Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute Vormittag Beschlussanträge der 5 Sterne Bewegung und L’Alto Adige nel cuore behandelt.
Beschlussantrag Nr. 768/17: Südtiroler Regiogeld und soziale Unterstützungsmaßnahmen (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 9.5.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, ● Innerhalb von sechs Monaten durch eine Arbeitsgruppe einen Konzeptvorschlag für eine Südtiroler Regional-Währung (*Namen zu definieren) ausarbeiten zu lassen. ● Anschließend einen Testlauf der Südtiroler-Regionalwährung (*Namen zu definieren) durchzuführen. Dabei soll das Regiogeld erstmals in einem ausgewählten Zielbereich verwendet werden, z. B. für die Aufstockung der Mindestrenten mittels Regiogeld, die Auszahlung des Familiengeldes, für Wohngeld, etc.
Es gehe nicht um eine neue Währung, sondern um ein lokales Gutscheinsystem, erklärte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “Regionale, zinsfreie Geldsysteme und Komplementärwährungsmodelle sind geeignete Instrumente um die Grundversorgung zu gewährleisten und die Kaufkraft der Menschen zu stärken. Soziale Versorgungsleistungen und Zusatzeinkommen können somit durch regionales Geld erbracht werden: z.B. die Zusatzrente, das Familiengeld, die Kitas-Beiträge, die Arbeitslosenunterstützung, usw. Außerdem fördern regionale Modelle die lokale Wirtschaft und die Wertschöpfung im Sinne der Gemeinwohlökonomie: Regionales Geld kann ausschließlich regional ausgegeben werden, was bedeutet, dass hauptsächlich die partizipierenden einheimischen Unternehmen vom Regiogeld profitieren. Regionale Produkte und Dienstleistungen gewinnen aufgrund des lokalen Tauschmittels an Attraktivität. Zudem können mithilfe eines regionalen Kreditkompensationssystems etwaige Liquiditätsschwankungen der Unternehmen ausgeglichen werden. Regionale Wirtschaftskreisläufe sind gerade in Krisen strategisch wichtig. Sie sind die Grundlage für eine funktionierende, kollektive Versorgung mit essentiellen Gütern und Dienstleistungen. D. h., Regiogeld fördert die lokale Kooperation und schützt dadurch in Krisenzeiten.” Es gebe bereits gelungene Beispiele für ein solches Regiogeld, es sei also keine Träumerei, betonte Köllensperger, der auf den “Sardex” in Sardinien verwies und auf die Währung “Wir” in der Schweiz. Das Land könnte als Kompensationsstelle fungieren. Für die Unternehmen könnte sich ein Steuervorteil ergeben, wenn sie einen Teil ihrer Einnahmen so verrechnen. Die Landesregierung sollte diese Möglichkeit zunächst einmal mit Finanzexperten prüfen. Das System hätte auch Vorteile im Sinne der Autonomie, so könnten beispielsweise Mindestrenten aufgestockt werden, ohne dass ei vom Staat verrechnet würden.
Andreas Pöder (BürgerUnion) bezeichnete den Antrag als seriöses Anliegen. Der “Sardex” z.B. habe großen Erfolg gehabt. Das Umlaufverfahren berge aber auch Probleme, etwa durch die Mechanismen, die eine Weitergabe unattraktiv machten. Wenn man diese Probleme vermeiden könne, wäre das System durchaus attraktiv. Rechtlich sei es umsetzbar. Auf jeden Fall sollte man die Sache andenken.
Brigitte Foppa (Grüne) sah in dem Vorschlag ein spannendes Modell, um aus den größeren Finanzsystemen auszusteigen. Dadurch könne man sich auch rückbesinnen, wie Wirtschaft gestaltet werden könne. Foppa kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion an.
Sigmar Stocker (Freiheitliche) erinnerte an den Vorschlag seiner Fraktion, Sozialbeiträge an Einwanderer in Form von Gutscheinen auszuzahlen. Seine Fraktion sei nicht gegen den Antrag, werde sich aber der Stimme enthalten, weil noch einiges zu klären sei.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) nannte als mögliche Anwendung einen Stromgutschein. Das Ziel, die Währung im Land zu behalten, sei aber für Südtirol als Tourismusland nicht unbedingt attraktiv. Man sollte wenigstens die Europaregion als Gebiet ins Auge fassen.
Komplementäre Währungssysteme habe es in der Vergangenheit viele gegeben, bemerkte LH Arno Kompatscher, gut 40 allein in Deutschland, viele seien wieder verschwunden. Das Ziel der regionalen Kreisläufe sei durchaus zu unterstützten, aber eine Regionalwährung habe sich als wenig effizient erwiesen, auch wegen des eingeplanten Wertverfalls. Die Idee eines größeren Einzugsgebiets erübrige sich, das habe man bereits mit dem Euro. In Südtirol wären zudem fiskalische Fragen zu klären. Beiträge in Form von Sachleistungen gebe es beim Land bereits.
Viele Regionalwährungen seien eher philosophischen Ursprungs und hätten mangels unternehmerischen Geistes wenig Erfolg gehabt, räumte Paul Köllensperger ein. Aber es gebe auch erfolgreiche Beispiele wie den “Sardex”. Natürlich seien viele Fragen vorab noch zu klären, daher fordere der Antrag die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die einen ausgefeilten Vorschlag vorlegen sollte.
Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 763/17: Unterkünfte für getrennte Väter (eingebracht vom Abg. Urzì am 20.4.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1) Weiterhin wichtige Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um getrennte Eltern zu unterstützen und ihnen ein würdiges Dasein sicherzustellen, das für die Ausübung der Elternrolle unerlässlich ist; 2) Zusammen mit dem Wohnbauinstitut angemessene Wohnlösungen für getrennte Väter vorzusehen, die den Schutzbedürfnissen von normalerweise nicht zusammenlebenden Eltern und Kindern gerecht werden; 3) Dafür zu sorgen, dass alle oder auch nur einige der 12 leer stehenden Wohnungen in der Landesberufsschule für soziale Berufe „E. Lévinas“ am Nikoletti-Platz in Bozen (an der nur 6 von den 18 Wohnungen von Studenten besetzt sind) getrennten und hilfsbedürftigen Vätern als Notunterkünfte zur Verfügung gestellt werden.
“In Italien wächst die Zahl der Trennungen und Scheidungen ständig”, bemerkte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). “Parallel dazu steigt auch die Zahl der getrennten Väter, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind und ihr Leben umwälzen müssen. Die eheliche Wohnung wird in der Regel dem Elternteil zugewiesen, dem das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder zugesprochen wird. In den meisten Fällen ist das die Mutter, auch wenn kürzlich ein Gesetz zum gemeinsamen Sorgerecht verabschiedet wurde. Der Vater muss natürlich auch für den Unterhalt der Kinder sowie der Ex-Frau aufkommen, wenn diese nicht finanziell unabhängig ist. Die Kosten für ein zuvor aufgenommenes Wohnungsdarlehen, für den Unterhalt und für den Aufbau eines neuen Lebens (Miete, Spesen) führen in vielen Fällen zu großer wirtschaftlicher Unsicherheit und Armutsrisiko. Hinzu kommt noch, dass wer keinen angemessenen Wohnraum zur Verfügung hat, auch weniger Chancen hat, die eigenen Kinder kontinuierlich zu sehen und bei sich unterzubringen.”
Sigmar Stocker (Freiheitliche) unterstützte das Anliegen, äußerte sich jedoch skeptisch zu Punkt 3.
LR Christian Tommasini teilte das Anliegen, bezeichnete den Antrag aber als nicht annehmbar. Die aufgezeigten Probleme seien real, beträfen aber nicht nur die Männer. Seit einigen Jahren stelle das WOBI der ASDI, der Vereinigung der Getrennten, Wohnungen für solche Fälle zur Verfügung. Derzeit könne man aber eine Aufstockung der Mittel nicht garantieren, denn auch andere Notfälle würden zunehmen, etwa alleinstehende Mütter oder Senioren. Das alles müsse zusammen betrachtet und angegangen werden, auch weil man nicht ganze Gebäude für einen Typus von Bedarfsfall reservieren wolle.
Er könne dem Gedankengang folgen, erklärte Alessandro Urzì, forderte aber eine Lösung innerhalb der Legislaturperiode. Er bat, nach Zusage des Landesrats, schließlich um Vertagung des Antrags.