Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 641/16: Staatstouristen sollen Steuern zahlen (eingebracht vom Abg. Pöder am 4.8.2016) befasst: Die Landesregierung wird verpflichtet, auch in Absprache mit den Gemeinden, alle nötigen rechtlichen Schritte in die Wege zu leiten, damit die Gäste in Beherbergungseinrichtungen, die im Staatseigentum sind, ebenfalls die für Tourismusaufenthalte vorgesehenen Steuern an die Gemeinden entrichten müssen. “Mehrere staatliche Gebäude in Südtirol werden von Staatsorganen, unter anderem dem Militär, als Beherbergungsbetriebe verwendet, so die Villa Ausserer im Gemeindegebiet Kastelruth oder die Villa Irma in der Gemeinde Toblach”, bemerkte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Jüngst ist eine Polemik darüber entstanden, ob für die Gäste, die in diesen Einrichtungen nächtigen, die Tourismussteuern bzw. die Ortstaxen entrichtet werden müssen. Für den Südtiroler Landtag sollte es außer Zweifel stehen, dass auch die illustren Gäste in diesen Beherbergungseinrichtungen die vorgeschriebenen örtlichen Steuern bezahlen müssen.”
Eine Staatsimmobilie sei nicht grundsätzlich von der Gemeindesteuer befreit, präzisierte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Das Gesetz unterscheide zwischen militärischen Demanialgütern und anderen Liegenschaften, manche Beherbergungsstrukturen würden in die erstere Kategorie fallen. Um dies zu ändern, müsste man das Staatsgesetz ändern. Kompatscher erinnerte daran, dass der seinerzeitige Bürgermeister Karbon den Marketingwert eines Urlaubsaufenthalts von Staatspräsidenten erkannt habe. Wäre Ciampi wegen dieser Polemik nicht nach Kastelruth gekommen, wäre er gleich in Gröden aufgenommen worden.
Das Land müsse seine Zuständigkeit für den Tourismus wahren, replizierte Andreas Pöder. Er erkenne auch den Mehrwert bestimmter Urlauber, aber es gehe auch ums Prinzip. Der Antrag wurde mit 13 Ja und 19 Nein abgelehnt.
Medikamentenrückstände
Beschlussantrag Nr. 647/16: Umweltgelder der Stromkonzessionen zur Weiterentwicklung der Kläranlagen – Maßnahmen für die Beseitigung von Medikamentenrückständen und für Wiedergewinnung von Phosphor (eingebracht vom Abg. Blaas am 10.8.2016). Der Landtag möge beschließen: 1. dass die Umweltgelder für die Ausgleichsmaßnahmen beim Erlass von Stromkonzessionen den Südtiroler Kläranlagen für die Projektierung und Errichtung der baulichen Maßnahmen für die Beseitigung von Arzneimitteln und für die Wiedergewinnung von Phosphor zu Gute kommen; 2. dass hierfür ein eigener Landesfond eingerichtet wird; 3. die Landesregierung zu verpflichten, sämtliche verwaltungstechnische Schritte zu ergreifen, damit den Abwässern Südtirols Medikamentenrückstände, hauptsächlich Antibiotikarückstände, entzogen werden und die Wiedergewinnung des wertvollen Rohstoffes Phosphor aus den anfallenden Klärschlämmen ermöglicht wird; 4. dass der zuständige Landesrat innerhalb von 90 Tagen ab Beschlussfassung den Landtag über den Stand der Umsetzung informiert. Mit der herkömmlichen Methode blieben immer noch Rückstände von Arzneimittel im Wasser, erklärte Walter Blaas (Freiheitliche). “Für die Beseitigung der Medikamentenrückstände müssten die Anlagen nur geringfügig adaptiert werden, was laut Ansicht der Fachleute leicht zu bewältigen ist. Wirtschaftlich gesehen ist auch die Möglichkeit der Wiedergewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm sehr interessant. Phosphor ist für die Biologie ein sehr wertvolles Element, das nach Auskunft der Experten in einigen Jahren nur mehr begrenzt vorkommen könnte. Eine wirtschaftliche Vermarktung wäre durchaus sinnvoll.”
Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte den Antrag, Arzneimittel wie Antibiotika im Wasser hätten ernst zu nehmende Auswirkungen. Umweltagentur und Ecocenter würden bereits in diesem Sinne arbeiten, berichtete Dieter Steger (SVP). Die Finanzierung dieser Arbeiten aus Landesmitteln und Umweltgeldern sei ebenfalls bereits festgelegt. Daher erübrige sich der Antrag.
LR Richard Theiner bestätigte dies. Die Ecocenter habe Abwässer, auch von Kläranlagen und Krankenhaus, untersucht. Die Umweltagentur rechne mit Ergebnissen innerhalb 2017, auf deren Grundlage könne man dann Empfehlungen aussprechen. Die Finanzierung durch Land und Umweltgelder sei ebenfalls bereits gesichert.
Walter Blaas freute sich, dass das Problem erkannt wurde. Es wundere ihn, wenn ein Bürgermeister von Franzensfeste nicht mehr wüsste wohin mit den Umweltgeldern. Er bat um Annahme des Antrags, da er doch ein Signal nach außen sei. Der Antrag wurde mit 13 Ja und 18 Nein abgelehnt.
Werbung für Autonomie
Beschlussantrag Nr. 655/16: Kampagne für die Bewerbung der Südtiroler Sonderautonomie (eingebracht von der Abg. Artioli am 18.8.2016). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, ein Konzept zur Vorstellung unserer Autonomie zu entwickeln; eine Informationsplattform zu gestalten, die sich mehrerer Kommunikationskanäle, einschließlich der neuen sozialen Netzwerke, Internet, Videos aber auch Printmedien bedient. Unsere Autonomie werde nicht nur bewundert, sondern auch beneidet, meinte Elena Artioli (Team Autonomie). “Was unserer Autonomie heute fehlt, sind Maßnahmen, welche die wahren Gründe unseres Wohlstandes vermitteln und jenen die Augen öffnen, die behaupten, dass unser System auf Privilegien baut.” Alle, Bürger wie Politik, sollten zu Botschaftern des Landes werden und anderen erklären, dass dieser Erfolg nicht auf Privilegien beruht, sondern auf Einsatz und System, und dass unsere Autonomie ein Mehrwert für ganz Italien ist. Es sei wichtig, die eigene Position auch nach außen darzustellen, meinte Andreas Pöder (BU). Seit Jahren laufe in den italienischen Medien eine Attacke auf die Sonderautonomien.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte seine volle Zustimmung zum Antrag. Man müsse den Italienern klar machen, wie Südtirol zu diesem Staat gekommen sei, dass die Autonomie und ihre Finanzierung der Preis für die verweigerte Selbstbestimmung sei u.a.m. In manchen Fernsehsendungen würden reine Absurditäten über unser Land verbreitet.
Auch Pius Leitner (F) zeigte sich einverstanden. Man könnte auch über den Tourismus vieles bewegen, die Wirte könnten ihren italienischen Gästen wenigstens ein bisschen die Autonomie erklären. Dies wäre kein großer finanzieller Aufwand.
Brigitte Foppa (Grüne) erklärte ebenfalls ihre Zustimmung. Aufklärung über die Autonomie täte gut. Es gebe zwar Broschüren, aber noch fehle eine umfassende Informationsstrategie.
Kritisch äußerte sich Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore), es bestehe die Gefahr der einseitigen Information, wenn sie von der Landesregierung komme. Hier sei man wieder beim faschistischen MinCulPop, dem Ministerium für Volkskultur. Es gebe die Rhetorik der Autonomie, die Verdienstmedaillen der Autonomie, die Mythen der Autonomie usw. Eine Selbstkritik vermisse er hingegen.
Die Haltung in Italien zu den Sonderautonomien habe durchaus mit Unkenntnis zu tun, bestätigte LH Arno Kompatscher. Die ständigen Angriffe auf die Autonomie täten dieser nicht gut. Es sei aber nicht so, dass man bisher bei der Information untätig gewesen sei. Man habe auch eine Broschüre für die Gastwirte erstellt, aber das sei noch zu wenig. Auch die SMG, jetzt IDM, habe sich mit der Aufgabe beschäftigt und man wolle nun die Autonomie als besonders interessanten Aspekt dieses Landes bewerben. Es gebe auch die Idee, in Franzensfeste ein Autonomiemuseum einzurichten. Er könne dem Antrag zustimmen, aber man dürfe sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erfolg sich nicht sofort einstellen werde. Manchmal werde die Autonomie, auch von staatlicher Ebene, absichtlich angeschwärzt. Vor allem müsse man den Italienern erklären, dass Südtirol ihnen nicht Geld abnehme, meinte Elena Artioli. Sie forderte die Landesregierung auf, nach Erstellung des Konzepts dieses auch dem Landtag vorzulegen und die Abgeordneten in dieses Projekt einzubinden. Der Antrag wurde mit 31 Ja, einem Nein bei einer Enthaltung genehmigt.