Von: apa
Wegen georteter regionaler Verkehrsbelastung stellen das Transitforum Austria-Tirol und Bürgerinitiativen der ÖVP/SPÖ-Landesregierung die Rute ins Fenster und lehnen das von dieser forcierte “Fernpasspaket” ab. “Die Bevölkerung wird eingesperrt, weil sich niemand kümmert”, kritisierte Obmann Fritz Gurgiser am Donnerstag. Gefordert wurden ein Verkehrskonzept, die Überarbeitung des 7,5-Tonnen-Lkw-Fahrverbots und staufreie Verkehrsdosierung. Die Regierung sah sich bereits tätig.
Für die staufreie Verkehrsdosierung gelte eine Frist bis Jahresende, ließ Gurgiser gen Landhaus wissen. Bereits jetzt seien eigentlich Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie Schutz der Bevölkerung rechtlich vorgesehen, betonte der Transitforum-Chef bei einem Pressegespräch im Hotel Schloss Fernsteinsee an der viel befahrenen Fernpassstraße (B179) mit Verweis auf geltende Bestimmungen wie die Straßenverkehrsordnung. “Da steht nicht drin, dass die Behörden für Stau zu sorgen haben”, kritisierte der Transitforum-Chef. Vielmehr gelte es, bestehende Gesetze umzusetzen. Dass etwa Dosierampeln für Stau sorgen würden, sei “ein Novum”. Die Landesregierung sei aufgefordert, hier bis Jahresende die Programmierung entsprechend anzupassen. “Man kann in begrenztem Raum nicht unbegrenzt Verkehr zulassen”, betonte Gurgiser.
Im bestehenden Zustand sei man zudem mit “Staukosten ohne Ende” konfrontiert, merkte Gurgiser an. Bei der entsprechenden Fristsetzung handle es sich um eine “faire Forderung”. Würde man das Stauproblem ordentlich lösen, seien auch nicht “an jeder Ecke Abfahrverbote nötig”. Man müsse das Verkehrsproblem “an den Ursachen lösen, nicht an den Symptomen”, fasste Gurgiser zusammen. Die eigene Landespolitik mache stattdessen aktuell “Lebensraum kaputt”. Das von der Landesregierung avisierte “Fernpasspaket” sei indes ein “reines Bauprojekt” und keine taugliche Entlastung der Bevölkerung. “‘Verkehr ist Leben’ ist vorbei”, so Gurgiser, vielmehr gelte mittlerweile: “Verkehr vernichtet Leben”.
Die schwarz-rote Tiroler Landesregierung hatte zuletzt ein 500 Mio. Euro schweres “Fernpasspaket” unter anderem mit Bau des Fernpasstunnels und einer zweiten Röhre des Lermooser Tunnels mitsamt Einhebung einer Maut angekündigt. Für Gurgiser galt indes: “Wir haben nicht zu wenige Straßen, wir haben zu viel Verkehr.” Das sei als “klare Botschaft” an die Landesregierung gedacht. In Sachen Verkehr gelte es, “zurück zu den Ursachen” zu gehen.
Von einem “7,5-Tonnen-Märchen” sprach indes Dietmar Leiter von der Bürgerinitiative Gurgeltal, Außerfern und Mieminger Plateau in Bezug auf geltende Schwerverkehrlimits auf der Fernpassstraße. Von dem vor 14 Jahren erlassenen geltenden Fahrverbot auf der B179 seien durch einen Vollzugserlass nämlich umfassende und nicht mehr zu kontrollierende Ausnahmen umfasst. Diese würden “über den eigentlichen Landesbeschluss hinausgehen”. Demnach seien Ziel- und Quellverkehr ausgenommen, jedoch gelte das auch für Schwerverkehr mit nur teilweise für die betreffenden Regionen vorgesehener Ladung. Wenn ein Lkw beispielsweise “nur eine Kiste Orangen” an Ort und Stelle abladen würde und ansonsten Ware für entferntere Regionen geladen habe, gelte für diesen dennoch freie Fahrt. “Wie soll die Exekutive das kontrollieren?”, mahnte Leiter entsprechende Reformen ein.
Um den Verkehr besser steuern zu können, forderte man zudem ein Gesamtverkehrskonzept für die betreffenden Bezirke Reutte, Imst und Landeck sowie unter Einbezug der Nachbarregionen Südtirol und Bayern ein. Ohne ein solches werde es “keine Lösung für eine Entlastung der Bevölkerung geben”, betonte Armin Gadner von der Initiative. Immerhin sei die Region enorm durch Stau belastet und nach Wien “zweiter Stau-Hotspot” Österreichs.
Die Forderungen seien jedenfalls nicht als Angriff auf den Tourismus oder andere Wirtschaftszweige zu verstehen, wurde unisono betont. Diese seien allesamt wichtig, jedoch müsse der damit verbundene Verkehr gesteuert und dies im Verkehrskonzept berücksichtigt werden. Dass man sich etwa aufgrund von erreichter Spitzen im Winter auch auf Sommertourismus konzentriere, sei in Ordnung, bekannte Gurgiser. Jedoch dürfe dies nicht zulasten der lokalen Bevölkerung gehen: “Was nicht geht, ist 52 Wochen Stau im Jahr.”
Oberstes Ziel sei bereits jetzt die Entlastung der Bevölkerung, betonte indes Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) in einer Reaktion gegenüber der APA. Maßnahmen einschließlich des Fernpasspakets fußten bereits auf einem “Gesamtverkehrskonzept, das interne und externe FachexpertInnen entwickelt haben und das auch ständig weiterentwickelt wird”. Das 7,5-Tonnen-Lkw-Fahrverbot sei bereits aktuell “so streng wie nur irgendwie möglich ausgelegt”. Eine noch strengere Auslegung würde heimische Unternehmen betreffen und mitunter die Versorgung in der Region einschränken. Die Dosieranlagen würden bereits “auf Optimierungspotenzial begutachtet”. “Für eine staufreie Dosierung fehlt mir allerdings die Fantasie”, schloss Zumtobel.
Der für Landesstraßen zuständige Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) betonte, dass etwa der Bau der zweiten Röhre des Lermooser Tunnels “ausschließlich” dazu diene, “die dringend geforderten Sicherheitsstandards zu erfüllen und die heimische Bevölkerung allen voran in den Gemeinden Lermoos, Ehrwald und Biberwier zu entlasten.” So könne im Fall von Unfällen im Tunnel oder betriebsbedingten Sperren der Verkehr künftig im Gegenverkehr durch die nicht betroffene zweite Röhre geführt werden, sodass Umleitungen durch die Ortschaften vermieden werden. Man habe Gurgiser all das bereits fachlich untermauert mehrmals mitgeteilt. Ein Gesprächsangebot habe dieser erst vor wenigen Wochen einseitig abgelehnt. “Der Verkehr wird nicht verschwinden”, meinte der Landeshauptmannstellvertreter in Richtung des Transitforum-Obmannes.
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