Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute außerdem Fragen und Antworten zu suspendierten Sanitätsmitarbeitern, Stromrechnungen, Volksgruppenschutz, Sanitätsbudget, Wohnbeihilfe und weiteren Themen behandelt.
Der Südtiroler Sanitätsbetrieb hat im Herbst 2021 bei der Staatsadvokatur in Trient eine Anfrage für ein Gutachten gestellt, ob ungeimpfte suspendierte Sanitätsmitarbeiter nach der Genesung einer Covid-19 Erkrankung wieder im Betrieb arbeiten dürfen, bemerkte Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) und richtete dazu folgende Fragen an die Landesregierung: Warum hat der Sanitätsbetrieb das Gutachten bei der Staatsadvokatur Trient angefragt? Wer hat die Anfrage in Auftrag gegeben? Wer hat die Anfrage unterzeichnet? Wann wurde die Anfrage abgeschickt? Wann ist die Antwort eingelangt? Wie viele Provinzen in Italien halten sich an die Vorgaben laut diesem Gutachten? Wann wurde die darauffolgende Anfrage zur Klärung des Sachverhaltes an die Staatsadvokatur Trient gesendet? Wie ist es möglich, dass andere Provinzen sich nicht an die Vorgaben laut Gutachten halten? Ist die Antwort bereits eingelangt? Mit welchen Provinzen wurde vor dem Abschicken der Anfrage im Herbst informell oder formell Kontakt aufgenommen, um jeweilige Vorgangsweisen zu diesem Thema abzuklären? Falls die Vorgangsweise mit keiner Provinz abgestimmt wurde, warum wurde dies nicht getan?
Die Vorgangsweise sei in anderen Regionen nicht anders, erklärte LR Thomas Widmann. Man habe die Staatsadvokatur um das Gutachten ersucht, weil es zur geltenden Norm unterschiedliche Interpretationen gegeben habe. Natürlich habe man mit anderen Provinzen und ihren Rechtsämtern Kontakt aufgenommen. Aber wenn ein Rechtsgutachten der Staatsadvokatur vorliege, sei es unmöglich, dieses zu ignorieren.
Einer der Hauptgründe für die derzeit hohen Stromrechnungen ist der exponentielle Anstieg des einheitlichen nationalen Strompreises (PUN), der im Dezember 2021 bei rund 281 €/MWh lag, gegenüber 54 €/MWh im Jahr zuvor, bemerkte Paul Köllensperger (Team K). Was sich für die Verbraucher zu einem Blutbad auswächst, entpuppt sich für die Stromerzeuger offensichtlich als goldene Gans. Dank der Liberalisierung des Energiemarktes wird der Großhandelspreis nämlich durch den Wert des PUN selbst bestimmt. Aus diesem Grund hat die Regierung einen Artikel (Artikel 16) in das Unterstützungsdekret aufgenommen, um die zusätzlichen Gewinne zu kassieren. Köllenspergers Fragen dazu: Wird die von Alperia in Südtirol erzeugte Energie an der Börse auf der Grundlage von im Voraus abgeschlossenen Festpreisverträgen oder zu einem an den PUN gebundenen variablen Preis verkauft? Wenn Festpreis, wie hoch ist er? Wird die von Alperia auf dem Markt gekaufte Energie auf der Grundlage von im Voraus festgelegten Festpreisverträgen oder zu einem an den PUN gebundenen variablen Preis erworben? Wenn Festpreis, welcher? Wie hoch ist der Produktionsrückgang bei Alperia im Dezember und Januar aufgrund der Dürre?
LR Giuliano Vettorato erläuterte, dass die von Alperia verkaufte Energie im Voraus zu einem festen Preis und dann je nach Entwicklung verkauft wird, während die auf dem Markt gekaufte Energie auf der Grundlage des PUN für Unternehmen mit variablem Bedarf gekauft wird. Der Preis kann nicht mitgeteilt werden, da er sensibel und vertraulich ist. Der Produktionsrückgang bei Alperia von Oktober bis Jänner liege über 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr und betreffe vor allem die Monate Dezember und Jänner wegen der Trockenheit. Auf Nachfrage präzisierte LH Arno Kompatscher, dass eine autonome Stromregulierung Südtirols nur theoretisch möglich wäre, praktisch aber nicht, da viele Regelwerke zu berücksichtigen wären. Südtirol produziere übers Jahr viel, müsse aber in vielen Monaten auch einkaufen. Wenn sich Südtirol selbständig machen würde, würde die staatliche und europäische Gesetzgebung sofort reagieren, weil man eine Ausnahme im europäischen Netzwerk nicht haben könne. Eine Gratisverteilung, wie sie viele heute forderten, sei auch nicht im Sinne der Nachhaltigkeit.
Jüngst wurden aus der Asylwerberunterkunft „Schwefelbad“ in Bozen Möbel und andere Einrichtungsgegenstände herausgerissen, obwohl viele davon neuwertig und kaum benutzt erscheinen, berichtete Ulli Mair (Freiheitliche) und ersuchte die Landesregierung um die Beantwortung folgender Fragen: Aus welchen Gründen wurden die Einrichtungsgegenstände und Möbel, die teilweise noch einen schadlosen Eindruck machen, aus der Struktur „Schwefelbad“ herausgerissen? Was soll mit den Einrichtungsgegenständen und Möbeln passieren, welche aus der Asylwerberunterkunft „Schwefelbad“ entnommen wurden? Wann wurden die genannten Einrichtungsgegenstände angekauft und eingebaut und wie hoch waren die Kosten? Soll die Unterkunft „Schwefelbad“ neu eingerichtet werden? Wenn Ja, wer hat dazu den Auftrag gegeben und wie hoch sind die Kosten?
Die Einrichtung sei Eigentum des WOBI und werde diesem noch heuer zurückgegeben, antwortete LR Waltraud Deeg. Im Rahmen der Sozialmaßnahmen bestehe kein Bedarf mehr für die Struktur. Für eine neue Verwendung sei ein Abbruch und ein Wiederaufbau nötig.
Der erste Auftrag des Pariser Vertrages ist der Volksgruppenschutz, stellte Paula Bacher (SVP) fest. Das 2. Autonomiestatut, dessen Grundlage dieser Vertrag ist, ist inzwischen 50 Jahre alt. Daher ist es an der Zeit, sich zu fragen, wie es mit wesentlichen Grundlagen, dem kulturellen Minderheitenschutz, bestellt ist. Gerade beim Proporz, aber auch bei der Zweisprachigkeit ist immer wieder die Rede davon, dass es Abweichungen davon gibt. Dazu stellte Bacher folgende Fragen: Wie sieht es mit Proporz, Zweisprachigkeit/Dreisprachigkeit in den verschiedenen Abteilungen des Landes und der vom Land finanzierten, dem Proporz und der Zwei- Drei- und Mehrsprachigkeit unterworfenen Einrichtungen/Betrieben/Institutionen aus? Wie sieht es diesbezüglich bei den staatlichen Ämtern und den Gerichten aus? Sind in den jeweiligen Institutionen, Ämtern und Einrichtungen Mitarbeiter für die korrekte Umsetzung der Sprachenbestimmungen und die Überprüfung der Proporzsituation verantwortlich? Wenn ja, wie ist ihre Aufgabe genau definiert? Gibt es für alle diese Ämter/Institutionen eine einheitliche Stelle, die diese Thematik verfolgt/koordiniert? Wenn nicht, sollte eine geschaffen werden, eventuell auch mit einer zuarbeitenden Gruppe von Ehrenamtlichen?
Aktuell gebe es international großes Interesse für den Minderheitenschutz, erklärte LH Arno Kompatscher. Der Proporz werde nicht auf die Abteilungen bezogen, sondern auf die Dienstgrade. In der Landesverwaltung werde er im Großen und Ganzen eingehalten, es gebe derzeit da und dort Überhänge der italienischen Sprachgruppe. Bei staatlichen Ämtern gebe es in vielen Ämtern ein großes Problem, die Stellen zu besetzen, oft sei der Stellenplan nur zu 50 Prozent besetzt, etwa bei den Gerichten. Man finde zu wenig Kandidaten der deutschen und der ladinischen Sprachgruppe. Im Regierungskommissariat gebe es ein einheitliches Amt für die Sprachbestimmungen, beim Land sei ein eigenes Amt für Sprachbestimmungen und Bürgerschutz eingerichtet worden.
Im Bozner Krematorium sollen hunderte Urnen lagern, welche von den Angehörigen bis dato nicht abgeholt wurden, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). Künftig soll eine Frist von einem Jahr für die Abholung gelten, bevor die Urnen auf einer Gemeinschaftsfläche beigesetzt werden. Mair ersuchte die Landesregierung wird um die Beantwortung folgender Fragen: Wie viele nicht abgeholte Urnen lagern derzeit im Krematorium von Bozen und welchen Gemeinden lassen sich die Verstorbenen zuordnen? Welche Staatsbürgerschaften hatten die Verstorbenen, deren Urnen im Bozner Krematorium nach wie vor auf ihre Abholung warten? In wie vielen Fällen konnten keine Angehörigen ausgemacht werden? Wie soll künftig verhindert werden, dass die Angehörigen die Urnen nicht abholen?
Derzeit gebe es 205 nicht abgeholte Urnen, antwortete LH Arno Kompatscher, 80 Prozent stammten von Bozner Bürgern, 200 von italienischen Staatsbürgern. Der Stadtrat werde noch heute eine Änderung der Friedhofsordnung beschließen. Demnach werde die Asche im Friedhof pietätvoll verstreut, wenn die Urne nicht nach Aufforderung binnen einer bestimmten Frist abgeholt werde.
Der privat geführte Flughafen Bozen hat seinen Betrieb mit zahlreichen Flügen zu verschiedenen Zielen wieder voll aufgenommen, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, vor schädlichen Luftemissionen und Lärmbelästigung geschützt zu werden, meinte Dello Sbarba und stellte der Landesregierung folgende Fragen: Werden die Luftqualität und die Lärmbelastung im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb gemessen? Wenn ja, wer ist für die Durchführung der Messungen verantwortlich, wer ist für die Erfassung und Auswertung der Daten zuständig? Wie oft werden Daten erhoben? Wie viele Messstationen gibt es und wo befinden sie sich? Werden die Daten so veröffentlicht, dass sie für die Bevölkerung zugänglich sind? Wenn ja, wo, wie und wie oft? Welche Grenzwerte sind bei der Flughafentätigkeit in Bezug auf Luft und Lärm einzuhalten, in welchen Rechtsvorschriften sind sie festgelegt, und welche konkreten Daten wurden bisher in der Praxis erhoben?
Es gebe keine flughafenspezifischen Lufterhebungen, da dort die Feinstaubkonzentration (PM10) niedrig sei, antwortete LR Giuliano Vettorato. Die Lärmerhebungen seien vom Ministerium geregelt und müssten vom Betreiber vorgenommen werden. Er werde überprüfen, ob dieser die entsprechenden Messstationen aufgestellt habe.
Gerade bei älteren Mitbürgern, aber auch bei solchen mit Vorerkrankungen, besteht manchmal die Situation, dass sie sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen sollten bzw. dürfen, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Es herrscht aber oft Unsicherheit im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Impfung, bzw. ab Februar für über 50-jährige von der Impfpflicht. Dazu stellte Knoll folgende Fragen: Welche Ärzte können eine Befreiung von der Impfpflicht ausstellen? Welche Kriterien müssen für eine Befreiung erfüllt werden? Bekommen Bürger, die eine ärztliche Befreiung von der Impfung bekommen, einen Grünen Pass mit QR-Code oder „nur“ ein Attest des Arztes?
Es sei der Arzt für Allgemeinmedizin, der die Befreiung ausstelle, antwortete LR Thomas Widmann. Impfpflicht und Green-Pass-Pflicht seien nicht dasselbe. Wer befreit werde, erhalte einen speziellen QR-Code, der aber nur in Italien gültig sei. Kriterien dafür seien z.B. bestimmte Allergien, die ersten Wochen einer Schwangerschaft, schwere Nebenwirkungen nach der ersten Impfung.
Für den Südtiroler Sanitätsbetrieb sind im Haushaltsvoranschlag des Landes 2022 weniger Zuwendungen vorgesehen, bemerkte Maria Elisabeth Rieder (Team K). Nach Aussagen des Generaldirektors des Sanitätsbetriebs wird sich dies durch verschiedene Maßnahmen niederschlagen. Neben Reduzierungen von Überstunden kündigt er u.a. einen Aufnahmestopp an. Rieder richtete dazu folgende Fragen an die Landesregierung: Wie kann angesichts der bereits äußerst prekären Personalsituation ein Aufnahmestopp verantwortet werden? Wird der Aufnahmestopp alle Bereiche und Berufsbilder gleich betreffen? Betrifft der Aufnahmestopp alle oder nur neu zu errichtende Dienste? Gilt der Aufnahmestopp für Neuaufnahmen oder auch für Nachbesetzungen? Gilt der Aufnahmestopp für alle unbefristeten Stellen (auch freiwerdende Stellen bei Kündigung)? Sind auch Ausgabenkürzungen beim Personal geplant (Reduzierung Mehrstunden, Reduzierung Überstunden, Reduzierung Zusatzarbeit)?
Einsparungen im Personalbereich würden nicht den normalen Stellenplan betreffen, antwortete LR Thomas Widmann. Es gehe um Reduzierung von Überstunden und Ähnliches. Ein Aufnahmestopp wäre in dieser Zeit nicht sinnvoll und sei auch nicht beabsichtigt. Im Nachtragshaushalt würden jene 21 enthalten seien, die derzeit noch nicht aufschienen.
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 10.6.2021 in der Rechtssache C-94/20 (Oberösterreichische Wohnbeihilfe für einen langfristig im Land lebenden türkischen Staatsangehörigen ohne Nachweis deutscher Sprachkenntnisse) festgestellt, dass die Gewährung einer Wohnbeihilfe nicht zwingend eine „Kernleistung“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 4 der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ist, die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in jedem Fall zusteht, berichtete Ulli Mair (Freiheitliche). Das Landesgericht Oberösterreich hat mit Urteil vom 8.7.2021 entschieden, dass es sich um keine Kernleistung handelt. Mair stellte dazu folgende Fragen: Hat die Landesregierung das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.6.2021 in der Rechtssache C-94/20 zur Kenntnis genommen? Gedenkt die Landesregierung im Sinne des Grundsatzes „Fordern und Fördern“ bzw. „Integration durch Leistung“ den eigenen Beschluss 30.12.2019, Nr. 1182 (Integration: Richtlinien für den Anspruch von Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern auf zusätzliche Leistungen des Landes) dahingehend zu überprüfen, ob auch in Südtirol im Lichte des EuGH-Urteils vom 10.6.2021 in der Rechtssache C-94/20 der Landesbeitrag für Miete und Wohnungsnebenkosten („Wohngeld“) als Zusatzleistung eingestuft wird, die Integrationsbemühungen der Antragsteller vorauszusetzen?
Relevante Urteile des EuGH würden immer von der Landesregierung auf ihre Auswirkungen in Südtirol überprüft, erklärte LR Waltraud Deeg. Das Landesgesetz unterscheide zwischen Grundleistungen und finanziellen Sozialhilfen, und Südtirol sei strenger, wenn es um die Ansässigkeit gehe. Aber in wirklichen Notlagen werde geholfen.
Die Arbeiten werden morgen wieder aufgenommen.