Zweifel an Rechtmäßigkeit der Ernennung von Sonderermittler

US-Richterin stellt Trump-Verfahren in Dokumenten-Affäre ein

Montag, 15. Juli 2024 | 22:34 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

In der Affäre um die Mitnahme geheimer Regierungsdokumente hat die zuständige Richterin das Strafverfahren gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump eingestellt. Die von Trump ernannte US-Bezirksrichterin Aileen Cannon aus Florida entschied am Montag, dass das Justizministerium den Sonderstaatsanwalt Jack Smith unrechtmäßig ernannt hatte. Trump wertete die Entscheidung als Erfolg. Die Staatsanwaltschaft wird wahrscheinlich gegen das Urteil Berufung einlegen.

Bei einer Durchsuchung von Trumps Anwesen in Florida im August 2022 beschlagnahmte die Bundespolizei FBI 13.000 Dokumente. Etwa 100 davon waren als Verschlusssache markiert und einige als streng geheim. Trump wurde im Juni 2023 wegen des unrechtmäßigen Besitzes von Dokumenten zur nationalen Sicherheit aus seiner Zeit als Präsident (2017 bis 2021) angeklagt.

Vorgeworfen wird Trump auch eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen: So soll er versucht haben, mithilfe von Mitarbeitern Material aus Überwachungskameras verschwinden und Kisten mit Dokumenten wegschaffen zu lassen.

Trump wertete die Einstellung des Strafverfahrens als Erfolg. Dies sollte “nur der erste Schritt” sein, schnell gefolgt von der Einstellung aller Verfahren, schrieb der Republikaner auf seiner Online-Plattform Truth Social. Der 78-Jährige bezeichnete diese einmal mehr als “Hexenjagden”. Das Justizministerium koordiniere all diese “politischen Angriffe”, um sich gegen ihn, Joe Bidens Kontrahenten, zu verschwören, schrieb der republikanische Präsidentschaftsbewerber.

Trump hatte bei der Vorstellung der Anklage in Miami im vergangenen Jahr auf “nicht schuldig” plädiert. Seine Anwälte versuchten, das Verfahren mit diversen Anträgen zu stoppen.

Die in dem Dokumenten-Verfahren zuständige Richterin Cannon wurde einst von Trump ernannt. Kritiker warfen ihr in den vergangenen Monaten vor, das Verfahren zu verschleppen und Anträge in Zeitlupe zu bearbeiten. Die Entscheidung der Richterin erging nun kurz vor Beginn eines Parteitags der Republikaner in Milwaukee im US-Staat Wisconsin, bei dem Trump in dieser Woche zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl im November gekürt werden soll.

Trump ist noch mit drei anderen strafrechtlichen Fällen konfrontiert. In einem dieser Fälle wurde er Ende Mai von einer New Yorker Jury der Fälschung von Geschäftsdokumenten zur Vertuschung einer Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels schuldig gesprochen. Seine Strafe in diesem Fall wurde aber noch nicht verkündet, ein Termin dafür ist für September angesetzt.

In den beiden anderen Fällen geht es um Trumps Versuche, seine Wahlniederlage von 2020 gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden nachträglich zu kippen. Sonderstaatsanwalt Smith selbst verklagt Trump vor einem Bundesgericht in Washington wegen dessen mutmaßlichen Versuchen, die Wahlen von 2020 zu manipulieren. Dort haben Trumps Anwälte den Sonderstaatsanwalt bisher nicht angefochten. Wann die Prozesse zu diesen Anklagen beginnen könnten, ist aber völlig ungewiss.

Das Urteil Cannons ist nur das jüngste und folgenreichste in einer Reihe von Entscheidungen, in der sie Trumps Verteidigung begünstigte und Skepsis gegenüber dem Verhalten der Staatsanwaltschaft zum Ausdruck brachte. In einem ungewöhnlichen Schritt erlaubte sie drei externen Anwälten, darunter zwei, die sich auf Trumps Seite gestellt hatten, vor Gericht aufzutreten.

Vor einigen Wochen konnte Trump in einem anderen Fall vor dem Supreme Court einen Erfolg erzielen. Das Oberste Gericht der USA entschied, dass Trump für Handlungen im Präsidentenamt weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung genießt. Diese Entscheidung hat zunächst nicht direkt etwas mit der Einstellung des Verfahrens in Miami zu tun – aber möglicherweise indirekt.

Richter Clarence Thomas hatte in einer Stellungnahme zu dem Immunitätsurteil geschrieben, dass der Sonderermittler Smith nicht rechtmäßig ernannt sei und deshalb keine Befugnis habe, Trump anzuklagen. Aus dem Text von Thomas in dem Urteil gingen keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen hervor.

In der Anklage gegen Trump in Florida hatte Trumps Team aber genau dieses Argument, das von vielen Fachleuten zurückgewiesen wird, bereits vorgebracht. Die Stellungnahme von Supreme-Court-Richter Thomas gilt daher als höchst ungewöhnlich und wurde von vielen als Zeichen in Richtung Florida gewertet.