NATO-Generalsekretär Rutte (r.) mit US-Minister Hegseth

US-Vorstoß zu Ukraine alarmiert europäische NATO-Partner

Donnerstag, 13. Februar 2025 | 14:37 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa/Ukrinform

Die europäischen NATO-Partner sind zutiefst beunruhigt nach dem nicht abgesprochenen Vorstoß von US-Präsident Donald Trump zu möglichen Ukraine-Verhandlungen mit Russland. NATO-Generalsekretär Mark Rutte forderte die Einbeziehung der Ukraine in alle Gespräche zur Beendigung des russischen Angriffskriegs. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius kritisierte, dass die USA noch vor Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin öffentlich Zugeständnisse gemacht hätten.

“Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, über eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine oder über mögliche Gebietsverluste des Landes erst am Verhandlungstisch zu sprechen – und es nicht vorher vom Tisch zu nehmen”, sagte Pistorius am Donnerstag am Rande eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. Er mahnte an, dass auch die Europäer an solchen Verhandlungen beteiligt sein müssten. Schließlich seien sie dann ja ein wesentlicher Teil einer neuen Ordnung und dürften “nicht am Katzentisch sitzen”, sagte er.

Trump will mit Putin in Saudi-Arabien über Ukraine reden

US-Präsident Trump hatte am Mittwoch sowohl mit Putin als auch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Es war der erste bestätigte Kontakt Putins mit Trump in dessen zweiter Amtszeit. Ein persönliches Treffen in Saudi-Arabien soll bald folgen.

Gleichzeitig legte die US-Regierung erstmals dar, wie sie sich einen Deal für ein Kriegsende vorstellt. So soll die Ukraine ihr Streben nach einem NATO-Beitritt aufgeben und auch auf Teile ihres seit 2014 verlorenen Staatsgebiets verzichten. Zudem stellten die USA klar, dass ihr Militär nicht Teil einer möglichen Friedenstruppe sein wird.

Hegseth: Kein Verrat an der Ukraine

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth verteidigte Trumps geplante Verhandlungen mit Putin. “Das ist kein Verrat”, sagte er am Donnerstag in Brüssel. Hegseth betonte, kein Land habe die Ukraine mehr unterstützt als die USA. Doch auf der ganzen Welt und auch in den USA gebe es Interesse an einem Ende des Konflikts, um das Töten zu beenden, wie Trump es gesagt habe. Dafür müssten beide Seiten Dinge anerkennen, die sie nicht wollten.

Trump habe durch seine Telefonate mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten gezeigt, dass er der Einzige sei, der beide Seiten für einen Frieden zusammenbringen könne, sagte Hegseth weiter.

Mahnende Worte aus Frankreich

Aus Frankreich kamen warnende Worte. Wenn es keinen “Frieden durch Stärke” gebe, könne dies in eine dramatische Situation und langfristig sogar zur Ausweitung des Konflikts führen, sagte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. Zudem könne ein “Frieden durch Schwäche” eine katastrophale Botschaft an Nordkorea, den Iran oder auch China darstellen. Diesen Ländern werden auch militärische Aggressionen gegen andere Staaten zugetraut.

Schweden schließt eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine auch weiterhin nicht aus. Verteidigungsminister Pål Jonson sagte am Donnerstag in Brüssel: “Ich glaube nicht, dass die NATO-Mitgliedschaft als solche für die Ukraine vom Tisch ist.”

Mit Spannung wird nun die Münchner Sicherheitskonferenz erwartet. Ihr Leiter Christoph Heusgen hatte erklärt, er hoffe bei dem Treffen auf “Konturen” eines Friedensplans für die Ukraine. Am Freitag treffen dort Trumps Vizepräsident J.D. Vance und US-Außenminister Marco Rubio mit Selenskyj zusammen. Dabei wird es wohl auch um den umstrittenen Vorstoß der Trump-Regierung gehen.

Rutte fordert Einbeziehung der Ukraine

NATO-Generalsekretär Rutte reagierte zurückhaltend auf die angekündigten Verhandlungen mit dem Kremlchef. “Wir werden sehen, wie sich das jetzt entwickelt”, sagte er. Entscheidend sei, dass die Ukraine eng in alles eingebunden werde, was über die Ukraine entschieden werde. Zudem müsse eine Vereinbarung für einen Frieden dauerhaft sein, sagte Rutte vor den Beratungen. Man müsse nun sicherstellen, dass die Ukraine in der bestmöglichen Position sei, betonte Rutte.

“Es ist entscheidend, dass das Ergebnis dieser Gespräche nachhaltig und dauerhaft ist”, sagte Rutte. Putin müsse verstehen, “dass dies das Ende ist, dass er niemals wieder versuchen kann, ein Stück der Ukraine zu erobern”, sagte der frühere niederländische Regierungschef. “Das muss Teil dieser Verhandlungen sein, und es besteht kein Zweifel daran, dass dies auch Präsident Trump und seinem Team bewusst ist.” Man werde sich nun eng zwischen den Verbündeten abstimmen.

Rutte erinnerte dabei auch an das Scheitern des Minsker Abkommens nach der russischen Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim im Jahr 2014. “Wir dachten, dieses Abkommen würde Bestand haben. Das tat es nicht. Putin hat einfach weiter versucht, Teile der Ukraine an sich zu reißen”, sagte er. “So etwas darf sich niemals wiederholen.”

Umerow: Position zu NATO-Beitritt unverändert

Zum Abschluss des Treffens soll es zudem informelle Beratungen mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow geben. Thema dabei dürften unter anderem die Vorstellungen der USA über eine mögliche Beendigung des russischen Angriffskriegs durch Verhandlungen sein.

Umerow erklärte im Vorfeld, dass die Position der Ukraine zur NATO-Mitgliedschaft unverändert bleibe. “Die Ukraine, ihre Streitkräfte und ihr Volk kämpfen gegen den russischen Aggressor nicht nur für ihre eigene Sicherheit, sondern auch für die Sicherheit des gesamten europäischen Kontinents. Daher bleibt die Position der Ukraine unverändert – das Land wird Mitglied der NATO sein und der Europäischen Union beitreten”, sagte Umerow am Mittwoch in Brüssel.

Streit um NATO-Ziel für Verteidigungsausgaben

Thema bei dem Verteidigungsministertreffen in Brüssel waren auch mögliche neue Zielvorgaben für die Militärausgaben der Mitgliedstaaten. US-Verteidigungsminister Hegseth betonte erneut, dass die europäischen Alliierten aus Sicht der Vereinigten Staaten künftig fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung zur Verfügung stellen sollten. Länder wie Deutschland lehnen dies bisher jedoch kategorisch ab.

Nach Einschätzung von des französischen Verteidigungsministers Lecornu stellt sich angesichts des Kurses der US-Regierung sogar “ein bisschen” die Frage nach der Zukunft der NATO. “Man sagt, sie sei das wichtigste und robusteste Militärbündnis der Geschichte. Das ist historisch gesehen wahr”, sagte er. Die eigentliche Frage sei jedoch: “Wird das in 10 oder 15 Jahren immer noch der Fall sein?”

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