Von: APA/dpa/Reuters
Rund zwei Wochen nach der Amtsenthebung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol hat das Parlament auch für die Amtsenthebung des Interimspräsidenten Han Duck Soo gestimmt. Für den von der Opposition eingebrachten Antrag votierten 192 aller 300 Abgeordneten und damit deutlich mehr als die benötigte einfache Mehrheit. Finanzminister und Vize-Premierminister Choi Sang Mok soll Han als Interimspräsident ersetzen.
Han hätte das Land aus den jüngsten politischen Turbulenzen führen sollen. Die Opposition wirft ihm allerdings vor, das heute begonnene finale Verfahren zur Amtsenthebung Yoons am Verfassungsgericht zu erschweren. So weigerte sich Han, die drei vakanten Richterstellen des derzeit nur sechsköpfigen Verfassungsgerichts zu besetzen. Da sechs Stimmen notwendig sind, um Yoons Amtsenthebung zu bestätigen, würde derzeit bereits eine Veto-Stimme reichen, um die Amtsenthebung für ungültig zu erklären.
Regierungspartei boykottierte die Abstimmung
“Der einzige Weg, das Land zu normalisieren, ist die rasche Ausrottung aller aufständischen Kräfte”, erklärte Oppositionsführer Lee Jae Myung im Parlament. Die Regierungspartei boykottierte die Abstimmung. Das Verfassungsgericht muss nun entscheiden, ob Han tatsächlich seiner präsidialen Aufgaben entbunden wird.
Yoon hatte am 3. Dezember das Kriegsrecht in Südkorea verhängt, es aber kurz darauf wieder aufgehoben. Die Opposition warf ihm daraufhin Verfassungsbruch vor und leitete ein Amtsenthebungsverfahren ein. Der überraschende Schritt und die daraus resultierende politische Krise beunruhigt auch internationale Verbündete wie die USA und Europa, die Yoon bisher als verlässlichen Partner in den globalen Bemühungen zur Eindämmung Chinas, Russlands und Nordkoreas gesehen haben.
Staatskrise verschärft
Mit der neuen Entwicklung verschärft sich die Staatskrise in Südkorea. Han hatte die Präsidentschaft geschäftsführend übernommen, nachdem das Parlament auch mit den Stimmen der Regierungspartei Yoon des Amtes enthoben hatte. Auch hier steht eine endgültige Entscheidung des Verfassungsgerichts noch aus. Yoon hatte kurzzeitig das Kriegsrecht ausgerufen und dies mit Gefahren für die Nation begründet. Nach massiven Protesten auch seiner Partei wurde das Kriegsrecht wenige Stunden später aufgehoben.
Yoon fehlt bei Gerichtstermin
Unterdessen begann das Verfassungsgericht in Seoul die Überprüfung des Amtsenthebungsverfahrens gegen Yoon. Sowohl dessen Vertreter als auch die der Nationalversammlung legten ihre jeweilige Argumentation dar und benannten mögliche Zeugen. Yoon erschien nicht persönlich zu dem Termin. Während der nächsten Wochen und möglicherweise Monate prüft das Gericht, ob die von der Nationalversammlung beschlossene Amtsenthebung Yoons verfassungswidrig oder -konform war.
Sollten die Richter die Amtsenthebung billigen, müssten innerhalb von spätestens 60 Tagen Neuwahlen angesetzt werden. Sollte das Gericht die Amtsenthebung als irregulär einstufen, dann würde Yoon ins Präsidentenamt zurückkehren.
Yoon hatte Anfang Dezember inmitten eines Haushaltsstreits mit der Opposition völlig überraschend das Kriegsrecht verhängt. Nach massivem Widerstand hob er es Stunden später wieder auf. Die Opposition reichte daraufhin einen Amtsenthebungsantrag in der Nationalversammlung ein, der nach einem gescheiterten ersten Anlauf schließlich am 14. Dezember die benötigte Zweidrittelmehrheit erhielt. Yoon verteidigte seine Entscheidung zuletzt mit dem Schutz der Nation. Seine politischen Gegner seien “staatsfeindliche Kräfte”, die die Regierungsarbeit lähmten und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes störten.
Wirtschaftlich hat die Staatskrise bereits Auswirkungen. So fiel nicht nur das südkoreanische Geschäftsklima auf den schlechtesten Wert seit der Corona-Pandemie. Auch der Kurs der Währung Won sank auf das niedrigste Niveau seit 2009.
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