, dass die Überschriften des deutschen und des italienischen Texts nicht übereinstimmen.
LR Thomas Widmann zeigte sich vom Thema berührt und stimmte mit den Vorrednern überein, dass die Babyklappe die allerletzte Maßnahme sei. Auch in Italien gebe es Babyklappen. Es wäre richtig, diese Möglichkeit einmal rechtlich zu überprüfen, was der Antrag ja auch fordere. Die Babyklappe sei nicht die Lösung für alles, betonte Ulli Mair, aber eine letzte Möglichkeit für Frauen, an denen alle anderen Maßnahmen spurlos vorbeigingen. Im Vordergrund stehe für sie das Recht auf Leben. Süchtige etwa bekämen nicht mit, was das Land alles an Hilfe anbiete. In einer solchen Situation könnten auch Schwangere sein. Der Antrag wurde mit 28 Ja, zwei Nein und zwei Enthaltungen angenommen.
Sprachkurse für Sanitätspersonal, Zuständigkeit für Arbeitslosengeld – Anträge von Team K und Grünen
Beschlussantrag Nr. 163/19: Maßnahmen zur Erlangung der Zweisprachigkeit von Ärzten, Ärztinnen und Pflegepersonal im Sanitätsbetrieb (eingebracht von den Abg. Ploner F., Rieder und Köllensperger am 13.09.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegepersonal, die die Landessprachen nicht beherrschen, am Beginn ihres Anstellungsverhältnisses zwei Monate zum Besuch eines Vollzeit-Sprachkurses zu verpflichten; 2. diese Maßnahme an einen Verbleib von mindestens fünf Jahren im Sanitätsbetrieb zu knüpfen, ansonsten muss der Lohn der zwei Monate zurückgezahlt werden; 3. die Vollzeit-Sprachkurse speziell auf die Bedürfnisse des medizinischen Bereichs auszurichten (Inhouse-Intensivkurs); 4. die Vollzeit-Sprachkurse mit einer Prüfung abzuschließen.
“Die Medizin und die Psychologie kennzeichnen sich im Gegensatz zu den anderen naturwissenschaftlichen Wissenschaften vor allem als sprechende Wissenschaften aus, weshalb die Sprache in der Kommunikation mit den Patienten und den Angehörigen eine ganz zentrale Rolle einnimmt”, erklärte Franz Ploner (Team K). “Die Kommunikation in der Muttersprache ist unverzichtbar und wird in allen Gesundheitssystemen Europas bei der Einstellung von ausländischen Mitarbeitern gefordert; ihnen werden, um diese Kompetenz zu erreichen, durch die Arbeitgeber mehrmonatige Sprachkurse angeboten, bevor sie in die Betreuung der Patienten eingebunden werden. Mindeststandard muss die Fähigkeit sein, praxistaugliche Arztbriefe und Behandlungsempfehlungen für die Patienten verfassen zu können. Bereits bei der Einschreibung in die Ärztekammern werden in vielen Staaten Europas ein Sprachnachweis in der Landessprache des jeweiligen Landes verlangt, der dem B2-Sprachniveau entspricht. Zudem verlangen die Kammern zu einem späteren Zeitpunkt eine zusätzliche Sprachprüfung mit C1-Niveau für die medizinische Fachsprache (dieser C1-Sprachnachweis wird fachspezifisch abgenommen). Selbstverständlich müssen wir ungeachtet dieser personellen ärztlichen und pflegerischen Notsituation die gesetzlichen Vorgaben des Autonomiestatuts einhalten, das die Zweisprachigkeit (deutsch und italienisch) der in Südtirol tätigen Akademiker einfordert (A-Sprachprüfung entsprechend C1- Niveau) und den Patienten das Recht auf Behandlung in der Muttersprache garantiert. Die Überlegung eines skalierten Spracherlernens mit Prüfungen mit speziell auf Mediziner abgestellten Sprachkursen wären sicher hilfreich, um den Kollegen die Sprachkompetenz in einer angemessenen Zeit beizubringen. Berichte aus dem Ausland belegen, dass speziell auf Mediziner abgestellte Sprachkurse geleitet durch kompetente Sprachlehrer die Sprachkompetenz von B2-Niveau innerhalb kürzester Zeit (Zeiten zwischen 4 und 6 Monaten) möglich macht.”
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) erklärte sich mit den Prämissen des Antrags einverstanden, wandte sich aber gegen den Zwang. Die Zweisprachigkeit müsse ein Recht der Bürger sein. Es sei richtig, die Verwaltung zu verpflichten, Kurse anzubieten.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) stimmte dem Antrag zu, griff aber den Vorschlag des ASGB auf, dass die Stundenzahl der Kurse jenen des Arbeitsvertrags entsprechen sollte. Die Kurse sollten durchaus Pflicht sein. Eine Sprache von Grund auf zu lernen, und das neben der Arbeit, das sei sehr schwierig. Daher seien vorab Intensivsprachkurse nützlich, die sich auf den medizinischen Bereich konzentrierten.
Hanspeter Staffler (Grüne) teilte die Sicht von der Medizin als sprechender Wissenschaft. Das Gespräch sei Grundlage für die Behandlung, das sollte man sich immer vor Augen halten. Ein Kurs von zwei Monaten sei vielleicht etwas wenig, es bräuchte mindestens vier. Andererseits seinen 5 Jahre Frist für den Sprachnachweis etwas zu viel.
Der Proporz habe Vorteile gebracht, aber auch ein rigides System, dessen Auswirkungen man nun spüre, meinte Brigitte Foppa (Grüne). In manchen Fällen würden Pfleger bei der Übersetzung aushelfen, aber das sei keine Lösung. Dieses Thema sei noch zu vertiefen.
In diesem Kontext sei auch von der Pflege zu reden, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Auch hier zeichne sich ein Mangel ab, man werde Personal von außen suchen müssen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien ein erster Schritt. Der Intensivkurs vor Arbeitsbeginn erhöhe die Attraktivität des Arbeitsplatzes und gebe auch Planungssicherheit.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) meinte, dass man für bestimmte Krankheiten auch Spezialisten im entfernten Ausland aufsuche, ohne die Sprache jenes Landes zu kennen. Eine klare Kommunikation zwischen Arzt und Patient sei natürlich vorzuziehen, aber im Zweifelsfall zähle der gute Ruf des Arztes mehr. Die Südtiroler in den Tälern würden außerdem mehr Dialekt reden, nicht das Deutsch, das die Ärzte in den Kursen lernten.
Magdalena Amhof (SVP) unterstrich die Bemühungen des Personals um eine gute Kommunikation mit den Patienten. Auch der Sanitätsbetrieb bemühe sich – so würden bereits Kurse für das Personal angeboten. Gerhard Lanz (SVP) schloss sich dem an. Er gehe davon aus, dass es bereits Maßnahmen in diese Richtung gebe. Gewisse Maßnahmen, vor allem bei Ausbildung und Sprache, bräuchten ihre Zeit.
LR Thomas Widmann teilte das Anliegen. Die Gleichstellung der Sprachen im öffentlichen Bereich sei im Statut festgeschrieben, daher müsse man in erster Linie danach trachten, zweisprachiges Personal zu finden. In den nächsten Jahren werde es 1.400 Pfleger und 800 Ärzte brauchen, daher bitte er um Verständnis, wenn man ein bisschen flexibler vorgehe. Es sei wichtig, dass ein Patient in seiner Muttersprache betreut wird, daher räume man dem Personal eine Frist zur Erlernung der Sprache ein. Nun werde man vor Arbeitsbeginn auch einen Crashkurs anbieten und verlangen. Im Arbeitsvertrag würden die Kurse verpflichtend festgeschrieben. Man werde auch Tutoren zur Seite stellen und Zwischenprüfungen abnehmen. Es gebe auch noch weitere Maßnahmen, damit die Sprachprüfung innerhalb von drei Jahren realistisch wird.
Franz Ploner wies darauf hin, dass in England oder Schweden die Sprachbeherrschung Voraussetzung für die Anstellung sei. Die Patienten, die sich in fernen Ländern behandeln ließen, seinen eine kleine Minderheit. Er schlage mit seinem Antrag Sprachkurse durch Sprachexperten vor, nicht durch Pfleger, wie es derzeit oft geschehe. Was er vorschlage, sei das, was der Landesrat machen möchte – daher könne dieser auch zustimmen. Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 159/19: Zuständigkeit für Leistungen bei Arbeitslosigkeit ans Land (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 9.09.2019). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, das Legislativdekret vom 5. März 2013/Nr. 28 umzusetzen, um das Land Südtirol mit der Kompetenz auszustatten, staatliche Leistungen bei Arbeitslosigkeit autonom zu verteilen.
“Die Leistungen des Staates bei Arbeitslosigkeit sind wichtige Mittel zur finanziellen Absicherung von Menschen ohne Einkommen”, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). “Deshalb wäre es nur sinnvoll, diese im Paket mit den Sozialhilfeleistungen wie Soziales Mindesteinkommen, Reddito di cittadinanza, Zivilinvalidenrenten sowie der Sozialrenten zu verwalten, um eine Verwaltung ‘aus einer Hand’ für Menschen in Notsituationen zu gewährleisten. Diese Möglichkeit besteht durchaus. Denn das Legislativdekret vom 5. März 2013, Nr. 28, sieht vor, dass der Staat die Leistungen bei Arbeitslosigkeit an das Land delegiert. Diese Befugnisse umfassen alle auf staatlicher Ebene vorgesehenen Mittel, welche im Bereich Arbeitslosigkeit anzusiedeln sind. Diese Kompetenz hat das Land jedoch bis heute nicht erhalten, da das Legislativdekret bisher nicht umgesetzt wurde. Die Umsetzung wäre aber ein wichtiger Schritt hin zur Vereinfachung der Verwaltungsabläufe.”
Mehr Zuständigkeiten seien grundsätzlich zu begrüßen, meinte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Man müsse aber abwägen, ob es im Einzelfall dadurch besser werde. Derzeit funktioniere die Auszahlung des Arbeitslosengelds recht gut. Wenn das Land dies übernehmen wolle, brauche es eine gute Abstimmung mit dem INPS. Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah eine Vereinheitlichung positiv, wies aber auf die derzeitige Komplexität des Arbeitsmarktes hin. Betriebe und Verwaltungen täten sich schwer, Personal zu finden, andererseits seien viele mit dem Grundeinkommen zufrieden.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) wies darauf hin, dass die aktive Arbeitsmarktpolitik bereits in der Hand des Landes sei, während die Zuständigkeit für die passive Politik – Arbeitslosenunterstützung usw. – aufgeteilt sei. Der Antrag greife zu kurz, da er nicht sage, wie diese Maßnahmen gestaltet werden sollen. Sven Knoll (STF) sprach sich für den Antrag aus. Es sei besser und bürgernäher, wenn dieser Bereich vom Land verwaltet werde.
Die Arbeitslosenunterstützung funktioniere derzeit gut, aber Politik müsse auch in die Zukunft schauen, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Auch im Bereich der Sozialpolitik gebe es einen Fachkräftemangel, daher wäre eine Vereinheitlichung auch aus diesem Grund sinnvoll. Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah im Antrag eine grundlose Gier nach mehr Zuständigkeiten. Diesem Antrag fehle das Konzept. Überspitzt könne man sagen, die Grünen wollten das Bürgereinkommen.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sprach sich grundsätzlich für mehr Zuständigkeiten für das Land aus. In diesem Fall tue er sich aber schwer. Er wäre dafür, wenn Südtirol auch die Spielregeln für das Bürgereinkommen usw. festlegen könnte. Der regionale INPS-Direktor habe gerade darauf hingewiesen, dass Südtirol nicht die Einnahmen hätte, die es im Sozialbereich bestreiten müsste. Derzeit böten Staat, Land und Region Sozialbeihilfen, und die Bürger müssten sich an verschiedene Anlaufstellen wenden, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Das Ziel sei eine Vereinfachung: Die Gesamtleistung sollte auf die Bedürfnisse der Person zugeschnitten sein.
Gerhard Lanz (SVP) sah keinen großen Änderungsbedarf, denn das System funktioniere. Wenn, dann müsse es auch um die Möglichkeit gehen, inhaltlich zu bestimmen, was geboten wird.
LR Philipp Achammer (SVP) meinte, dass man nicht nur lokal verwalten, sondern auch lokal gestalten wolle. Auf dem vorgeschlagenen Weg könne man dies nicht erreichen. Die staatlichen Prozeduren beim INPS seien gesetzlich und durch Computersysteme derart festgelegt, dass es keinen Spielraum für das Land geben würde, um das System zu vereinheitlichen und zu verbessern. Das genannte Legislativdekret biete in diesem Sinn keine Handhabe. Falls eine Durchführungsbestimmung das ändere, werde man es sich nochmal überlegen. LR Waltraud Deeg sah hinter dem Antrag den Wunsch der Grünen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Südtirol habe sich in seiner Sozial- und Familienpolitik immer mehr am deutschen Sprachraum und an nordischen Ländern orientiert – und dadurch z.B. die höchste Geburtenrate Italiens. Eine Anpassung an staatliche Kriterien wäre ein Rückschritt.
Brigitte Foppa bezeichnete das bedingungslose Grundeinkommen als Vision, die weit über diesen Antrag hinausgehe. Dieser fordere eine Zusammenlegung der Leistungen, mit der man so etwas wie ein soziales, nicht bedingungsloses Grundeinkommen haben könnte. Das genannte Legislativdekret sei eine Durchführungsbestimmung, damit könne die Autonomie nicht in Gefahr gebracht werden. Der Antrag wurde mit elf Ja, 19 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.