Drastischer Schritt nach Eklat im Weißen Haus am Freitag

Trump stellt Militärhilfe für die Ukraine vorerst ein

Dienstag, 04. März 2025 | 11:16 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

US-Präsident Donald Trump hat nach seinem Streit mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Militärhilfen für die Ukraine vorübergehend gestoppt. Dies sagte ein Beamter des Weißen Hauses, der nicht genannt werden wollte, in der Nacht auf Dienstag. Das Weiße Haus hat bisher keine offiziellen Angaben zum Umfang der betroffenen Militärhilfen oder zur Dauer des einstweiligen Stopps gemacht.

“Der Präsident hat deutlich gemacht, dass es ihm um den Frieden geht. Wir brauchen Partner, die sich ebenfalls für dieses Ziel einsetzen. Wir halten inne und überprüfen unsere Hilfe, um sicherzustellen, dass sie zu einer Lösung beiträgt”, sagte der Beamte. Damit bestätigte er vorangegangene Medienberichte. Der US-Fernsehsender Fox News und Bloomberg hatten zuvor unter Bezug auf einen nicht genannten Beamten der Trump-Regierung über eine Pausierung der Militärhilfe berichtet. Demnach werde die Pause so lange dauern, bis Trump feststelle, dass die ukrainische Führung guten Willen zum Frieden zeige.

Die angekündigte Aussetzung der Militärhilfe bezieht sich offenbar hauptsächlich auf bereits genehmigte, aber noch nicht ausgezahlte Hilfen. Trump hat seit seinem Amtsantritt keine neuen Hilfen im Rahmen seiner eigenen Befugnisse genehmigt, und ein neues Hilfspaket des Kongresses erscheint zumindest kurzfristig unwahrscheinlich.

Lob aus Moskau und Budapest, Kritik aus Paris

Russland, das die Ukraine vor drei Jahren überfallen hatte, hat mit Freude auf Berichte über die Aussetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine reagiert. “Die Details bleiben abzuwarten, aber wenn es wahr ist, ist es eine Entscheidung, die tatsächlich das Kiewer Regime in Richtung eines Friedensprozesses bewegen kann”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Auch Ungarn, das enge Kontakte zu Russland wie auch zu Trump pflegt, stellte sich hinter die Entscheidung des US-Präsidenten, die Militärhilfe für die Ukraine auszusetzen. Der US-Präsident und die ungarische Regierung hätten dieselbe Position, teilt ein ungarischer Regierungssprecher mit. Statt weiterer Waffenlieferungen und der Fortsetzung des Krieges seien ein sofortiger Waffenstillstand und Friedensgespräche erforderlich. Zudem kündigte die Regierung auf der Online-Plattform X an, dass Außenminister Péter Szijjártó noch im Tagesverlauf seinen US-Amtskollegen Marco Rubio in Washington treffen werde.

Frankreich hat hingegen die Entscheidung der USA kritisiert. Dies stärke die Position Russlands und erschwere es, einen Frieden zu erreichen, sagt der französische Europa-Staatssekretär Benjamin Haddad, am Dienstag dem Sender France 2. Grundsätzlich rücke eine Entscheidung, die Waffenlieferungen an die Ukraine auszusetzen, einen Frieden weiter in die Ferne, “denn sie stärkt nur die Position des Aggressors vor Ort, das ist Russland”.

Trump kündigt Äußerung zu Rohstoffabkommen an

Am Montag hatte US-Präsident Trump erneut erklärt, Selenskyj solle mehr Dankbarkeit für die Unterstützung der USA zeigen. Zuvor hatte er ärgerlich auf einen Bericht der amerikanischen Nachrichtenagentur AP reagiert, in dem Selenskyj mit den Worten zitiert wurde, das Ende des Krieges sei noch “sehr, sehr weit weg”. “Das ist die schlimmste Aussage, die Selenskyj machen hätte können, und Amerika wird sich das nicht mehr lange gefallen lassen!” schrieb Trump auf seiner Online-Plattform Truth Social.

Trump hatte jedoch am Montag auch angedeutet, dass das angedachte Rohstoffabkommen mit der Ukraine weiterhin möglich sei. Es sei ein “sehr guter Deal” für die USA. Trump kündigte an, am Dienstagabend um 21.00 Uhr (Ortszeit; 3.00 Uhr MEZ) in einer Rede vor beiden Kammern des Kongresses mehr dazu bekannt zu geben.

Ukraine betont Bedeutung der USA für eine Friedenslösung

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte am Montag in seiner abendlichen Videoansprache noch einmal die Bedeutung der USA für eine Friedenslösung unterstrichen. Die Ukraine, ganz Europa und Amerika könnten gemeinsam für Jahrzehnte der Stabilität sorgen. “Um dies zu erreichen, müssen wir konstruktiv sein, zusammenarbeiten, die Vorschläge des anderen ergänzen und die Diplomatie zur Beendigung des Krieges beschleunigen”, erklärte Selenskyj. Das ukrainische Parlament stellte sich in einer Erklärung hinter die diplomatischen Bemühungen des ukrainischen Präsidenten. Friedenssichernde Maßnahmen des US-Präsidenten Trump seien “entscheidend” für die Beendigung des Krieges, teilte das Parlament mit.

Wie lange reicht der Waffen- und Munitionsvorrat?

Bisher profitierte das angegriffene Land noch von Waffenlieferungen, die während der Amtszeit von Trumps Vorgänger Joe Biden angestoßen worden waren. Schätzungen gingen bisher davon aus, dass das ukrainische Militär mit den von Biden eingeleiteten Waffenlieferungen noch etwa ein halbes Jahr in der gleichen Intensität weiterkämpfen könne.

Zwar bekommt die Ukraine auch viel Unterstützung von anderen westlichen Ländern. Ob diese den Wegfall der US-Hilfen aber ausgleichen können, ist höchst fraglich. Besonders bei den Raketen für die Flugabwehrsysteme des Typs Patriot sind die Lieferungen aus den USA nicht zu ersetzen. In der Flugabwehr drohen nun Schwachstellen, die das russische Militär für Attacken mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ausnutzen könnte. Für das angeschlagene Energiesystem, Rüstungsfabriken und andere strategisch bedeutsame Angriffsziele der Russen gäbe es kaum Schutz.

“Dieser Typ will keinen Frieden”

Trump hatte Selenskyj zuletzt scharf kritisiert, ihn als “Diktator” und Kriegstreiber beschimpft und seine politische Legitimität infrage gestellt – ebenso wie es zuvor der Kreml getan hatte. Stattdessen suchte der US-Präsident das Gespräch mit Putin und die Nähe zum russischen Präsidenten, der den Krieg gegen die Ukraine mit seinem Angriffsbefehl im Februar 2022 begonnen hatte. Bei Selenskyjs Besuch in Washington überzogen Trump und sein Vize J.D. Vance ihren Gast dann vor den Augen der Weltöffentlichkeit mit harten Vorwürfen und warfen ihm unter anderem mangelnde Dankbarkeit vor.

Zahlreiche westliche Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und NATO hatten am Sonntag – ohne die USA – über den weiteren Kurs im Ukraine-Krieg beraten. Bei dem Treffen in London wurde beschlossen, dass eine Staatengruppe angeführt von Großbritannien und Frankreich mit der Ukraine an einem Friedensplan arbeiten solle, der dann mit den USA erörtert und bestenfalls auch gemeinsam mit Washington umgesetzt werden solle. Danach stichelte Trump auf Truth Social, Selenskyjs Verbündete hätten faktisch eingeräumt, sie seien ohne die Vereinigten Staaten aufgeschmissen. Das sei kein überzeugendes Statement, um gegenüber Russland Stärke zu zeigen.

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