Von: mk
Meran – Am Ort des Gedenkens an der Zueggstraße in Meran wurde heute Vormittag im Beisein von Vertretern zahlreicher Zivil- und Militärbehörden ein Kranz niedergelegt, um die Erinnerung an die Verfolgung und die Vernichtung des jüdischen Volkes und an die Deportation militärischer und politischer Gefangener in NS-Konzentrationslager wachzuhalten.
„Wir müssen uns bewusst machen, was diese Erinnerung, deren Zeitzeugen mit jedem Jahr weniger werden, heute noch mit uns zu tun hat“, sagte Bürgermeister Paul Rösch in seiner Ansprache. „Wir müssen erkennen, welch ein Geschenk es ist, in einem Land und einem Europa zu leben, das aus diesen schrecklichen Erfahrungen gelernt, Krieg, Diskriminierung und Gewalt abgeschworen und stattdessen auf Zusammenarbeit, auf Demokratie und auf Menschenrechte gesetzt hat. Und wir müssen verstehen, dass das alles keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass wir auch heute die Augen offen halten müssen, uns engagieren und eintreten müssen für eine freie und offene Gesellschaft, die nicht ausschließt und diskriminiert, die nicht Grenzen zieht und Feindbilder pflegt, sondern nach wie vor im gemeinsamen Gespräch und im friedvollen Austausch nach Lösungen sucht.“
Vizebürgermeister Andrea Rossi rezitierte das Gedicht „Se questo è un uomo“ des Auschwitz-Überlebenden Primo Levi und sagte anschließend: „Die Erinnerung kann uns retten, sie kann uns davor bewahren Fehler zu begehen, aber sie ist auf Menschen angewiesen, die sie aktiv und nicht nur passiv weitertragen. Das ist die Aufgabe für jeden Menschen auf dieser Erde, damit er nicht zum Komplizen des Schreckens und des Wahnsinns wird, die in der Vergangenheit und leider auch noch in der Gegenwart die menschlichte Geschichte geprägt haben und prägen.“
An der Gedenkfeier nahmen auch Stadträtin Madeleine Rohrer, Gemeinderatspräsidentin Francesca Schir, die Ratsmitglieder Giorgio Balzarini, Loris Duso, Peter Enz und Christoph Mitterhofer sowie der Vorsitzende des Meraner Jugendbeirates Daniele Di Lucrezia teil.
Der Ort des Gedenkens wurde am 27. Jänner 2010 auf dem Areal der ehemaligen Bosin-Kaserne offiziell eingerichtet. Fertigestellt wurde die Militäreinrichtung in den Jahren 1938-1939 und zwar für das Kommando der italienischen Grenzwache für den 13. Abschnitt des Alpenwalls, der italienischen Befestigungslinie im Vinschgau und im Passeiertal. Anfangs „Venosta“ getauft, wurde die Kaserne anschließend dem 1941 in Albanien gefallenen und mit der silbernen Ehrenmedaille des italienischen Heeres ausgezeichneten Alpini-Hauptmann Leone Bosin gewidmet. Zwischen 1943 und 1945 diente das Gelände der Wehrmacht als Lager für beschlagnahmtes Material und als Nebenlager des Bozner Durchgangslagers. Nach dem Krieg wurde die Kaserne zum Sitz diverser Gebirgsjägerabteilungen, die insbesondere zur Alpini-Brigade Orobica gehörten. 1991 wurde die Kaserne endgültig aufgelassen.