Neben Landesautonomie auch persönliche Autonomie im Fokus

Tag der Autonomie: Vom Highliner bis zum Protest

Dienstag, 05. September 2023 | 15:14 Uhr

Von: mk

Bozen – Der Südtiroler Landtag hat am Tag der Autonomie 2023 ein vielfältiges Programm geboten: es gab Staunen über die Highline-Überquerung des Silvius-Magnago-Platzes durch Mich Kemeter, reges Interesse an der Vorstellung eines Videos und einer Broschüre in Leichter Sprache, die vom Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und People First für den barrierefreien Zugang zu den anstehenden Landtagswahlen erarbeitet wurden, und persönlichen Austausch mit Abgeordneten beim politischen Speed-Dating.

Was hat eine Überquerung auf einer Highline mit der durch die Autonomie erlangten Möglichkeit zu tun, für die Provinz Bozen eigene Gesetze zu erlassen? „So wie die Schritte eines Slackliners auf dem Seil das Ergebnis einer langen Vorbereitung und Auslotung aller Kräfte sind, so ist auch die Arbeit an den Gesetzen und politischen Akten das Ergebnis eines Suchens nach dem Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Stimmen im Plenum, die die verschiedenen Interessen vertreten”, so die Präsidentin des Südtiroler Landtags, Rita Mattei, bei der Ankündigung der spektakulären Überquerung des Silvius-Magnago-Platzes durch den siebenfachen Weltrekordhalter Basejumper und Highliner aus der Steiermark, Mich Kemeter, der zwischen den Gebäuden des Palais Widmann und dem Landtag über eine Highline balancierte.

Autonomie auf persönlicher Ebene war das zentrale Thema der anschließenden Pressekonferenz, bei der eine Broschüre und ein Erklärvideo in Leichter Sprache vorgestellt wurden, die vom Monitoringausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der Selbstvertretungsgruppe für Menschen mit Lernschwierigkeiten People First erarbeitet wurden, um eine barrierefreie Teilnahme an den Landtagswahlen im Herbst zu gewährleisten. “Dem Präsidium des Südtiroler Landtags ist es ein besonderes Anliegen, die Hindernisse zu beseitigen, auf die die Bürgerinnen und Bürger bei der Ausübung ihres Wahlrechts stoßen können. Deshalb haben wir den Vorschlag der Vorsitzenden der Monitoringausschusses, Gleichstellungsrätin und Volksanwältin Morandini, mit Freude aufgenommen”, so Präsidentin Mattei. An der Pressekonferenz nahmen auch einige Landtagsabgeordnete und die Präsidentin des Tiroler Landtags, Sonja Ledl Rossmann, teil.

Landeshauptmann Arno Kompatscher betonte den Wert der Initiative des Landtags und fügte hinzu: “Die Autonomie ist für alle Menschen, die im Land leben, damit sie alle die besten Chancen haben. Gerade in Zeiten großer Veränderungen darf niemand zurückgelassen werden”. Anschließend dankte er allen, die an der Initiative mitgewirkt haben, und erinnerte daran, dass die Schule, die heute beginnt, ebenfalls integrativ ist.

Robert Mumelter, Vertreter von People First, erinnerte daran, wie sich der Verein seit mehr als 20 Jahren für Menschen mit Lernschwierigkeiten einsetzt: “Im Mai 2020 haben wir der Landtagspräsidentin geschrieben, um eine Broschüre in Leichter Sprache über die Wahlen vorzuschlagen. Es ist wichtig, dass alle an den Landtagswahlen teilnehmen können, deshalb ist heute ein großer Tag für uns”.

Michela Morandini, Vorsitzende des Monitoringausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, sprach ebenfalls von einem “schönen Tag” und erinnerte daran, wie diese Einrichtung die Einhaltung der Bestimmungen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen überwacht. Sie erinnerte an Artikel 9 zum Recht auf Teilhabe in allen Lebensbereichen, an Artikel 19 zum Recht auf ein unabhängiges Leben und die Eingliederung in die Gesellschaft, “und insbesondere an Artikel 29, der die Teilnahme am politischen und öffentlichen Leben vorsieht. Dieses Projekt zielt genau auf die aktive Beteiligung ab”. Das Erklärvideo wurde anschließend im Sitzungssaal des Landtags vorgestellt und ist auf der YouTube-Seite des Landtags https://www.youtube.com/@landtagconsigliocunsei/videos sowie unter www.consiglieradiparita-bz.org/pubblicazioni-.asp verfügbar, wo auch die Broschüre heruntergeladen werden kann.

Die Vertreterinnen und Vertreter des Monitoringausschusses werden den ganzen Nachmittag über den Wahlvorgang informieren. Wahlkabinen, Wahlurnen und vom Landtag vorbereitete Faksimile-Wahlzettel werden es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, ohne Angst eine Probewahl abzugeben. Dies ist nur eine der verschiedenen Veranstaltungen zum Tag der Autonomie, die der Landtag organisiert hat und die am Nachmittag fortgesetzt werden, wie Präsidentin Mattei heute Morgen in Erinnerung rief: das Café der Begegnung ausgerichtet von der WunderBar der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Eisacktal, Beratungsgespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Monitoringausschusses, politische Speed-Datings mit den Abgeordneten des Südtiroler Landtag, zu dem alle Interessierte eingeladen sind (letzter termin um 16.30) sowie, nach einer weiteren Highline-Überquerung des Silvius-Magnago-Platzes um 18.00 Uhr durch Mich Kemeter, ein Vortrag zum Thema “Balanceakt” um 18.30 Uhr, bei dem der Südtiroler Kletterer Florian Riegler und Mich Kemeter eine Parallele zwischen Extremsport und Politik ziehen werden. Auch dies ist eine Gelegenheit, über eine der vielen Facetten des Wortes “Autonomie” nachzudenken.

Arthur Bacher: „Eine Wahlfarce“

Am Rande der Veranstaltung zum Tag der Autonomie gab es auch Kritik: Arthur Bacher, langjähriger Exponent der SVP von Bozen Stadt und Land, nahm heute an der Autonomie-Tagung teil. Anschließend hat er sich vor das Landhaus gestellt, um mit einem Plakat gegen die Aussagen von Landeshauptmann Arno Kompatscher zu protestieren und ihn an die Beschlüsse des vom Südtiroler Landtag eingeführten “Südtiroler-Autonomie-Konvents” zu erinnern.

Auf dem Protestplakat standen folgende Worte: “Vermisst seit 2190 Tagen. Das Abschlussdokument des “Autonomiekonvents”. Bacher kritisiert, dass die mehrheitlich verabschiedeten Beschlüsse des “Südtirol-Autonomie-Konvents” in einer Schublade verschwunden seien. “Der Tag der Autonomie war eine reine Wahlfarce”, erklärte der Ex-SVP-Vertreter wörtlich.

Bezirk: Bozen