Drei Volksbefragungsanträge verunsichern

Südtiroler im Bann rechter Verschwörungstheorien

Mittwoch, 06. März 2024 | 08:45 Uhr

Von: mk

Bozen – Bei der Unterschriftensammlung für drei Volksbefragungsanträge, die derzeit in Südtirols Gemeinden aufliegt, reibt man sich die Augen. Einmal geht es um das „Recht auf Eigenproduktion von Lebensmitteln“, dann um das „Recht auf Bargeldzahlung“ und schließlich um den „Stopp der Gender-Indoktrination in den Schulen“. Wenn man sich die Anträge genauer anschaut, müsste einem schnell klar werden: Dahinter stecken Fake News und Verschwörungstheorien. Trotzdem sind zahllose Menschen in Südtirol verunsichert oder geraten sogar in Panik.

Tatsache ist: Es gibt derzeit kein Verbot der Eigenproduktion von Lebensmitteln und auch kein Verbot von Bargeldzahlungen. Ebenso droht keine von irgendwem angeordnete „Gender-Indoktrination“ in den Schulen. Auch liegen in Rom oder auf EU-Ebene keine Gesetzesvorschläge, die in diese Richtung gehen, in der Schublade.

Die Frage stellt sich demnach: Was soll das Ganze überhaupt? Offensichtlich geht es den Initiatoren darum, Ängste zu schüren und die Diskurshoheit über bestimmte Themen zu besetzen.

Initiiert wurde die Unterschriftensammlung von einer Organisation namens „Liberi In Veritate“. Dessen Gewährsmann ist Mons. Carlo Maria Viganó, ein Bischof, der sich von der katholischen Kirche abgespalten hat und der einer der schärfsten Gegner von Papst Franziskus ist. Mittlerweile betätigt er sich als Propagandist von Verschwörungserzählungen, als Corona-Leugner sowie als Putin- und Trump-Verehrer.

Von politischer Seite hat sich in Südtirol noch niemand zu den Volksbefragungsanträgen offiziell zu Wort gemeldet. Offensichtlich vertraut man darauf, dass die Menschen von sich aus die Sache durchschauen. Nur das Katholische Forum Südtirol schlug bislang Alarm.

Kritisiert wird übrigens auch der Landtagsabgeordnete Jürgen Wirth-Anderlan, der offen darüber nachdenkt, Martin Sellner nach Südtirol einzuladen. Sellner hat Ende November bei einem Geheimtreffen in Potsdam seine Abschiebepläne als „Masterplan Remigration“ vorgestellt. Er ist Mitbegründer der seit 2019 vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Identitären Bewegung. Wirth-Anderlan scheint keine Berührungsängste zur dieser Szene zu kennen. Bei den letzten Landtagswahlen hat er sich 14.043 Vorzugsstimmen geholt. Seine Liste erreichte immerhin 5,9 Prozent der Wähler.

Bezirk: Bozen