Von: mk
Bozen – Bei den Integrationsbemühungen orientiert sich das Land unter anderem am Prinzip “Integration durch Leistung”. Die Integration neuer Mitbürgerinnen und Mitbürger beginnt allerdings vor Ort, daher setzt das Land vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Denn im alltäglichen Miteinander zeigen sich Herausforderungen, aber auch Erfolge und Chancen.
Einen Einblick in die Integrations- und Inklusionspolitik auf Gemeindeebene sowie einen Überblick über die Integrationsprojekte der verschiedenen Ämter seines Ressorts stellte Landesrat Philipp Achammer heute vor und ging auf die wichtigsten Kriterien zur Förderung des Integrationsprozesses in den Gemeinden ein.
“Es gibt keine Alternative zur Integration, wenn wir in Zukunft friedlich zusammenleben wollen”, sagte Landesrat Achammer einleitend, “dafür braucht es allerdings ein Konzept.” Die Grundlagen für die Integrationsbemühungen in Südtirol seien in der Integrationsvereinbarung enthalten, berichtete Achammer und erklärte, dass diese sowohl auf den Ansatz des “Forderns und Förderns” als auch auf das Prinzip “Integration durch Leistung” setzt.
Die Integrationsvereinbarung, die der Landesrat heute ebenfalls kurz vorstellte, liegt nun in gedruckter Form vor und bildet die Grundlage für das gemeinsame Engagement des Landes und der Gemeinden im Bereich der Integration. Die darin enthaltenen Maßnahmen zur Förderung des Integrationsprozesses umfassen etwa den Spracherwerb, die Anerkennung von Qualifikationen, die Partizipation und Mitsprache oder die interkulturelle Mediation. Was das Fordern anbelangt, so gehe es vor allem darum, Integrationsbereitschaft zu verlangen; dies setzt etwa die Bereitschaft voraus, zumindest eine der Landessprachen zu lernen.
Achammer betonte, dass es erforderlich sei, die Debatte auf einer sachlichen und lösungsorientierten Ebene zu führen. “Dabei ist es sinnvoll, Schwierigkeiten offen anzusprechen, jedoch kommt es darauf an, was konkret umgesetzt werden kann”, räumte der Landesrat ein.
EURAC-Studie zur Vielfalt in den Gemeinden
Johanna Mitterhofer stellte bei der Pressekonferenz eine Studie über das Zusammenleben in Südtirol vor, die das Institut für Minderheitenrecht an der EURAC durchgeführt hat.
Grundsätzlich zeigt die Studie etwa, dass Gemeinden, in denen der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung mehr als 5 % beträgt, sich mehr und gezielter mit dem Thema Integration auseinandersetzen.
Gegenseitige Vorurteile von “einheimischer” Bevölkerung und neuen Mitbürgern stellen eine der größten Barrieren für ein problemloses Zusammenleben dar.
“Ausgehend von den Antworten der Gemeinden haben wir einige Empfehlungen abgegeben”, erklärte Mitterhofer. Demnach muss eine inklusive Gemeindepolitik die gesamte Gemeindebevölkerung einbeziehen. Auch die politische Teilhabe und Partizipation aller wird begrüßt, denn Politik soll nicht nur für, sondern auch von Menschen mit Migrationshintergrund gemacht werden. Dazu sind vor allem Maßnahmen geeignet, die das gegenseitige Kennenlernen ermöglichen und erleichtern; auch eine persönliche Kontaktaufnahme mit neu zugezogenen Menschen (etwa durch Willkommensbriefe, Willkommensveranstaltungen und persönliche Gespräche) baut Hemmungen und Barrieren ab.
Um eventuelle sprachliche und kulturelle Hürden in der Kommunikation zwischen Gemeinde und Personen mit Migrationshintergrund zu überwinden und Missverständnisse zu vermeiden, bietet es sich zudem an, auf die sprachlichen, sozialen und interkulturellen Kompetenzen der in der Gemeinde ansässigen Personen zurückzugreifen und Übersetzer bzw. interkulturelle Mediatoren zu beauftragen.
Integrationsmaßnahmen der Landesämter und Schulen
Landesrat Achammer wies darauf hin, dass Integration eine Querschnittsaufgabe ist und stellte einige Projekte und Ansätze vor, welche die Ämter in seinem Ressort verfolgen. Dabei arbeiten sie oft eng mit öffentlichen und privaten Einrichtungen zusammen.
Die Sprachenzentren bieten Sprachfördermaßnahmen, Beratung des Lehrpersonals, stellen Unterrichtsmaterialien für Kindergärten und Schulen bereit und begleiten diese beim Integrationsprozess der Kinder und Schüler aus Familien mit Migrationshintergrund. Zu den angebotenen Maßnahmen zählen Sprachkurse, Sprachstandardserhebungen, Projekte mit einzelnen Schulen, Kurse in Staatsbürgerkunde für Erwachsene oder die Ausarbeitung eines Konzepts für die schulische Bildung der minderjährigen Flüchtenden.
Auch das Amt für Weiterbildung finanziert verschiedene Maßnahmen und Projekte, wie Deutsch- und Alphabetisierungskurse für Migraten oder Fortbildungen in Deutsch als Zweit- und Deutsch als Fremdsprache für Lehrpersonen der Weiterbildungseinrichtungen. Außerdem arbeitet das Amt eng mit verschiedenen Weiterbildungseinrichtungen (z.B. alpha beta picadilly, Urania Meran, Centro di Ricerca e Formazione sull’Intercultura, Katholisches Bildungswer) sowie freiwilligen Helfern zusammen.
Einen wichtigen Beitrag zur Integration leistet auch die Jugendarbeit. So sind die Mitarbeiter der Jugendzentren wichtige Ansprechpartner für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Jugendliche haben dort etwa die Möglichkeit, Freundschaften zu pflegen und die Jugendkultur unseres Landes kennenzulernen. Die Arbeitsgruppe PraxisInterCultura der offenen Jugendarbeit wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, die gesammelten Erfahrungen und das erarbeitete Know-how auszutauschen und weiterzuentwickeln. Das Amt für Jugendarbeit entwickelt derzeit gemeinsam mit dem Weißen Kreuz eine vielsprachige App zum Thema Erste Hilfe. Das derzeit größte Projekt ist der Jugendaustausch zwischen Südtirol und Marokko HalloCiaoMaroc, daneben gibt es seit Jahren auch Austaschprogramme mit Polen und Israel.
Das Amt für Bibliotheken und Lesen setzt einen Schwerpunkt auf den Austausch innerhalb der Kulturen, Netzwerkarbeit und Kooperation mit interkulturellen Einrichtungen. Aktionen und Projekte sind etwa die Schatzkiste der Kulturen mit einer Sammlung an Büchern in Fremdsprachen, Vorleseaktionen mit dem VKE oder die interkulturellen Leseprojekte Konfetti und Mafalda.
Der Bereich Deutsche Berufsbildung bietet unter anderem Ausbildungs- und Orientierungspraktika für Asylwerber an, um die berufliche Orientierung und die Entwicklung der beruflichen Kompetenzen zu fördern. Ebenso bieten die Fachschulen für Hauswirtschaft und Ernährung Qualifizierungskurse für Migranten und Flüchtlinge an.
Integration vor Ort in Salurn
Der Salurner Bürgermeister Roland Lazzeri stellte als Good-Pracitce-Beispiel das Projekt “Salurn macht’s vor / Salorno un passo avanti” vor. Dieses gliedert sich in drei Phasen: Zuerst wurde eine Steuerungsgruppe eingesetzt, in die auch Vertreter der Kindergärten, Grund- und Mittelschule eingebunden sind. Anschließend werden in drei Workshops die Problemfelder festgehalten, Problemlösungen erarbeitet und Maßnahmen abgeleitet. Schließlich werden die Ergebnisse der Arbeit in einem Vereinbarungsprotokoll zusammengefasst und der Bevölkerung vorgestellt.
Integration brauchte Voraussetzungen, erklärte der Bürgermeister, und dafür seien finanzielle Ressourcen notwendig. “Einer der wichtigsten Orte für Integration sind aber die Schulen”, stellte Lazzeri fest.
Vernetzungstreffen mit Gemeindereferenten und Kriterien zur Förderung des Integrationsprozesses
Am heutigen Abend hat Landesrat Achammer die für Integration zuständigen Gemeindereferenten zu einem Treffen eingeladen. Dabei wird er kurz die Integrationsvereinbarung und die Informationsbroschüre (ehemalige Willkommensbroschüre) vorstellen und mit den Referentinnen und Referenten die Kriterien zur Förderung des Integrationsprozesses auf Gemeindeebene besprechen.
Die Förderkriterien beinhalten Angaben zur Art und Verwendung von Beiträgen des Landes, zu den Beitragsbereichen, den förderbaren Vorhaben sowie zu den zulässigen Kosten. Beiträge werden an Südtiroler Gemeinden und Bezirksgemeinschaften vergeben, die in ihrem Einzugsgebiet Projekte und Veranstaltungen mit inklusivem Charakter, Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe der Zuwanderer am gesellschaftlichen Leben, Aktionen und Programme zur Vernetzung der Gemeinden und Bezirksgemeinschaften im Bereich Integration, Maßnahmen zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung oder Aus- und Weiterbildungsangebote für Multiplikatoren im Bereich der Integration umsetzen.