Von: mk
Bozen – Martha Stocker, Hans Heiss und Carlo Romeo sowie Roberta Dapunt haben bei der Veranstaltung “Zukunft-Erinnerung” der Südtiroler Schicksalsjahre 1919, 1939 und 1969 gedacht.
Poesie und Lyrik, vorgetragen in drei Sprachen von der Gadertaler Lyrikerin Roberta Dapunt, stellten den Startpunkt der Veranstaltung des Landes “Zukunft-Erinnerung” dar. Damit erinnert das Land Südtirol an drei historische Meilensteine, die Südtirols Schicksal wesentlich prägten: 1919 kam Südtirol durch den Vertrag von Saint Germain von Österreich zu Italien, 1939 mussten sich die Südtiroler im Zuge der Option fürs Dableiben oder Gehen entscheiden, 1969 wurde durch die Paketabstimmung der Weg geebnet, der schließlich 1972 zum Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatuts führte. “Unsere Geschichte ist nicht linear, sondern verläuft in Spiralen, in oft nicht voraussehbaren Rhythmen”, umschrieb Historiker Hans Heiss Südtirols (Autonomie-)Geschichte. Gleichzeitig gelte es wachsam zu bleiben und Werte zu wahren, da diese keine Selbstläufer seien, sondern Früchte des täglichen Handelns.
Vertrauen als Basis
Ein Mann, der all diese Daten “erlebt, erlitten und gestaltet” habe, sagte die Historikerin Martha Stocker, ist Silvius Magnago. Magnago gilt als Vater des Autonomiestatutes, der unter anderem in Alcide Berloffa und in Aldo Moro Ansprechpartner gefunden habe, die sich im Vertrauen zueinander auf Kompromisse eingelassen hätten. “Die Politik hat Lösungen durch Kompromiss erzielt, bei dem auf etwas verzichtet wurde, man jedoch gleichzeitig etwas Wichtiges erhalten habe: nämlich gegenseitiges Vertrauen”, sagte Historiker Carlo Romeo.
Das Vertrauensverhältnis politischer Entscheidungsträger wie Magnago und Berloffa sei auch bei Giuseppe Saragat und Bruno Kreisky sowie Aldo Moro und Kurt Waldheim von Bedeutung gewesen: Das gegenseitige Vertrauen der Spitzenpolitiker Österreichs und Italiens sei eine wichtige Grundlage der erreichten Fortschritte. “Hinter jeder Norm steckt eine Geschichte”, hob Historikerin Stocker hervor. Dies sei auch für die vielen Gestalter der Autonomie – Stocker nannte in diesem Zusammenhang die beiden anwesenden Altsenator Roland Riz und Altlandeshauptmann Luis Durnwalder – ein leitendes Motiv gewesen.
Zukunft-Erinnerung
Am heutigen Nachmittag wurde jedoch nicht nur zurückgeschaut, sondern vielfach auch nach vorne. So rief Historiker Hans Heiss dazu auf, das Jahr 2019 als ein “Jahr der politischen Neunerprobe” wahrzunehmen, bei dem die politischen Entscheidungsträger, aber auch die Gesellschaft die schmalen Handlungsspielräume nutzen müsse, um eine nachhaltige Ordnung zu gestalten. Martha Stocker schloss sich dem an, indem sie Begeisterungsfähigkeit wünschte, mit dem man junge Menschen wieder für Autonomie, für Politik, für aktives Mitgestalten gewinnen könne. Auch für Carlo Romeo sei die Verantwortung vor allem den nächsten Generationen gegenüber nun wahrzunehmen.