Von: APA/AFP/dpa/Reuters
US-Präsident Donald Trump hat in einem Interview klargestellt, dass die Schwarzmeerhalbinsel Krim bei einem Friedensvertrag in russischer Hand bleiben werde. “Die Krim wird bei Russland bleiben. Und (der ukrainische Präsident) Selenskyj versteht das, und jeder versteht, dass die Krim seit Langem zu Russland gehört”, sagte Trump in einem Interview des “Time”-Magazins. Russland hatte die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel 2014 besetzt und danach völkerrechtswidrig annektiert.
Am Donnerstag hatte Trump auf die Frage nach der Krim erklärt, die Ukraine habe die Halbinsel vor Jahren verloren: “Können Sie sie zurückbekommen? Ich glaube, das wird sehr schwierig werden.” Einen Tag zuvor hatte er Selenskyj für dessen Weigerung scharf kritisiert, die Besetzung der Krim zu akzeptieren. Er warf ihm vor, damit den Krieg zu verlängern. “Wenn er die Krim haben will, warum haben sie dann nicht schon vor elf Jahren um sie gekämpft, als sie ohne einen Schuss an Russland übergeben wurde?”
Trump gibt Kiew Schuld an Krieg wegen NATO-Beitrittswunsch
In dem “Time”-Interview warf Trump der Ukraine auch vor, mit ihrem Wunsch nach einem NATO-Beitritt den Krieg verursacht zu haben. “Ich glaube, was den Krieg auslöste, war, als sie anfingen, über einen NATO-Beitritt zu sprechen. Wenn das nicht gemacht worden wäre, wäre die Chance, dass er (der Krieg) nicht begonnen hätte, viel größer gewesen.” Trump sagte auch, er glaube nicht, dass die Ukraine jemals NATO-Mitglied werden könne.
Teile eines möglichen Abkommens zwischen Russland und den USA zur Beendigung des Ukraine-Kriegs benötigen laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow noch eine “Feinjustierung”. Lawrow sieht die Verhandlungen auf einem guten Weg. Lawrow sieht die Verhandlungen auf einem guten Weg. “Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen”, so der Chefdiplomat. Man sei bereit für einen Deal.
Kreml bringt “direkte” Gespräche mit Kiew ins Spiel
Der russische Machthaber Wladimir Putin traf indes den US-Sondergesandten Steve Witkoff. Die beiden sprachen nach Angaben des Kreml auch über die Möglichkeit “direkter” Gespräche zwischen Russland und der Ukraine. “Es gab ein dreistündiges Gespräch, das konstruktiv und sehr nützlich war”, sagte der Kreml-Berater Juri Uschakow vor Reportern. Das Gespräch habe die Meiniungsverschiedenheiten bei der Beendigung des Ukraine-Krieges verringert, so Uschakow. Es sei “die Möglichkeit einer Wiederaufnahme direkter Verhandlungen zwischen Vertretern der Russischen Föderation und der Ukraine” besprochen worden. Putin und Witkoff waren am Freitag zu ihrem vierten Treffen seit dem Amtsantritt Trumps zusammengekommen.
Trump zuversichtlich
Trump zeigte sich zuversichtlich, dass es bald ein Friedensabkommen geben wird. Aus seiner Sicht kommt der Kreml der Ukraine sogar bereits entgegen, indem Russland sein Nachbarland nicht mehr komplett erobern will. “Den Krieg zu beenden und nicht das ganze Land einzunehmen? Ein ziemlich großes Zugeständnis”, sagte Trump zu der Frage nach den Zugeständnissen Moskaus in den Verhandlungen.
Das russische Militär kontrolliert seit dem Einmarsch in die Ukraine etwa ein Fünftel des Nachbarlandes – ein Anteil, der sich trotz der anhaltenden Kämpfe in drei Kriegsjahren nur wenig verändert hat. Es deutet also nichts darauf hin, dass die russischen Truppen die Ukraine aktuell komplett einnehmen könnten.
Klitschko: Für Frieden Gebiete an Russland abtreten
Die Ukraine muss nach Einschätzung des Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, für einen Frieden womöglich “vorübergehend” Gebiete an Russland abtreten. Klitschko sagte am Freitag dem britischen Sender BBC, eines der “Szenarien” sei es, “Territorium aufzugeben”. “Das ist nicht fair”, sagte der frühere Boxweltmeister weiter. Für einen Frieden könne dies aber “vielleicht eine Lösung sein, vorübergehend”.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj müsse womöglich einer “schmerzhaften Lösung” zustimmen, um zu einem Frieden zu gelangen, sagte Klitschko weiter. Die Ukrainer würden aber “niemals” eine russische “Besatzung” akzeptieren.
Europäischer Gegenvorschlag mit erheblichen Differenzen
Führende europäische Staaten und die Ukraine haben in dieser Woche nach Reuters-Informationen einen Gegenvorschlag zum US-Friedensplan unterbreitet. Es zeigen sich zum Teil erhebliche Differenzen, wie aus den von Reuters eingesehenen Vorschlägen der Europäer und der Ukraine einerseits und der USA andererseits hervorgeht. Diese betreffen die Kontrolle über die von Russland besetzten Gebiete, die Diskussion über eine Aufhebung von Sanktionen gegen Russland, die Frage eher vager oder spezifischer Sicherheitsgarantien in Falle eines Waffenstillstands sowie die Größe des ukrainischen Militärs.
Im Witkoff-Papier wird die de jure Anerkennung der russischen Kontrolle über die bereits 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim gefordert. Zudem soll die de facto Kontrolle Russlands über die im 2022 begonnenen Krieg besetzten Territorien im Osten und Süden der Ukraine akzeptiert werden. Der europäische Vorschlag enthält keinerlei Anerkennung russischer Kontrolle über ukrainisches Gebiet. Vielmehr soll über diese Frage detailliert beraten werden, sobald es einen Waffenstillstand gibt.
Selenskyj schließt Gebietsabtretungen aus
Selenskyj hatte Gebietsabtretungen an Russland unter Verweis auf die Verfassung seines Landes kategorisch ausgeschlossen. Zudem wies er auf die Krim-Erklärung der USA von 2018 hin, in der Russland zum Rückzug von Halbinsel aufgefordert wird. “Die Ukraine wird immer im Einklang mit ihrer Verfassung handeln, und wir sind absolut sicher, dass unsere Partner – insbesondere die USA – sich an ihre starken Entscheidungen halten werden”, sagte Selenskyj in einer auf Telegram und auf der Plattform X veröffentlichten Mitteilung.
Deutschland: Kein Diktatfrieden
Die geschäftsführende deutsche Regierung besteht angesichts der Verhandlungen zwischen Russland und den USA über ein Ende des Ukraine-Kriegs auf der Eigenständigkeit des angegriffenen Landes. “Entscheidend ist, dass die Souveränität der Ukraine gewahrt wird, und dass die Ukraine entscheiden muss, was für sie wichtig ist. Kein Friedensschluss ohne eine Zustimmung der Ukraine”, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin. Sie verwies auf entsprechende Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj.
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