Kontroverse Debatte

Transit in Tirol: Mattle will Erweiterung von IG-Luft um “IG-Lärm”

Donnerstag, 20. März 2025 | 13:05 Uhr

Von: apa

Der Tiroler Dauerbrenner Transitverkehr hat am Donnerstag einmal mehr den Landtag beschäftigt. In der “Aktuellen Stunde” wartete Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) dabei mit einem Vorstoß in Richtung neuer Bundesregierung auf. Das Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L), das die Immission von Luftschadstoffstoffen geringer hält, solle auch “für Lärm stehen”, das heißt um ein “IG-Lärm” erweitert werden, um der hohen Lärmbelastung gerecht zu werden, erklärte Mattle.

Lkw würden immer sauberer, dank neuer Technologien wie Elektro oder Wasserstoff. Dadurch sollten in Zukunft aber nicht die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen ausgehebelt werden. Deshalb sprach sich der Landeschef für einen zusätzlichen Fokus auf Lärm aus. Die Belastung für die Bevölkerung würde durch die Abrollgeräusche – insbesondere in der Nacht – gleich bleiben. Bei einer Geschwindigkeit über 35 km/h seien die “Abrollgeräusche lauter als der Motor”, ließ der Landeshauptmann wissen. Mattle verwies hinsichtlich seiner “Lärm-Forderung” auch auf einen Passus im Verkehrskapitel der Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS, das er mitverhandelt hatte. Dort hieß es unter anderem, dass Gespräche auf allen Ebenen geführt und Rahmenbedingungen geschaffen würden, “damit Anti-Transit-Maßnahmen umgesetzt, aufrechterhalten und ausgebaut (beispielsweise auf Basis von Lärmbelastung) werden können, die zu einer Entlastung für Mensch und Umwelt, einer Erhöhung der Verkehrs- und Versorgungssicherheit sowie zu mehr Lebensqualität führen.”

Der Landeshauptmann zeigte sich jedenfalls zufrieden mit dem auf Bundesebene Paktierten und sah die Anliegen Tirols darin ausreichend unterstützt bzw. niedergeschrieben. Die Koalition würde sich voll hinter die Tiroler Anti-Transitmaßnahmen, im Bundesland auch “Notwehrmaßnahmen” genannt, stellen. Bei ebendiesen, inklusive dem zuletzt heiß diskutierten Lkw-Nachtfahrverbot, werde es auch bleiben, bis eine große Transit-Lösung gefunden sei. “Es gibt keine faulen Kompromisse und keine Abschaffung der Maßnahmen durch die Hintertür”, betonte Mattle vor den Abgeordneten. Tirol und der Bund müssten weiter “mit der gleichen Sprache” sprechen, auch was das von Tirol, Südtirol und Bayern paktierte “Slot-System” mit buchbaren Lkw-Fahrten über den Brenner betrifft. Einmal mehr mahnte der Landeshauptmann zudem die rasche Realisierung der Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel (BBT) in Deutschland ein.

Kontroverse Debatte um Verkehrskapitel

Nicht weniger zufrieden mit dem Regierungsprogramm auf Bundesebene als der Landeschef zeigte sich Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ), dessen Partei ebendieses zum Thema der “Aktuellen Stunde” gemacht hatte. Das Verkehrskapitel trage eine “Tiroler Handschrift”. Allein sieben Mal werde darin auf “Tirol Bezug genommen.” Auch die Aufrechterhaltung der Fahrverbote sei diesmal “erstmalig niedergeschrieben” worden. Nun gelte es, die Themen an allen Fronten weiter voranzutreiben und unter anderem eine Harmonisierung der grenzüberschreitenden Systeme auf der Schiene zu erreichen sowie neue Verladeterminals auf der Brennerstrecke zu errichten. “Wir übertragen keine Verantwortung, sondern nehmen sie wahr. Und wir stehen für Kooperation und Lösungsmöglichkeiten, und nicht für Kampfrhetorik und Klagen”, setzte Zumtobel zudem zu einem Seitenhieb gegen Italien an, das Österreich wegen der Tiroler Maßnahmen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt hatte.

Durchaus scharfe Kritik an der schwarz-roten Landesregierung sowie den Verkehrs-Vorhaben im Bund übten die Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz und Grüne. FPÖ-Verkehrssprecherin Evelyn Achhorner merkte an, dass eine Harmonisierung des Bahnverkehrs aus ihrer Sicht nicht möglich sein werde – zumindest nicht kurz- und mittelfristig. Daran werde sich auch in sieben Jahren, wenn der Brennerbasistunnel in Betrieb sein wird, nichts geändert haben. FPÖ-Chef und Klubobmann Markus Abwerzger erinnerte zudem an Stimmen aus dem schwarzen (Wirtschaftskammer)-Lager, die eine Aufweichung oder gar Aufhebung des Lkw-Nachtfahrverbots verlangt hätten. Dies sei kontraproduktiv.

“Papier ist geduldig. Das ist nichts als eine Ansammlung von Stehsätzen, Überschriften und Lippenbekenntnissen”, meinte indes Liste Fritz-Chefin Andreas Haselwanter-Schneider zum Verkehrskapitel auf Bundesebene: “‘Strategie’, ‘Bekenntnis’, ‘entwickeln’ – mehr steht da nicht drinnen.” Dasselbe gelte auch für die Landesregierung, erinnerte sie etwa an die “Kufsteiner Erklärung” zum “Slot-System” vor zwei Jahren, die ebenfalls weiter der Umsetzung harre: “Auch hier ist Papier geduldig.”

Grünen-Mair mit “Karotten-Auftritt”

Besonders scharf mit der Transit-und Verkehrspolitik der ÖVP und von Landeshauptmann Mattle ging der frühere Koalitionspartner auf Landes- wie Bundesebene, die Grünen, ins Gericht. Bei den “Lärm-Ansagen” Mattles handle es sich um nichts anderes als die “größte Karotte Tirols”, die man der Bevölkerung vor die Nase halte, polterte Klubobmann Gebi Mair. “Sagen Sie das doch etwa einmal den lärm-und verkehrsgeplagten Menschen entlang der Fernpassstrecke”, rief Mair dem Landeschef emotional zu. Und hatte eine überdimensionierte “Plüsch-Karotte” mit Smiley zum Rednerpult mitgebracht.

NEOS-Klubobfrau Birgit Obermüller, Neo-Koalitionspartner der ÖVP auf Bundesebene, konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung vor allem auf die pinke Forderung nach einer Abschaffung des Dieselprivilegs. Da werde man weiter dran bleiben, auch wenn sich die “Lobby”auf ÖVP-Seite noch dagegen stemme. Es werde “harte Verhandlungen” geben, so Obermüller, und verwies auf einen Passus im Regierungsübereinkommen, das auf eine solche Abschaffung hinauslaufe.

Einstimmig angenommen wurde übrigens ein Dringlichkeitsantrag der oppositionellen FPÖ, in dem ein “Transit-Schulterschluss für die Gesundheit” der Menschen gefordert wurde. Auch ein ÖVP-Zusatzantrag inklusive “Slot-System” und Harmonisierung des Bahnverkehrs fand einhellige Zustimmung.

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