Von: APA/dpa/AFP/Reuters
Die USA haben auf Befehl von Präsident Donald Trump mit massiven Luftangriffen gegen die vom Iran unterstützte Houthi-Miliz im Jemen begonnen. Die Attacken auf Stützpunkte, Raketenabwehrstellungen und Anführer sollten US-Schiffe schützen und die Freiheit der Schifffahrt wiederherstellen, schrieb Trump in der Nacht auf Sonntag auf seiner Plattform Truth Social. Nach jüngsten Angaben der Houthi wurden dabei mehr als 50 Menschen getötet. Der Iran verurteilte die Angriffe scharf.
Die mit Israel verfeindete Houthi-Miliz hatte vor einigen Tagen angekündigt, ihre Angriffe auf Schiffe, die das Rote Meer und nahe gelegene Gewässer durchqueren, wieder aufzunehmen. Laut den Houthi trafen Luftangriffe des amerikanischen und britischen Militärs Wohngebiete nördlich der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Dem Sender BBC zufolge war Großbritannien aber wohl nicht beteiligt.
Die Houthi-Miliz hatte seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 immer wieder Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden sowie Ziele in Israel mit Drohnen und Raketen angegriffen – eigenen Angaben zufolge “aus Solidarität” mit den Palästinensern im Gazastreifen. Nach einer Unterbrechung seit Beginn der Waffenruhe im Gazastreifen am 19. Jänner drohte die Miliz am Dienstag mit neuen Angriffen auf israelische Schiffe, auch im Arabischen Meer und in der Straße von Baba al-Mandab.
Houthi drohen mit Eskalation
Das US-Regionalkommando Centcom sprach von einer Reihe von “Präzisionsschlägen” im gesamten Jemen. Die Angriffe dürften noch Tage oder vielleicht sogar Wochen andauern, zitierten US-Medien Vertreter des Militärs. Laut dem “Wall Street Journal” gehörten zu den Zielen auch die Häuser von Houthi-Anführern in der Hauptstadt Sanaa. Die Angriffe hätten das Viertel Jeraf, eine Houthi-Hochburg, getroffen sowie die Provinzhauptstadt Sadah, die die Heimatbasis der Miliz sei. Laut der jemenitischen Nachrichtenagentur Saba, die von der Miliz kontrolliert wird, wurde in Sadah ein Kraftwerk angegriffen. In der Stadt und ihren Vororten sei der Strom ausgefallen.
Houthi-Sprecher Mohammed al-Bukhaiti drohte auf der Plattform X Vergeltung an: “Wir werden Eskalation mit Eskalation begegnen.” Sie habe “als Antwort auf diese Aggression” den US-Flugzeugträger “USS Harry Truman” und Begleitschiffe im Roten Meer mit 18 Raketen und einer Drohne angegriffen. In einer Fernsehansprache drohte der Houthi-Anführer Abdulmalik al-Houthi zudem mit Angriffen auf US-Frachtschiffe im Roten Meer. Für Montag rief er seine Landsleute auf, “millionenfach” auf die Straße zu gehen.
US-Kampfjets schossen einem Insider zufolge insgesamt 11 Drohnen ab, die von den Houthi im Jemen auf den Weg gebracht wurden. Die Drohnen seien nicht in die Nähe des Flugzeugträgers Harry S. Truman gekommen, sagte ein US-Vertreter, er anonym bleiben wollte. Der US-Vertreter erklärte, das US-Militär habe auch eine Houthi-Rakete verfolgt, die im Flug versagt habe und in den Gewässern vor Jemen niedergegangen sei. Das US-Militär habe keine Maßnahmen ergriffen, weil die Rakete nicht als Bedrohung angesehen worden sei.
Trump warnt den Iran
An die Adresse des Irans gerichtet schrieb Trump zuvor, die Unterstützung für die Houthi-Terroristen müsse sofort beendet werden. Die Führung der Islamischen Republik dürfe weder das amerikanische Volk, dessen Präsidenten noch die weltweiten Schifffahrtsrouten bedrohen. “Seien Sie gewarnt, denn Amerika wird Sie zur Rechenschaft ziehen, und wir werden nicht nett zu Ihnen sein!”, schrieb Trump. Die Houthi-Miliz wird ebenso wie die islamistische Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon von Israels Erzfeind Iran unterstützt.
Scharfe Kritik aus dem Iran
Irans Außenminister Abbas Araghchi erwiderte auf X, die Regierung der Vereinigten Staaten habe “nicht die Autorität”, die iranische Außenpolitik “zu diktieren”. Er forderte, die Tötung von Menschen im Jemen zu stoppen. “Diese Angriffe, die zum Tod Dutzender unschuldiger Jemeniten führten, sind eine eklatante Verletzung der UN-Charta und werden die Sicherheit der Region einem beispiellosen Risiko aussetzen”, sagte auch Außenamtssprecher Ismail Baghai. Internationale und insbesondere islamische Organisationen sollten “umgehend gegen die Fortsetzung des Völkermords und der ethnischen Säuberungen im Jemen vorgehen”, zitiert die staatliche Nachrichtenagentur Sana den Sprecher.
Die Houthi beherrschen große Gebiete vor allem im Jemen. Sie hatten nach Ausbruch des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Oktober 2023 damit begonnen, den jüdischen Staat aus Solidarität mit der Hamas mit Raketen und Drohnen anzugreifen. Zudem begannen sie damit, vor allem Schiffe mit angeblicher Verbindung zu Israel zu beschießen. An der Küste des Jemen führt eine der für den Welthandel wichtigsten Schifffahrtsrouten entlang, durch die Frachter vom Indischen Ozean über den Suezkanal in Ägypten das Mittelmeer erreichen.
USA: Hunderte Houthi-Angriffe auf Schiffe
Seit 2023 hat die Houthi-Miliz nach Pentagon-Angaben 174 Mal US-Kriegsschiffe und 145 Mal Handelsschiffe angegriffen. Die Houthi hätten eine unerbittliche Kampagne der Gewalt und des Terrorismus gegen Schiffe und Flugzeuge der USA und anderer Länder geführt, schrieb Trump auf Truth Social. Die Regierung seines Vorgängers Joe Biden hatte mit mehr als 200 Angriffen gegen Stellungen der Houthi versucht, die Miliz zu schwächen. Wenige Wochen nach Trumps Regierungsantritt stuften die USA sie Anfang dieses Monats wieder als ausländische Terrororganisation ein.
Trump habe nach dieser Entscheidung das Pentagon angewiesen, militärische Pläne zur Bekämpfung der Miliz vorzubereiten, schrieb die US-Nachrichtenseite “Axios”. Als die Huthi kürzlich eine US-Militärdrohne abschossen, seien die Vorbereitungen für Angriffe beschleunigt worden. Am Freitag habe Trump dann den Angriffsplan genehmigt, bevor er am Tag darauf den Einsatzbefehl erteilte. Die US-Regierung habe eine kleine Anzahl wichtiger Verbündeter im Voraus über die Angriffe informiert, berichtete “Axios”.
Rubio spricht mit Lawrow: Houthi-Angriffe werden nicht toleriert
US-Außenminister Marco Rubio sprach unterdessen nach Angaben seines Ministeriums mit dem russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow und informierte ihn über die Militäreinsätze gegen die Houthi. Rubio habe betont, dass weitere Angriffe auf amerikanische Militär- und Handelsschiffe im Roten Meer nicht toleriert würden.
Das “Wall Street Journal” hatte im Herbst berichtet, dass Russland die Houthi-Miliz bei ihren Angriffen auf Schiffe im Roten Meer mit Satellitendaten unterstütze. Die Zieldaten seien über Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden, der Elitestreitmacht des Landes, an die Huthi übermittelt worden, hatte die US-Zeitung damals unter Berufung auf angeblich informierte Kreise berichtet. Nach einem damaligen Bericht der “Financial Times” unterstützte die Houthi-Miliz wiederum Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Hunderten jemenitischen Söldnern.
Israel will indirekte Verhandlungen mit Hamas fortführen
Nach Inkrafttreten einer brüchigen Waffenruhe im Gazastreifen stellte die Houthi-Miliz ihre Angriffe auf Schiffe im Jänner zwar vorübergehend ein. Als Israel kürzlich jedoch sämtliche Hilfslieferungen in den Gazastreifen stoppte, um die Hamas zur Freilassung der dort verbliebenen israelischen Geiseln zu drängen, kündigten die Houthi Anfang der Woche an, ihre Angriffe auf Schiffe wieder aufzunehmen. Die israelische Seite habe sich nicht an das Waffenruhe-Abkommen gehalten, schrieb Houthi-Sprecher al-Bukhaiti auf X.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu wies sein Verhandlungsteam am Abend an, sich auf weitere Gespräche über eine Fortsetzung der Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln vorzubereiten, wie sein Büro mitteilte. Grundlage dafür sei ein neuer Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff, der die sofortige Freilassung von elf lebenden Geiseln und die Aushändigung der Hälfte der Leichen beinhalte, hieß es. Netanyahu und mehrere Minister hatten sich zuvor von Israels Verhandlungsteam über den Stand der Vermittlungsgespräche informieren lassen.
Die Hamas und andere Islamistengruppen im Gazastreifen haben nach israelischen Informationen noch 24 lebende Geiseln und 35 Leichen in ihrer Gewalt. Fünf der Verschleppten haben neben der israelischen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, nur einer von ihnen soll aber noch am Leben sein. Das jüngste Angebot der Hamas, ihn im Gegenzug für Verhandlungen über den vollständigen israelischen Abzug aus dem Gazastreifen freizulassen, lehnten Israel und die USA ab. Sollten die Vermittlungsbemühungen der USA, Ägyptens und Katars scheitern, könnte der Krieg wieder aufflammen.
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