Von: apa
Tirol, Südtirol und Bayern haben ihre Vorbereitungen zur Einführung eines “Slot-Systems” – einer Autobahn mit buchbaren Lkw-Fahrten auf der transitgeplagten Brennerstrecke – soweit abgeschlossen. Nun liege es an den Nationalstaaten Österreich, Deutschland und Italien, die zur Umsetzung einen Staatsvertrag unterzeichnen müssten, hieß es von der schwarz-roten Tiroler Landesregierung. Das Bundesland wolle nun “Druck auf die Staaten” ausüben und behielt sich einen Alleingang vor.
Die Tiroler Landesregierung wolle nun mit Bayern und Südtirol einen “finalen Bericht” über die Funktionsweise eines Slot-Systems auflegen. Dieser beinhalte die technische digitale Lösung, die rechtlichen Möglichkeiten und die Empfehlungen an die Nationalstaaten zur Umsetzung. Zudem beabsichtige Tirol, sich mit einem Schreiben an die Verkehrsminister in Berlin, Wien und Rom zu wenden und auf “trinationale Gespräche mit Unterstützung der Europäischen Kommission” zu drängen. Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) sah nun “die Nationalstaaten am Zug”. “Sollten die Nationalstaaten der drei Regionen dabei nicht unterstützen, behält sich die Tiroler Landesregierung vor, gemeinsam mit der österreichischen Bundesregierung eine nationale Umsetzung zu prüfen”, sagte Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) einmal mehr.
Ebenfalls auf Tiroler Ebene wird eine Simulation der verschiedenen Verkehrsmaßnahmen am Brennerkorridor mit dem heimischen Autobahnbetreiber Asfinag ausgearbeitet. Auf Basis dieser Modelle sollen der Kommission sowie den Nationalstaaten die Vorteile und Funktionalität eines Slot-Systems gezeigt werden. “Es gilt zudem aufzuzeigen, wie eine Pilotphase eines Brenner-Slot-Systems ausgestaltet werden kann”, hieß es. Nachdem die Brennerroute wohl “eine der bestuntersuchten Transitrouten Europas” sei, verfüge man über das nötige Datenmaterial, sagte Martin Gassner, Vorstand der Abteilung für Mobilitätsplanung.
Der Europarechtsexperte Walter Obwexer betonte indes einmal mehr, dass ein solches Slot-System nur mit einem völkerrechtlichen Vertrag rechtlich möglich sei. “Allerdings muss die Zahl der Slots auf technischer Ebene definiert werden, an der maximalen Kapazitätsgrenze der Infrastruktur ausgerichtet sein und ihre Vergabe darf niemanden diskriminieren”, führte der Jurist aus, der das Land regelmäßig in EU-Fragen berät.
Dass Italien und Deutschland einem solchen Slot-System angesichts der von Tirol bekräftigten Beibehaltung seiner Anti-Transitmaßnahmen zustimmen werden, galt zuletzt aufgrund diverser Äußerungen der Proponenten als nicht sehr wahrscheinlich. Italien strengte sogar eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, um Maßnahmen wie Blockabfertigung und Nachtfahrverbot zu Fall zu bringen. Die Klage soll bis Ende Juli eingebracht sein. Auch aus Berlin tönte es wenig begeistert. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) bekundete hingegen ihre Unterstützung.
Auf regionaler Ebene herrscht jedenfalls seit dem Vorjahr “Slot-Einigkeit”. Mattle hatte im April 2023 gemeinsam mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Kufstein eine politische Erklärung abgegeben, in der sich die Regionen zum Slot-System bekannten.