Von: mho
Bozen – Die Südtiroler Handelskammer, der Südtiroler Wirtschaftsring und das Land Südtirol haben eine neue Kampagne für die Mehrsprachigkeit lanciert. Von der Süd-Tiroler Freiheit kommt dafür Lob, doch insbesondere Kritik.
Cristian Kollmann, selbst Sprachwissenschaftler, hält die Initiative für grundsätzlich begrüßenswert. Er erklärt: „In der Tat ist die Mehrsprachigkeit eine Bereicherung – aber man soll sie nicht überbewerten.“ Die Aussage der Initiatoren, dass die Mehrsprachigkeit die Basis der Südtiroler Gesellschaft sei, hält Kollmann für übertrieben, denn mit dieser Aussage werde so getan, als würde die Südtiroler Gesellschaft ohne Mehrsprachigkeit gar nicht funktionieren, und als wären all jene Bürger, die nicht mehrsprachig seien, nichts gesellschaftsfähig.
Die Mehrsprachigkeitskampagne hat für Kollmann auch einen weiteren Schönheitsfehler: „Den Initiatoren geht es – eigentlich wie zu erwarten – in erster Linie darum, die Südtiroler deutscher Muttersprache für das Italienische und nur nebenbei die Italiener Südtirols für das Deutsche zu begeistern.“ Besonders gut ersichtlich werde dies an den fünf Musikvideos, in denen junge Südtiroler Menschen Lieder in einer Sprache singen, die nicht ihre Muttersprache ist. Kollmann rechnet vor: „In zwei Videos singen Südtiroler deutscher Muttersprache auf Italienisch und in nur einem Video singen Italiener auf Deutsch. Es steht also 2:1 für das Italienische. In zwei weiteren Videos wird auf Englisch gesungen, und zwar von jeweils italienischen und ladinischen Muttersprachlern. Englisch ist somit mit dem Italienischen gleich auf, und erst danach kommt das Deutsche.“
Kollmann wundert sich: „Warum wird wieder so getan, als müssten praktisch alle Südtiroler deutscher Muttersprache besser Italienisch können und warum wird nicht umgekehrt eine Kampagne gegen die groben Verletzungen der Zweisprachigkeitspflicht in der öffentlichen Verwaltung sowie auf die immer rasanter um sich greifende Italianisierung im Einzelhandel und im digitalen Bereich lanciert?“
Die Antwort liefert Kollmann gleich mit: „Die Sprachpolitik der Landesregierung und der Südtiroler Wirtschaft ist immer offensichtlicher darauf ausgerichtet, in erster Linie die italienische Sprache zu puschen – auf Kosten des Deutschen. Doch Mehrsprachigkeit ist keine Einbahnstraße und muss ein natürliches und soziales Fundament haben. Weder das eine noch das andere ist in Südtirol – entgegen dem Wunschdenken der Landesregierung und der Wirtschaft – flächendeckend gegeben, denn Südtirol ist in erster Linie ein deutsches Land. Dies zwanghaft ändern zu wollen, ist keine echte Mehrsprachigkeitspolitik, sondern Mehrsprachigkeitsimperialismus mit dem Endziel Entdeutschung Südtirols.“