Von: mk
Bozen – Psychologists for Future South Tyrol nimmt mit Verblüffung die Stellungnahme von Dr. Andreas Tutzer wahr, Arzt und Hauptausschussmitglied der Süd-Tiroler Freiheit, die er als Reaktion auf den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie im Dezember in Berlin veröffentlicht hat. Unter dem Titel „Klimakrise wird zur Psychokrise“ schreibt er: „Begriffe lösen Emotionen aus. (…) Die mediale und grün-politische Macht zur Lenkung der kollektiven Meinung ist sich der Folgen nicht bewusst, die auf psychosozialer Ebene wirken.“
„Das ist unseres Erachtens eine Verdrehung der Tatsachen, sowie ein Versuch politischen Framings (‚grün-politische Macht‘) einer Krisensituation, die keine Parteifarbe kennt und entsprechend durch die proaktive und konstruktive Arbeit aller Parteien gelöst werden müsste“, erklären Psychologists for Future South Tyrol in einer Aussendung. Die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise – damit ist auch die psychische Gesundheit gemeint – seien so gravierend, dass die renommierte medizinische Fachzeitschrift „The Lancet“ sie als „die größte Herausforderung für die globale Gesundheit im 21. Jahrhundert“ bezeichne.
Brigitte Andres erklärt: „Nicht das Verwenden von Begriffen löst Emotionen aus, die reale Situation tut das. Studien zeigen, dass Menschen, die bereits jetzt unter den Folgen der Klimakrise leiden, ein erhöhtes Maß an Klimaangst aufweisen. Emotionale Reaktionen auf Krisensituationen sind normal. Vielleicht ist es eigenartiger, angesichts der Bedrohungen durch die Klimakrise keine Angst zu empfinden. Oder würden Sie auf ein Schiff steigen, bei dem die deutliche Gefahr besteht, dass es mitten im Atlantik sinken könnte? Beziehungsweise: Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie keine andere Wahl hätten, als auf genau dieses Schiff zu steigen?”
Angst sei ein evolutionärer Alarmmechanismus, der sicherstellt, dass wir uns in Sicherheit begeben. Wenn die Wahrnehmung des Ausmaßes der Gefahr akkurat ist, dann erhöhe Angst die Überlebenswahrscheinlichkeit. Die Gefahr schätze in diesem Zusammenhang am verlässlichsten der internationale Weltklimarat ein. Weder politische Vertreterinnen und Vertreter noch Ärzte seien diesbezüglich geeignete Ratgebende. Der Weltklimarat schlage seit geraumer Zeit unmissverständlich Alarm. „Der Vorwurf des Alarmismus oder sogar Klimahysterie sind so alt wie die Klimaberichte selbst und das, obwohl die Wissenschaft in der Vergangenheit die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Klimakrise unterschätzt hat“, erklären Psychologists for Future South Tyrol.
Brigitte Andres meint weiter: „Als Psychologinnen und Psychotherapeutinnen ist es unser täglich Brot, Menschen dabei zu helfen, ihre Gefühle anzusprechen und auszudrücken, um einen Umgang mit ihren Emotionen finden zu können, empathisch zu sein, sich als selbstwirksam zu erleben, handlungsfähig zu werden – kurzum: resilient zu sein. Es geht also nicht darum, unangenehme Gefühle wie Angst, Trauer, Wut, Überforderung nicht zu haben oder zu ignorieren, sondern daraus die Kraft zu schöpfen, aktiv zu werden, klimafreundliches Verhalten zu entwickeln, Druck auf Entscheidungsträger auszuüben.“
Die aktuell größte Studie, die den emotionalen Zustand mit Bezug auf die Klimakrise von 10.000 Jugendlichen weltweit analysiert, belege auch, dass die Klimaangst vor allem im Zusammenhang mit der wahrgenommenen Untätigkeit und Ineffizienz von Regierungen steigt. „Konkrete Ausarbeitung von Klimamaßnahmen, durch die Arbeit der Regierungsparteien wie auch der Oppositionsparteien bedeutet also nicht nur Klimaschutz, sondern auch Besserung des psychischen Wohlbefindens der Menschen, insbesondere junger Menschen. Daher empfehlen wir, nicht vom eigentlichen Problem abzulenken, sondern ins Tun zu kommen“, so Psychologists for Future South Tyrol.