Von: APA/AFP
In Frankreich hat am Montag offiziell der Wahlkampf für die vorgezogene Neuwahl zur Nationalversammlung am 30. Juni und 7. Juli begonnen. Frankreichs Premierminister Gabriel Attal kritisierte das Programm der Rechtspopulisten als eine “Katastrophe für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt”. Die vom Rassemblement National (RN) vorgestellten Maßnahmen seien nicht finanzierbar, sagte er dem Sender RTL am Montag.
Der RN will unter anderem die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron durchgesetzte Rentenreform abschaffen, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben hatte. Nach Umfragen liegt der RN derzeit mit etwa 30 Prozent vorn. Er wird von einigen Überläufern der konservativen Republikaner unterstützt. RN-Parteichef Jordan Bardella, der selber nicht bei der Wahl zur Nationalversammlung antritt, bringt sich als künftiger Premierminister in Stellung. Dies ist nach französischem Recht möglich.
Das Regierungslager, das unter dem Motto “Gemeinsam für die Republik” antritt, verzichtet in 88 von 577 Wahlkreisen auf eigene Kandidaten. Dies solle “im Kampf gegen die Extreme” helfen, erklärte das Wahlbündnis. Macron stellt sein eigenes Lager als Bollwerk der Mitte gegen Links- und Rechtspopulisten dar. In Umfragen liegt das Regierungslager bei 20 Prozent und damit auf dem dritten Platz hinter dem links-grünen Bündnis Neue Volksfront, das auf 25 Prozent kommt.
Die Neue Volksfront, zu der sich innerhalb kürzester Zeit Sozialisten, Linkspopulisten, Kommunisten und Grüne zusammengeschlossen haben, schickt neben anderen den sozialistischen Ex-Präsidenten François Hollande ins Rennen. Mehrere Abgeordnete der linkspopulistischen Partei La France Insoumise, die durch Kritik an der Parteiführung aufgefallen waren, wurden nicht wieder aufgestellt. Am Montagabend war eine erste Wahlkampfveranstaltung in Montreuil bei Paris geplant. Die beteiligten Parteien liegen inhaltlich teils weit auseinander und haben sich bisher nicht auf eine Galionsfigur geeinigt. Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon, der sich als Kandidat für den Posten des Premierministers ins Spiel gebracht hatte, ist für viele Sozialisten und Grüne nicht akzeptabel.
Am rechten Rand tritt Marie-Caroline Le Pen, die ältere Schwester der langjährigen RN-Parteichefin Marine Le Pen, an. Der RN veröffentlichte sein Wahlprogramm ohne seine Vorstellungen zur Verteidigungspolitik. Im bisherigen Programm der Partei war noch von einer Allianz mit Russland, dem Rückzug aus dem integrierten Kommando der NATO und dem Ende der deutsch-französischen Rüstungsprojekte die Rede gewesen.
Unterdessen geht das Drama um den bisherigen Parteichef der konservativen Republikaner, Eric Ciotti weiter. Dieser war nach seinem Brückenschlag zum RN von der restlichen Parteiführung ausgeschlossen worden. Ein Pariser Gericht suspendierte den Ausschluss jedoch, weil das Vorgehen gegen die Parteiregeln verstieß. Die Parteiführung unternahm am Montag einen neuen Versuch, sich mit Hilfe einer Unterschriftensammlung unter den Parteimitgliedern ihres bisherigen Chefs zu entledigen. Ciotti kündigte seinerseits an, 62 Kandidaten unter dem – von beiden Parteiflügeln reklamierten – Logo der Republikaner aufzustellen. Zu ihnen zählt unter anderem ein ehemaliger Sprecher von Ex-US-Präsident Donald Trump in Frankreich.
Die Parteien hatten nur wenige Tage, um Bündnisse zu schmieden und ihre Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen. Die Frist endete am Sonntag um 18.00 Uhr, die offizielle Liste wird erst nach einer Prüfung der Kandidaten veröffentlicht. Von den 35 Regierungsmitgliedern kandidieren 24 bei der Wahl zur Nationalversammlung, unter ihnen auch Premierminister Gabriel Attal und Außenminister Stéphane Séjourné. Die Wahl zum Abgeordneten dient der demokratischen Legitimierung, aber auch der eigenen Absicherung, falls sie ihren Kabinettsposten verlieren. Falls sie die Wahl verlieren, verlieren sie in der Regel auch ihr Amt in der Regierung.
Macron hatte nach dem Siegs des RN bei den Europawahlen am 9. Juni die Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen. Der RN war auf 31,4 Prozent der Stimmen gekommen, das von Macron unterstützte Bündnis lediglich auf 14,6 Prozent, dicht gefolgt von den Sozialisten mit 13,8 Prozent.