Von: mk
Bozen – Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) stellte heute im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse einer Analyse vor, welche in Zusammenarbeit mit der internationalen Verbraucherorganisation „Diagnose Funk“ und dem hiesigen Netzwerk der „Bürgerwelle“ erarbeitet wurde. Die Autoren, M.A. Peter Hensinger und Dipl.-Ing. Jörn Gutbier, kritisierten aus wissenschaftlicher wie aus pädagogischer Sicht zahlreiche Stellen des Gutachtens der Landesregierung über die vermeintliche Unschädlichkeit von WLAN-Netzen an Südtirols Schulen.
2015 hatte im Landtag eine Anhörung zum Thema Mobilfunk stattgefunden, wobei einige unabhängige Referenten von der Verbraucherzentrale und dem Netzwerk der Bürgerwelle vermittelt werden konnten. Daraufhin hatte der Landtag einen Beschluss über die Anwendung des Vorsorgeprinzips in Südtirols Schulen und öffentlichen Gebäuden verabschiedet. „Hier war auch von der Notwendigkeit einer Bestandsaufnahme der elektromagnetischen Belastung im Land durch eine Expertenkommission die Rede, aber lange Zeit hörte man nichts mehr darüber, bis gegen Ende 2016 die Landesregierung den Landtagsabgeordneten ein Gutachten vorlegte, welches gerade das Vorsorgeprinzip bei Kommunikationsinstallationen (z.B. WLAN an Schulen) als unbegründet abstempelt. Auf diesem Gutachten basiert mittlerweile ein Beschlussantrag, welcher im heurigen Frühling angenommen wurde. Dieser animiert die Landesregierung zu noch mehr Engagement in der Realisierung von Funknetzen, vor allem an Schulen“, so die VZS.
Die heute vorgestellte Expertise bringt einige Elemente ans Licht, wie VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus formulierte: „Das Gutachten der Landesregierung gibt den Weg frei für die Einführung digitaler mobiler Medien und WLAN an Schulen, in dem es einseitig Vorteile herausstellt, Nutzen und Risiken nicht gegeneinander abwägt und alle psychosozialen und strahlungsverursachten Risiken als vernachlässigbar darstellt.“
Die Autoren belegten im Einzelnen diese Aussage. Peter Hensinger: „Das Gutachten der Landesregierung verzerrt die Studienlage, enthält kein Konzept für eine Erziehung zur Medienmündigkeit. Den Abgeordneten werden pädagogische und medizinische Studienergebnisse vorenthalten. Die Abgeordneten werden desinformiert, die Schülerinnen und Schüler schutzlos den Risiken ausgeliefert“.
Armin Sparer, vom Netzwerk der Bürgerwelle Südtirol, fügte hinzu: „Der Bürger muss noch einmal Kenntnis davon nehmen, dass die politische Regierung des Landes offensichtlich andere Interessen als den Gesundheitsschutz der Bevölkerung anstrebt“.
Verbraucherzentrale, Bürgerwelle und Diagnose Funk fordern schließlich, dass das Vorsorgeprinzip weiterhin bei jeder Entscheidung zum Thema Kommunikation und EDV-Vernetzung herangezogen werden muss. Wichtige Aufgabe der Schule bleibe die Erziehung zur Medienmündigkeit, nicht die marktwirtschaftliche Erschließung von Bildung und Familie.
VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus fordert nun die Landesregierung auf, das Gutachten unverzüglich zurückzuziehen und eine unabhängige Expertengruppe mit den notwendigen Kompetenzen neu einzusetzen. Die Verbraucherzentrale bietet dabei ihre Hilfe an.