Rüstungslieferungen an andere Länder verzögern sich

Ukraine hat für USA nun oberste Priorität

Samstag, 22. Juni 2024 | 17:42 Uhr

Von: mk

Kiew – Die USA wollen die militärische Unterstützung der Ukraine weiter vorantreiben und womöglich noch vor den Präsidentschaftswahlen im Herbst in sicheres Fahrwasser bringen. So kündigte die US-Regierung an, die Lieferung bestimmter Rüstungsgüter an andere Länder aufschieben, um zunächst die Luftverteidigung der Ukraine zu stärken. Der US-Diplomat John Bass erwartet weitere Schritte in den kommenden Wochen.

Seit über zwei Jahren wehrt sich die Ukraine gegen die russische Invasion. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, erklärte am Donnerstag, angesichts der eiligen Bedürfnisse Kiews habe die US-Regierung die „schwierige, aber notwendige“ Entscheidung getroffen, bestimmte geplante Rüstungsverkäufe an andere Länder, insbesondere von Raketen für die Luftabwehrsysteme vom Typ Patriot und Nasams, zu verschieben. Stattdessen sollten diese Systeme zunächst an die Ukraine gehen. Deren Streitkräfte hätten zusätzliche Luftverteidigungskapazitäten bitter nötig.

Alle bekämen, was sie bestellt hätten – nur etwas später als ursprünglich geplant. Die betroffenen Länder seien informiert worden, hieß es. Um welche Staaten es sich handelt, sagte Kirby nicht. Auch darüber, wie lange die Verzögerungen dauern, könne er nichts sagen, zumal dies von den Verträgen jedes einzelnen Landes abhänge. Laut Kirby hätten die betroffenen Staaten überwiegend verständnisvoll reagiert.

Ein Staat, der damit auf die Lieferung von Patriot-Raketen warten muss, ist unter anderem die Schweiz. Die Lieferung des bodengestützten Luftverteidigungsystems Patriot vom Lenkwaffentyp Version PAC3 MSE verzögere sich durch einen Entscheid der US-Regierung, teilte das Bundesamt für Rüstung bereits am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.

Kirby zufolge werden mit Schritt insgesamt Hunderte Luftabwehrraketen an die Ukraine umgeleitet. Kiew soll die ersten Lieferungen bereits in den kommenden Wochen erhalten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bedankte sich bei den USA für die Gewährung des Vorrangs. „Diese zusätzlichen Luftabwehrkapazitäten werden ukrainische Städte und Zivilisten schützen“, schrieb er auf der Plattform X, vormals Twitter. US-Präsident Joe Biden hatte bereits am Rande des G7-Gipfels in Italien entsprechende Pläne in Aussicht gestellt.

Der Unterstaatssekretär für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium, John Bass, rechnet unterdessen mit noch weiteren Schritten der westlichen Verbündeten zur Unterstützung der Ukraine in den kommenden Wochen. Selenskyj und andere hochrangige Vertreter aus der Ukraine werden im nächsten Monat in Washington erwartet.

Der Schritt der USA, die Lieferung von Rüstungsgütern, insbesondere Flugabwehrraketen an andere Länder aufzuschieben und sie an die Ukraine zu liefern, sei laut Bass beispiellos.

Nach einem russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Charkiw wurden unterdessen zuletzt drei Tote und 37 Verletzte gemeldet. Wie der Bürgermeister der Stadt Charkiw Igor Terechow auf Telegram mitteilte, wurde ein Wohnhaus getroffen. Laut dem Gouverneur der Region Charkiw, Oleg Synegubow, sollen vier Verletzte noch in Lebensgefahr schweben.

Auf X reagiert der Selenskyj auf den Angriff mit dem Appell: „Dieser russische Terror mit gelenkten Luftbomben muss und kann gestoppt werden. Es bedarf mutiger Entscheidungen unserer Partner, damit wir russische Terroristen und russische Kampfflugzeuge dort vernichten können, wo sie sind.“

Nach einem ukrainischen Drohnenangriff auf ein Öllager im russischen Asow in der Nacht zum 18. Juni sollen hingegen drei der sechs Treibstofftanks niedergebrannt sein. Dies meldet Mark Krutov, Korrespondent von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) unter Berufung auf Satellitenbilder in einem Beitrag auf X. Die Bilder sollen das Ausmaße der Zerstörung im Vorher-Nachher-Vergleich verdeutlichen.

Krutov zufolge beanspruchten die Löscharbeiten drei Tage. In den letzten Monaten haben die ukrainischen Streitkräfte immer wieder Angriffen auf russische Ölindustrie verübt, aus deren Gewinnen Moskau den Krieg finanziert.