Von: mk
Bozen – Das Verwaltungsgericht Latium hat in der Streitsache um die Feststellung der Untätigkeit des Staates bezüglich der Pflicht zur Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte entschieden und das vom Staat eigens für die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur Reduzierung der Luftschadstoffe ernannten Komitee dazu verurteilt, innerhalb von 30 Tagen konkrete Maßnahmen vorzubringen. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz will nun mit Nachdruck die Einhaltung des gerichtlich festgesetzten Termins bei den zuständigen Stellen einfordern, damit die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der über 40.000 direkt Betroffenen entlang der Brennerautobahn eingehalten würden.
Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz hat im Oktober letzten Jahres Rekurs beim Verwaltungsgericht Latium gegen die Untätigkeit des Staates und der von ihm eigens eingesetzten Organe in Bezug auf die Reduzierung der der Luftschadstoffe eingereicht. „Dieser Schritt war notwendig geworden, da die gesundheitsschädlichen Stickoxid-Grenzwerte entlang der Autobahn bekanntlich seit Jahren massiv überschritten werden. Weder die nationale, noch die lokale Politik haben in all den Jahren der Überschreitung das nötige Engagement zum Schutz der betroffenen Bevölkerung an den Tag gelegt“, erklärt der Dachverband in einer Aussendung.
Am gestrigen Dienstag wurde nun das Urteil hinterlegt. „Trotz der Tatsache, dass es zum Thema italienweit keine vergleichbaren Präzedenzfälle gab, entschied das Verwaltungsgericht Latium in unserem Sinne und bestätigte somit auch unser Klagerecht als Umweltverband. Es wies im Urteil den vom Ministerrat eingerichteten Expertentisch an, innerhalb von 30 Tagen die notwendigen Maßnahmen zu beschließen, um die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte zu ermöglichen. Dabei wird sich der Expertentisch an den seiner Zeit von der Südtiroler Umweltagentur ausgearbeiteten, aber nie umgesetzten Maßnahmenkatalog orientieren müssen“, freut sich der Dachverband.
Dieses klare und eindeutige Urteil sei für den Verband eine Bestätigung seines jahrelangen Einsatzes für die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung entlang der Brennerautobahn. „Geht doch aus Dokumenten der Südtiroler Umweltagentur hervor, dass rund 40.000 Personen dauerhaft erhöhten Stickoxid-Grenzwerten ausgesetzt sind. Legt man die neuesten Zahlen der Europäischen Union zu vorzeitigen Todesfällen auf die Südtiroler Realität um, ist aufgrund der Überschreitung der Grenzwerte statistisch von ca. 70 frühzeitigen Todesfällen auszugehen – pro Jahr!“, so der Dachverband für Natur- und Umweltschutz.
Der Verband wird nun sehr genau beobachten, welche Maßnahmen dieser Expertentisch nun innerhalb der nächsten 30 Tage formulieren wird. „Gegebenenfalls werden wir die Umsetzung des nun vorliegenden Urteils juristisch einfordern. Zudem hoffen wir, dass dieses Urteil auch für die Politik nun ein deutlicher Weckruf ist, sich weit stärker als bisher für die Gesundheit der eigenen Bevölkerung einzusetzen“, so der die Umweltschützer.
STF: „Brennerautobahn muss handeln“
Der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll, begrüßt das Urteil des Gerichts von Latium, welches die Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte einfordert. Landespolitik und Autobahngesellschaft könnten das Problem nun nicht länger ignorieren. Rechtlich sei damit jetzt endlich eine Handhabe gegeben, um den LKW-Transitverkehr auf der Brennerautobahn massiv einzuschränken.
Die Stickstoffdioxidgrenzwerte würden entlang der Brennerautobahn seit Jahren massiv überschritten. Spitzenreiter sei die Messstelle Schrambach im Eisacktal, wo der Grenzwert im letzten Jahr um 107 Prozent überschritten wurde.
Europaweit sterben jährlich an die 75.000 Personen an den Folgen erhöhter Stickoxidwerte in der Atemluft. Für Südtirol bedeute dies, dass hierzulande mehr Menschen an schlechter Luft sterben als bei Autounfällen.
Angesichts des Gerichtsurteils fordert die Süd-Tiroler Freiheit, dass die Landesregierung ─ in Absprache mit dem Bundesland Tirol ─ sofortige Maßnahmen erlässt, welche zu einer Reduzierung des Lkw-Verkehrs auf der Brennerautobahn und zu einer Verlagerung auf die Schiene führen. Namentlich gelte es die Lkw-Maut in Südtirol zu erhöhen, einheitliche Nachtfahrverbote und Fahrverbote für bestimmte Güter zu erlassen sowie aufeinander abgestimmte Blockabfertigungen durchzuführen, betont Knoll.