Heimatpflegeverband fordert Maßnahmen gegen Spekulationen am Immobilienmarkt

Südtirol: Traumland mit Schattenseiten

Mittwoch, 10. Januar 2024 | 12:17 Uhr

Von: luk

Bozen – Egal, wo man sich in Südtirol befindet, man wird um die eigene Heimat beneidet. Hält aber das Traumland Südtirol wirklich das, was es verspricht? Diese Frage stellt der Heimatpflegeverband Südtirol. Die scheinbar heile Welt habe nämlich ihre Schattenseiten, denn die Wohnsituation sei für junge Menschen in Südtirol schwierig, wenn nicht gerade desolat.

So sieht es auch die Vorsitzende des Südtiroler Jugendrings Tanja Rainer in einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Interview. Sie bezeichnet darin die Wohnsituation für junge Menschen in Südtirol als „katastrophal“. “Die Lebenshaltungskosten steigen und Wohnen wird besonders für junge Menschen, die in der Regel weniger verdienen, kaum noch leistbar. Selbst mit einem Durchschnittsgehalt verschlinge die Miete bis zu 60 oder 70 Prozent des Monatsgehalts.”

Heimatpflegeverband Südtirol: “Leerstand vermindern, alternative Wohnformen fördern”

Es ist ein Phänomen, das auch der Heimatpflegeverband problematisch sieht: „Es darf nicht sein, dass nur mehr 20 Prozent der Studierenden aus dem Ausland zurückkommen, weil sie sich das Wohnen nicht mehr leisten können. Tanja Rainer ist hier vollends beizupflichten: Wenn wir so weitermachen, gehen uns in Südtirol irgendwann die Jugendlichen aus“, so Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbandes.

HPV/ArminHuber

“Es braucht nicht mehr Wohnbau, sondern ein Umdenken”

Der Heimatpflegeverband unterstützt daher die Forderungen der Vorsitzenden des Jugendrings und plädiert für mehr konventionierte Wohnungen und für konkrete Maßnahmen gegen die hohen Mietpreise. „Es braucht Anreize, dass leerstehende Wohnungen vermietet werden. Dass ein Großteil nur touristisch vermietet wird, während der Mietwohnungsmarkt untragbare Preise verlangt, darf nicht hingenommen werden“, so Plaikner. Die Wohnkapazitäten seien bereits vorhanden. Es brauche also nicht mehr Wohnbau, sondern ein Umdenken: Der Leerstand muss dringend vermindert und alternative Formen des Wohnens wie Co-Housing, Einlieger-Wohnungen müssen gefördert werden. Dieser unsichtbare Wohnraum habe ebenfalls großes Potenzial, unkompliziert und schnell Entlastung zu schaffen, die es dringend brauche, so die Obfrau des Heimatpflegeverbandes.

Spekulationen treiben die Preise in die Höhe

Der Heimatpflegeverband fordert daher auch einen stärkeren Einsatz gegen Spekulation am Immobilienmarkt. Südtirols touristische Hochburgen weisen bereits jetzt eine rasant steigende Zahl an Wohnungen und Gebäuden auf, die an finanzkräftige, nicht ansässige Menschen verkauft werden. Laut der Plattform immobiliare.it sind die Immobilienpreise in den Alpen in den letzten fünf Jahren exponentiell gestiegen, allein der Gemeinde Abtei um 30 Prozent (Stand Dezember 2023), in Gröden werden Quadratmeterpreise von bis zu 13.500 Euro verlangt. Das macht diese Ortschaften zu den teuersten Alpendörfern. “Meist werden diese Zweitwohnungen nur kurzzeitig bewohnt oder stehen ganzjährig leer, weil sie als Geldanlage dienen. Das birgt die Gefahr, dass beliebte Tourismusdörfer zu Geisterstätten werden, wo langfristig auch die Arbeitskräfte fehlen. Das Konkurrieren mit großen Investoren macht es für Jugendliche unmöglich, sich ein eigenes Heim zu schaffen“, befindet Valentine Kostner, Vorstandsmitglied des Heimatpflegeverbandes aus Gröden. „Hinzu kommen Tourismuswerbung und Großveranstaltungen, die weitere Interessenten locken und den Wohnungsmarkt anheizen. Gelder hierfür wären besser in sozial und kulturell nachhaltige Projekte investiert.“

Fazit: Ein Appell für leistbares und soziales Wohnen in Südtirol

Der Heimatpflegeverband fordert von der neuen Landesregierung daher dringend echte Lösungen zu erarbeiten. „Will Südtirol in Richtung Monaco gehen oder will es leistbares, gerechtes und soziales Wohnen schaffen?“, hatte Tanja Rainer als Frage in den Raum gestellt; diese provokante Frage stellt sich auch der Heimatpflegeverband. “Es bleibt zu hoffen, dass sich das Traumland Südtirol nicht zum Privileg weniger Reicher entwickelt, sondern ein Traum bleibt, der auch von jungen Südtirolern weiterhin gelebt werden kann.”

Bezirk: Bozen