Von: mk
Bozen – Ein Brief der Südtiroler Ärztekammer vom 4. November hat ein kleineres Erdbeben im Gesundheitsassessorat und in der Ärzteschaft ausgelöst. Darin heißt es laut einem Bericht des Tagblatts Dolomiten klipp und klar, dass „die Südtiroler Spitäler nicht die von der Österreichischen Ärztekammer vorgesehenen Voraussetzungen für die Absolvierung der Ausbildungszeit erfüllen“.
Dass die Österreichische Ärztekammer bei der Suche nach einem Ausweg aus dem Ausbildungsdilemma Südtirol komplett die kalte Schulter zeigt, hat viele im Land kalt erwischt.
Laut dem Schreiben der Südtiroler Ärztekammer ist außerdem „für Jungärzte somit eine Facharztausbildung seit 1. Juni 2015 laut österreichischer Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 in Südtirol nicht mehr möglich“. Wie Gesundheitslandesrätin Martha Stocker erklärt, habe seit dem 1. Juni 2015 kein Jungarzt mehr mit einem Südtiroler Stipendium das grenzüberschreitende „Südtiroler-Modell“ der Facharzt-Ausbildung in Anspruch genommen.
„Aber umso mehr mache ich mir Sorgen um unsere sogenannten ,Fascia-B‘-Ärzte“, gibt Stocker laut „Dolomiten“ zu. Davon gebe es leider ein paar, wie Südtirols Ärztekammer-Vizepräsident Dr. Andreas von Lutterotti bestätigt.
Mit dem Brief wollte die Südtiroler Ärztekammer den Chefärzten und der Ärzteschaft die Situation klar darstellen. „Österreichs Ärztekammer sagt nun: Wenn Italien die Ausbildungsorte nicht anerkennt, können wir es auch nicht tun“, erklärt Dr. von Lutterotti laut „Dolomiten“. Für Südtirol, wo ohnehin schon Ärztemangel herrscht, könnte dies gravierende Folgen haben. Jungärzte könnten „weiß Gott wo hingehen, um die Facharztausbildung zu machen – und weiß Gott, ob sie dann noch nach Südtirol zurückkommen“, meint Dr. von Lutterotti.
Damit steckt Südtirol mit seinen Verhandlungen zwischen Österreich und Italien in Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Fachärzteausbildung in einer Sackgasse. „Die Österreichische Ärztekammer sagt, dass sie Südtirols Spitäler nicht mehr als Ausbildungsort für junge auszubildende Fachärzte anerkennen könne, weil sie nicht kontrollieren könne, ob die dortige Ausbildung den österreichischen Rechtsvorschriften und Qualitätsvorgaben entspricht“, erklärt Universitätsprofessor Walter Obwexer, der die Verhandlungen für Südtirol auf österreichischer Seite begleitet. Südtirol würde damit endgültig als Ausbildungsort wegfallen. Laut Obwexer brauche Südtirol dringend eine Lösung.
Die ganze Diskussion hat im Jahr 2014 Rom ins Rollen gebracht. Jungärzten sollte ihr Facharzttitel nicht mehr anerkannt werden, weil diese einen Teil ihrer Ausbildung in ausgewählten Abteilungen in Südtirols Krankenhäusern absolviert hatten. Diese grenzüberschreitende Ausbildungspraxis hatte es allerdings bereits seit Jahren gegeben. In Rom stört aber vor allem der Umstand, dass diese Spitalsabteilungen von keiner italienischen Uni als Ausbildungsstätten akkreditiert waren. Dies hatte für Südtirol bisher die Tiroler bzw. die Österreichische Ärztekammer übernommen, berichtet das Tagblatt Dolomiten.