Von: mk
Moskau – Russland steigert im Jahreshaushalt 2025 die Militärausgaben auf ein neues Rekordmaß. Diese wachsen um fast 25 Prozent auf umgerechnet knapp 130 Milliarden Euro an – bei einem Gesamtetat von 399 Milliarden Euro. Ob Kreml-Despot Wladimir Putin seine Ziele in der Ukraine damit erreichen kann, bleibt trotzdem fraglich. Russland hat nach Angaben des ukrainischen Generalstabs im Rahmen der Invasion mittlerweile über 660.000 Soldaten verloren. Dazu kommt, dass die ökonomische Stabilität des Landes zunehmend fragiler wird.
Während die Ausgaben für Sozialpolitik um 16 Prozent auf gut 61 Milliarden Euro schrumpfen, gibt es für Bildung und Gesundheit mit insgesamt 33 Milliarden Euro etwas mehr Geld. Gleichzeitig steigen auch die Kosten für Strom und Gas um etwa elf Prozent. Die Einkommenssteuern erhöhen sich um teilweise 25 Prozent, berichtet die Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau.
Laut Wirtschaftsjournalistin Aleksandra Prokopenko steht der Kreml vor drei Problemen: die Erhaltung der volkswirtschaftlichen Balance, die Erfüllung der sozialen Aufgaben und die Finanzierung der Kriegsausgaben auf dem jetzigen Niveau.
Bis auf weiteres funktioniert die russische Kriegswirtschaft: Kontinuierliche Investitionen in Kampfmaterial und Ausrüstung verhindern einstweilen, dass die Blase platzt. Hohe Löhne in der Rüstungsindustrie und noch höhere Solde für Freiwillige im Krieg gegen die Ukraine haben die Nachfrage und die Geldmenge, die bei den Konsumenten kursiert, stark ansteigen lassen. In Russland gibt es praktisch Vollbeschäftigung, in den Einkaufszentren herrscht Hochbetrieb.
Das Angebot kommt jedoch nicht mehr hinterher und die Preise wuchern. Die Zentralbank hat den Leitzins schon auf 19 Prozent erhöht, um die Inflation von offiziell 9,1 Prozent zu stoppen. Die neuen Gutverdiener nehmen trotzdem fleißig Kredite auf: Laut einem Bericht des oppositionellen Portals istories.media, der sich auf Daten der Zentralbank beruft, haben Russen inzwischen Schulden von umgerechnet knapp 400 Milliarden Euro angehäuft. Das ist mehr als der gesamte Haushalt 2024.
Auch die Zinsen explodieren: Um eine Hypothek für eine Ein-Zimmer-Wohnung in Moskau zu finanzieren, muss ein Bürger umgerechnet 1.500 Euro zahlen. Das ist im Schnitt ein Monatsgehalt. Viele weichen deshalb auf den Mietwohnungen aus, was Moskaus Mietmarkt weiter anheizt. Laut Makleragentur Zian sind die Monatsmieten seit Jänner 2024 um 43 Prozent gestiegen. Die Gesamtschuld russischer Unternehmen überschritt nach Angaben der Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ unterdessen bereits 2023 die Billionen-Euro-Grenze.
Obwohl man den Ukraine-Krieg in Städten wie Moskau nahezu ausblenden kann, scheinen die Bürger zum Teil zu spüren, dass das Land am Abgrund wandelt: Laut einer September-Umfrage der unabhängigen Meinungsforschungsgruppe Chroniki unterstützen nur noch 29 Prozent eine weitere Mobilmachung, während 49 Prozent einen Friedensschluss mit der Ukraine befürworten.
Neue Ausrüstung für die Ukraine
Neben Kriegsmüdigkeit sieht Russland-Experte Mark Galeotti weitere Probleme auf Putin zukommen. In einem Gastbeitrag in der Sunday Times schreibt er, dass die Ukraine mit der neuen Ausrüstung, die sie erhält, Brigaden aufstellen könne, um 2025 eine neue Gegenoffensive im großen Umfang zu starten. Gleichzeitig glaubt Galeotti dass westliche Staaten – allen voran auch die USA – die Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen wie ATACMS und Storm Shadow auf russisches Kerngebiet erlauben werden.
Kiew setze bereits jetzt eigene Raketen und Drohnen wirkungsvoll gegen russische Munitionsdepots ein, so der Experte. Gleichzeitig werde es auf russischer Seite immer schwieriger, trotz üppiger Zahlungen Rekruten für den Kriegsdienst zu gewinnen. Außerdem würden die Bestände an Kriegsgerät sinken.
In wirtschaftlicher Hinsicht herrsche ein hoher Mangel an Arbeitskräften in Russland.
Gefahren für die Ukraine sieht Galeotti vor allem auf politischer Ebene im Erstarken von Kräften in westlichen Ländern, die eine Unterstützung der Ukraine ablehnen. Dazu zählt er unter anderem einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump in den USA.
Auch Israel macht kurzen Prozess
Auch Israel könnte für Russland zum Problem werden. Erst kürzlich wurde ein russischer Luftwaffenstützpunkt in Syrien von israelischen Streitkräften angegriffen, nachdem rund eine Stunde zuvor eine iranische 747-200F-Frachtmaschine dort gelandet war – vermutlich mit Waffen für die Hisbollah.
Dies folgte auf den Fund russischer Waffen in den Händen der Hisbollah im südlichen Libanon.
Der Iran und Russland gelten als Verbündete. Während der Iran Russland unter anderem mit Drohnen im Kampf gegen die Ukraine versorgt, nutzt Putin die politischen Spannungen, die die Hisbollah und die Hamas als verlängerte Arme vom Iran im Nahen Osten erzeugen. Dadurch wird der Westen von Putins übergeordnetem Ziel – dem Krieg in der Ukraine – abgelenkt.
Israel könnte mit Angriffen auf russische Stützpunkte signalisieren, dass es durchaus bereit ist, diesem Treiben einen Riegel vorzuschieben.