Erinnerung an jedes Opfer wird wach gehalten

Ukraine meldet Tote bei Angriff: Baby unter den Opfern

Sonntag, 13. August 2023 | 19:49 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Bei russischen Artillerieangriffen im Süden der Ukraine sind sieben Menschen getötet worden, darunter auch ein erst gut drei Wochen altes Baby. Fünf Personen, darunter eine vierköpfige Familie mit Vater, Mutter, einem Zwölfjährigen und ein 23 Tage altes Mädchen, seien beim Beschuss des Dorfes Schyroka Balka im Gebiet Cherson am Sonntag ums Leben gekommen, teilten die ukrainischen Behörden mit. Im benachbarten Dorf Stanislaw wurden zwei weitere Erwachsene getötet.

Mittlerweile sind dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mindestens 500 Kinder zum Opfer gefallen, rund 1.100 weitere wurden verletzt, wie die Generalstaatsanwaltschaft in der Hauptstadt Kiew mitteilte.

Die Ukraine machte unterdessen weiter Druck auf Deutschland, Taurus-Marschflugkörper für die Verteidigung gegen Russland zu liefern. Die Ukraine brauche diese, “um mehr Leben ukrainischer Soldaten und Zivilisten zu retten und um die Befreiung ihrer Gebiete zu beschleunigen”, sagte Außenminister Dmytro Kuleba der “Bild am Sonntag”. “Die Formel ist einfach: Eine größere Reichweite der Raketen bedeutet eine kürzere Dauer des Krieges.” Mit der Waffe könne die Ukraine “die russischen Besatzungstruppen auf ukrainischem Boden weit über die Frontlinie hinaus erreichen, ihre Logistik stören und Kommandozentralen und Munitionsdepots zerstören”.

Auch in Deutschland forderten Politiker aus den Regierungsparteien und der Opposition, den ukrainischen Streitkräften das für die Zerstörung von Bunkern und geschützten Gefechtsständen auf bis zu 500 Kilometer Entfernung geeignete Waffensystem zu überlassen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich allerdings zunächst zurückhaltend. Wie in der Vergangenheit werde die Bundesregierung jede einzelne Entscheidung immer sehr sorgfältig überprüfen, sagte er im ZDF-“Sommerinterview” der Sendung “Berlin direkt”.

Scholz betonte, Deutschland sei das Land, das nach den USA die Ukraine am meisten unterstütze. “Wir machen das vor allem mit Panzern, mit Artillerie. Wir haben das gemacht mit sehr viel Luftverteidigung.” Scholz verwies darauf, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Deutschland am Samstag für die beiden weiteren Abschussrampen des Flugabwehrsystems Patriot gedankt habe.

Befürworter einer Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus sehen darin einen weiteren Schritt, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken. Kritisch diskutiert wird, ob und wie dabei mögliche Schläge gegen russisches Staatsgebiet mit Hilfe des deutschen Waffensystems verhindert werden können.

Einigkeit herrschte hingegen über die Lieferung von Drohnen. Im Auftrag der Bundesregierung soll der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall “Luna NG”-Aufklärungsdrohnen an die ukrainischen Streitkräfte liefern, wie ein Firmensprecher am Sonntag bestätigte. Die Auslieferung werde bis Jahresende erfolgen, das Auftragsvolumen nannte er nicht. Zuvor hatte die “Bild am Sonntag” berichtet. Die Drohnen sind nicht bewaffnet, können aber mehrere Hundert Kilometer weit fliegen und die Kommunikation des Feindes abhören oder stören. Auch Lkw, die zum Bodentransport genutzt werden, werden geliefert.

In den Regionen Kursk und Belgorod an der Grenze zur Ukraine schossen die russischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge insgesamt vier ukrainische Drohnen ab. Es habe keine Schäden oder Verletzte gegeben, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag mit. Die Angaben waren nicht unabhängig zu verifizieren. In den vergangenen Wochen waren mehrere mutmaßlich ukrainische Kampfdrohnen bis in die russische Hauptstadt Moskau geflogen und hatten dort Sachschaden angerichtet.

Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf der von Moskau besetzten Krim wurde laut einem Medienbericht ein Logistikstützpunkt der russischen Truppen in der Nähe von Jewpatorija im Westen der Schwarzmeer-Halbinsel getroffen. Bei dem Angriff seien 17 Drohnen zum Einsatz gekommen, berichtete das Internetportal “Ukrajinska Prawda” am Samstagabend unter Berufung auf Quellen beim ukrainischen Geheimdienst SBU. Nach vorläufigen Angaben seien “Dutzende von Besatzern” getötet oder verletzt worden. Das russische Verteidigungsministerium hingegen teilte mit, 20 Drohnen seien abgewehrt worden. Es habe weder Opfer noch Schäden gegeben. Die Angaben der Kriegsparteien ließen sich nicht unabhängig prüfen.

An der Brücke von Kertsch zwischen dem russischen Festland und der bereits 2014 von Moskau völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim kam es erneut zu Explosionen. Die russische Luftabwehr habe am Samstag zwei feindliche Raketen abgeschossen, teilte der von Moskau eingesetzte Statthalter der Halbinsel, Sergej Aksjonow, auf Telegram mit. “Die Krim-Brücke ist nicht beschädigt”, schrieb er. Unabhängig überprüfen ließ sich das zunächst nicht. In sozialen Netzwerken wurden indes Fotos und Videos veröffentlicht, die hohe Rauchsäulen an der für Russland strategisch wichtigen Brücke zeigten.

Der Verkehr auf der Brücke war am Sonntag “vorübergehend gestoppt” worden, wie es auf einem offiziellen russischen Telegram-Kanal hieß. Nach einer kurzen Unterbrechung wurde der Verkehr wieder aufgenommen. Ein Grund für die Unterbrechung wurde nicht genannt.