Von: apa
Mehr als 5.000 Aktivistinnen und Aktivisten sind am Freitag trotz teilweise strömendem Regen dem Aufruf von “Fridays For Future” (FFF) zum Klimastreik gefolgt. Dieser stand im Zeichen der EU-Wahl am 9. Juni und für die Zukunft des Green Deals. Der nasse Auftakt erfolgte um 11.00 Uhr in Bregenz, in Linz und in Wien ging es um 16.00 Uhr los. In der Bundeshauptstadt waren es laut Veranstalter rund 4.000 Teilnehmende.
Den Green Deal der EU führen die Aktivistinnen und Aktivisten auch auf eine Rekordbeteiligung von Jungwählerinnen und -wählern bei der vergangenen Wahl im Jahr 2019 zurück. Durch den aktuellen Rechtsruck seien nun allerdings zentrale Elemente des Klimaschutzes in Gefahr – und so lautete das Motto der in insgesamt acht österreichischen Städten fixierten Klimastreiks dann auch “Wählen ist wie Zähneputzen – machst du es nicht, wird’s braun!”.
Um dies zu verhindern waren in Bregenz bei strömendem Regen, zehn Grad Lufttemperatur und Starkwindwarnung für den Bodensee etwa 150 Unentwegte, laut FFF jedoch 300, am “Platz für Menschenrechte” am Bregenzer Hafen für einen Gesinnungswandel angetreten. Die Kundgebung stand unter dem Motto “Wir haben die Wahl” und sollte zur Stimmabgabe bei der EU-Wahl am 9. Juni motivieren. Anstatt wie bei den vorangegangen Klimastreiks mit einem Demonstrationszug auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen, entschied man sich in Vorarlberg dieses Mal für eine Standkundgebung. Mehrere Redner mit kurz gehaltenen Beiträgen und Live-Musik hielten die Aktivisten bei Laune.
In Kärnten waren es 75 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – 100 zählten die Veranstalter-, die in Klagenfurt dem Regenwetter trotzend vom Lindwurm weg quer durch die Innenstadt zogen. “Rechte und konservative” Politiker würden wenig bis nichts gegen die Klimakrise tun, so der Grundtenor, der sich durch die Reden zog – folgerichtig ertönte anlässlich der EU-Wahl am übernächsten Sonntag auch der Slogan “Hoch die internationale Solidarität”. Besonderen Ärger entfachte zudem das in Österreich weiterhin blockierte EU-Renaturierungsgesetz. Diesen Ärger teilten die allen Altersschichten angehörenden Demonstranten auch mit den “Scientists for Future Kärnten”, die just am Freitag zu diesem Thema einen Offenen Brief an den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verschickt hatten.
In der steirischen Landeshauptstadt Graz folgten von den angemeldeten rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern rund die Hälfte dem Ruf zum Protest. Der Demonstrationszug startete gegen 16.15 Uhr am Hauptplatz und zog über die Keplerbrücke zur Franz-Graf-Allee. Demonstriert wurde Freitagvormittag auch schon im obersteirischen Vordernberg: Dort haben sich vier Demonstranten teilweise auf die Fahrbahn geklebt, um die Anfahrt zum Erzbergrodeo zu blockieren. Die Versammlung wurde jedoch von der Polizei aufgelöst.
In Tirol machten Aktivistinnen und Aktivisten in Kufstein und Innsbruck bei ebenfalls durchwegs regnerischem Wetter auf ihre Anliegen aufmerksam. In der Festungsstadt im Tiroler Unterland war der Zulauf äußerst überschaubar. Rund 40 Menschen nahmen an der Demo teil, die laut Polizei ruhig verlaufen war. In der Landeshauptstadt wiederum fand am Nachmittag am zentral gelegenen Marktplatz eine Kundgebung mit – gemäß dem Veranstaltungs-Motto – gemeinsamem Zähneputzen statt.
In Salzburg fanden sich trotz Dauerregens bis kurz vor Demo-Beginn um 15.00 Uhr rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Hauptbahnhof bis vor das Große Festspielhaus ein. Die Stadt hat in der Vergangenheit zwar schon größere Klimaproteste erlebt, der Intensität der lautstark präsentierten Forderungen tat das aber keinen Abbruch. “Die Klimakrise schreitet von Jahr zu Jahr voran und die Auswirkungen werden immer heftiger”, sagte Anika Dafert von Fridays for Future Salzburg, eine der Organisatorinnen der Demo. Der Protest richtete sich dabei auch gegen die schwarz-blaue Landesregierung in Salzburg. “Dieses schwächt unter dem Deckmantel der Energiewende mit Gesetzesnovellen den Naturschutz und die Landesumweltanwaltschaft und legt sich gegen das geplante EU-Renaturierungsgesetz quer”, so Dafert. Die Verantwortlichen würden damit Naturschutz und Klimaschutz gegeneinander ausspielen.
In Linz war der Hauptplatz bei Regen nur zum Teil gefüllt. “Klimaschutz und Demokratie sind durch rechtsextreme Kräfte in Gefahr”, warnten die Organisatoren angesichts der EU-Wahl. Bereits 2019 hätte die Klimabewegung junge Leute an die EU-Wahlurnen gebracht, das wolle man heuer wiederholen. “Diese Wahlen sind richtungsweisend für die EU-Politik der nächsten fünf Jahre”, es gehe um ein friedliches und zukunftsfähiges Europa, betonte Matilda Tauber von “Fridays For Future Linz”. Dann wurden die Demonstrierenden aufgerufen ihre Zahnbürsten zur Dental- und Demokratievorsorge zu zücken. Verstärkung für die Veranstalter kam vom Kabarettisten Berni Wagner.
Zum Auftakt in Wien rief der WWF zu einem “politischen Schulterschluss” für das EU-Renaturierungsgesetz auf. “Naturschutz ist Klimaschutz. Daher braucht es jetzt eine Allianz der Willigen, um das aktuelle Patt zwischen Bund und Ländern aufzulösen”, sagte WWF-Biodiversitätssprecher Joschka Brangs laut Aussendung in seiner Rede. Die 4.000 Teilnehmenden in der Bundeshauptstadt zogen nach der Startkundgebung im Sigmund-Freud-Park dann – ebenfalls bei Regen – Richtung Heldenplatz los. Dort fand dann laut den Veranstaltern das “größte gemeinsame Zähneputzen aller Zeiten” statt – und das Wetter hatte dabei ein Einsehen: als das Ziel knapp nach 18.00 Uhr erreicht wurde, nahmen die Niederschläge ein Ende, berichtete Klara König, Sprecherin von “Fridays For Future Austria”, der APA.
“Es geht um die Wahl zwischen einer demokratischen Zukunft und autoritärer Vergangenheit, zwischen solidarischem Miteinander und Hetze, zwischen konsequentem Klimaschutz und zerstörerischer fossiler Politik. Wir müssen jetzt wachsam sein und unsere Stimme nutzen”, warnte König dann die Streikenden.
“Gestreikt” wurde neben den Straßen Österreichs und Europas auch in den Sozialen Medien. Für jede Krise brauche es eine wehrhafte und belastbare Demokratie, appellierte FFF im Vorfeld. Laut Eigendefinition sei man eine demokratische Bewegung aus der Jugend, dementsprechend sei es auch ihre Aufgabe, die Demokratie zu verteidigen. Deshalb habe man etwa auch Anfang des Jahres zu Protesten gegen Rechtsextremismus aufgerufen.
Greenpeace warnte anlässlich des Klimastreiks vor einer akuten Gefahr für Naturschutzgesetze auf EU-Ebene. Umso wichtiger sei es, die EU-Wahl am 9. Juni zu einem Richtungsentscheid für starken Klima- und Umweltschutz zu machen. Ein inhaltlich ähnlicher Appell folgte am Freitagvormittag von der NGO Global 2000, die dabei noch dazu aufgerufen hatte, an einem der Klimastreiks teilzunehmen.
(S E R V I C E – Weitere Informationen unter https://fridaysforfuture.at/)