Von: apa
Die Koalitionsverhandlungen in Südtirol über eine von der Südtiroler Volkspartei (SVP) angestrebte Mitte-Rechts-Fünferkoalition ziehen sich offenbar weiter etwas in die Länge. In dieser Woche, das heißt vor Neujahr, wird es offenbar nicht mehr zu einem Abschluss kommen. SVP-Obmann Philipp Achammer sagte gegenüber der Tageszeitung “Dolomiten” (Freitagsausgabe), dass kommende Woche eine weitere Verhandlungsrunde angesetzt sei: “Da muss dann der Abschluss gemacht werden.”
“Wir sind an einem guten Punkt. Wir sind dabei, die letzten Knoten zu lösen. Einige Punkte sind noch zu diskutieren. Einige Themen wurden ausreichend besprochen, andere noch nicht. Wir sind aber im Zeitplan”, versicherte Achammer. Auch wenn alle sich erwartet hätten, früher abzuschließen, so sei es “doch besser, vorher alles gut zu klären, als nachher mit Schwierigkeiten konfrontiert zu sein.” Auch SVP-Landessekretär Martin Pircher erklärte gegenüber der APA, er “gehe nicht davon aus”, dass es noch diese Woche zu einem Abschluss kommen wird. Es handle sich ganz einfach um eine “große Themenpalette”, die Zeit brauche. Auch am Samstag sollen die Gespräche fortgesetzt werden. Pircher erinnerte daran, dass bis zum 20. Jänner im Landtag ein neuer Landeshauptmann gewählt werden muss. Die SVP will nach ihrer schweren Niederlage bei der Landtagswahl Ende Oktober künftig in einem Bündnis mit den Südtiroler Freiheitlichen, Fratelli d`Italia, Lega und der Bürgerliste La Civica regieren.
Ursprünglich hatten die Verhandler bereits vor Weihnachten alles unter Dach und Fach haben wollen. Doch aufgrund des Umfangs der Arbeiten, wie angegeben wurde, verzögerte sich die Finalisierung. “Wir haben uns dabei etwas verschätzt”, räumte Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) ein. Kompatscher wollte das Koalitionsabkommen laut eigenen Angaben sehr genau formulieren und spielte dabei wohl auf Kritik aus der Zivilgesellschaft an, die zuletzt laut geworden war. 224 Wissenschafter der autonomen Provinz waren mit einem “Offenen Brief” gegen die Koalition mit den Rechtsparteien auf die Barrikaden gegangen. Auch rund 200 Künstlerinnen und Künstler wandten sich gegen eine Regierungsbeteiligung von Fratelli d’Italia, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
Teil des Koalitionsabkommens werde eine Präambel sein, in der sich die Partner zu Werten wie Europa, Autonomie, Nachhaltigkeit und Nicht-Diskriminierung bekennen. Die Präambel sowie die Autonomie-Frage sollen laut “Dolomiten” unter anderem noch zu lösende Knackpunkte in den Verhandlungen sein. Kompatscher hatte zuletzt betont, dass es an der SVP liege, “dafür zu garantieren, dass eine Koalition eine klare Ausrichtung der Mitte hat.” Man sei schließlich die Partei, die “die Mitte vertritt und deren Politik eindeutig mittig ist.”
Donnerstagabend hatte sich Parteigranden und Basis in Nals zusammengefunden, um eine “Zwischenbilanz” der bisherigen Koalitionsverhandlungen zu ziehen und eine “gemeinsame Bewertung der Resultate” vorzunehmen, wie es hieß. An der Veranstaltung nahmen die Bürgermeister, Ortsobleute und Mitglieder des Parteiausschusses teil. “Die Südtiroler Volkspartei ist nach wie vor dieselbe: Eine Partei der Mitte, die zu bürgerlichen Rechten, zu einer Politik der Mitte und zur Autonomie steht”, betonten Parteiobmann Achammer und Landeshauptmann Kompatscher laut Pressemitteilung der “Sammelpartei” zu Beginn der Sitzung. Die Anwesenden hätten dann die Verhandlungsdelegationen “und insbesondere Achammer und Kompatscher” bestärkt, weiterzumachen, um für ein “gutes, solides Verhandlungsergebnis zu arbeiten.” “Wir werden mit dem Verhandlungsergebnis überzeugen”, lautete die Parole. Damit wolle man auch der “teilweise weit überzogenen Kritik mit Fakten begegnen.”
Die SVP-Gremien hatten sich Anfang Dezember mehrheitlich für die Mitte-Rechts-Variante und gegen eine solche links der Mitte ausgesprochen. Kommt es zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen, weist das neue Bündnis 19 von 35 Mandaten im Südtiroler Landtag auf und verfügt damit über eine deutliche Mehrheit. Von vornherein war klar gewesen: Die “Sammelpartei” braucht nach ihrer Niederlage bei der Landtagswahl zwei weitere Koalitionspartner, um auf eine Landtagsmehrheit zu kommen bzw. jedenfalls auch einen deutschsprachigen Partner. Ein Novum in der Südtiroler Geschichte. Zuletzt regierte man nur mit der Lega. Dass eine italienischsprachige Partei bzw. deren Proponenten in einer Landesregierung vertreten sind, ist ohnehin zwingend vorgeschrieben.