Von: APA/dpa
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bei ihrem Einsatz im Nasser-Krankenhaus von Khan Younis im Süden des Gazastreifens bisher rund 100 Terrorverdächtige festgenommen. Während die USA unterdessen einem Medienbericht zufolge trotz Drängens auf eine Feuerpause die Lieferung weiterer Bomben und Waffen an Israel vorbereiten, warnt der deutsche Kanzler Olaf Scholz Jerusalem, keine neue Front im Norden des Landes aufzumachen.
Scholz mahnte am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz die israelische Regierung, Übergriffe radikaler jüdischer Siedler im Westjordanland zu verhindern und keine neue Front im Norden des Landes an der Grenze zum Libanon aufzumachen: “Es sollte unmöglich sein, dass Iran diese Situation ausnutzt, um seinen Einfluss in der Region auszudehnen.” Deutschland stehe aber klar an der Seite Israels. Man bitte die israelische Regierung darum, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten.
Bei den Festgenommenen im Spital von Khan Younis handle es sich um “Personen, die verdächtigt werden, an Terroraktivitäten beteiligt gewesen zu sein”, teilte das israelische Militär am Samstag mit.
Nach Darstellung der Hamas-Gesundheitsbehörde gehörten viele der Festgenommenen zum medizinischen Personal, außerdem seien bisher fünf Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben gekommen. Die Behörde hatte zuvor auch gewarnt, weitere Patienten sowie Babys in Brutkästen seien in Gefahr. Israel verhindere den Transport Schwerkranker in andere Kliniken und blockiere einen UNO-Hilfskonvoi auf dem Weg zum Nasser-Krankenhaus.
Die israelische Armee beteuerte dagegen, sie habe die Stromversorgung nicht attackiert. Die dort tätige Einheit habe strikte Anweisung gehabt, das kontinuierliche Funktionieren des Krankenhauses zu gewährleisten. So habe sie einen schadhaften Generator gegen ein Ersatzgerät aus Israel ausgetauscht. Keine der beiderseitigen Angaben ließen sich unabhängig überprüfen. Israelische Soldaten waren am Donnerstag in das Nasser-Krankenhaus eingedrungen, um nach Angaben der Armee dort Leichen von Geiseln zu bergen. Das Militär äußerte sich bisher nicht dazu, ob das gelungen ist.
Die USA bereiten unterdessen trotz Drängens auf eine Feuerpause die Lieferung weiterer Bomben und Waffen an Israel vor, wie das “Wall Street Journal” in der Nacht auf Samstag unter Berufung auf amtierende und ehemalige US-Beamte berichtete. Die Pläne würden innerhalb der Regierung von US-Präsident Joe Biden derzeit geprüft und könnten sich im Detail noch ändern, bevor sie dem US-Kongress zur Genehmigung vorgelegt werden.
Die USA sind Israels Verbündeter und haben den Staat seit Beginn des Krieges gegen die Hamas in Gaza wiederholt mit zusätzlichen Waffen und Munition unterstützt. Inzwischen drängen die USA jedoch Israel dazu, von massiven Bombardierungen zu präziseren Schlägen gegen die Terrororganisation Hamas überzugehen. Die neu vorgeschlagene Waffenlieferung umfasst laut dem “Wall Street Journal” demzufolge auch Präzisionswaffen. Biden fordert von Israel, das Risiko ziviler Opfer zu verringern und eine Waffenruhe zu akzeptieren. Er sei der festen Überzeugung, dass es “einen vorübergehenden Waffenstillstand” geben müsse, um die Geiseln zu befreien. “Ich hoffe, dass die Israelis in der Zwischenzeit keine massive Bodenoffensive durchführen werden”, sagte Biden am Freitag. Er erwarte, dass das nicht passieren werde.
Ägypten dementierte unterdessen am Samstag Berichte über die Errichtung eines Lagers zur Unterbringung von palästinensischen Flüchtlingen. Kairo sei gegen eine Vertreibung von Palästinensern und auch gegen das freiwillige Verlassen des Gazastreifens, teilte der Leiter des Staatsinformationsdiensts (SIS), Diaa Rashwan, mit. Ägypten habe aber schon lange vor Beginn des israelischen Militäreinsatzes in dem Küstenstreifen auf seiner Grenzseite eine Pufferzone und Zäune gebaut, hieß es in der Erklärung von Freitagabend weiter.
Mehrere Medien hatten zuvor über den Bau von Anlagen zur Unterbringung von bis zu 100.000 Palästinensern in Gebäuden und Zelten, mit einer hohen Mauer umgeben, berichtet.