Von: luk
Bozen – Im Landtag wurde am Donnerstag das Gesetz zur Umweltprüfung für Pläne, Programme und Projekte verabschiedet.
Die Genehmigung von Projekten, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, wird durch EU-Richtlinien geregelt. Diese Richtlinien wurden in den vergangenen Jahren mehrfach abgeändert und mussten von den Nationalstaaten mit eigenen Bestimmungen übernommen werden.
Wegen dieser Änderungen auf europäischer und staatlicher Ebene musste auch das Landesgesetz vom 5. April 2007, Nr. 2 (Umweltprüfung für Pläne und Projekte) angepasst werden. Mit dem neuen Gesetz werden alle Genehmigungsverfahren geregelt, für die eine fachübergreifende Beurteilung der Pläne oder Projekte sowie eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden mit Umweltkompetenz vorgesehen sind. Heute hat der Landtag das Gesetz verabschiedet.
“Die wesentlichen und grundlegenden Ziele dieses Gesetzes sind die dauerhafte und nachhaltige Entwicklung, die die Umwelt, aber auch die menschliche Gesundheit schont, sowie die Erhaltung der natürlichen Ressourcen”, erklärt Landesrat Richard Theiner. Weitere Ziele seien – neben der EU-Konformität – die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren, größere Rechtsklarheit für die Unternehmen und Transparenz für die Bürger, fährt Theiner fort.
Welche Bereiche regelt das neue Gesetz:
Das neue Gesetz regelt grundsätzlich alle Genehmigungsverfahren, für welche von den EU-Bestimmungen eine fachübergreifende Beurteilung der Pläne oder Projekte und eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden mit Umweltkompetenz am Genehmigungsverfahren vorgesehen ist.
Strategische Umweltprüfung:
Bei der strategischen Umweltprüfung geht es um die Prüfung der Umweltauswirkungen von Plänen und Programmen. Durch das Verfahren wird gewährleistet werden, dass bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Plänen und Programmen Umwelterwägungen in der Entscheidungsphase berücksichtigt werden. Beispiele für betroffene Pläne und Programme sind die Landesfachpläne wie Skipistenplan, Schottergrubenplan, Verkehrsplan usw., aber auch die verschiedenen europäischen Förderprogramme.
Die durch das neue Gesetz eingeführten Änderungen in diesem Bereich beschränken sich auf einige Verfahrensdetails, welche eine bessere Einbindung in die bestehenden Genehmigungsverfahren für die Pläne und Programme und eine bessere Koordinierung der Verfahren mit anderen Provinzen oder Regionen im Falle von überregionalen Programmen ermöglichen.
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP):
In diesem Bereich waren die größten Anpassungen der Landesbestimmungen an die EU-Vorgaben notwendig. Verschiedenen Urteilen des Europäischen Gerichtshofes haben Italien zudem dazu aufgefordert, für eine kohärentere Umsetzung der Richtlinien im Bereich UVP zu sorgen. In erster Linie ist es notwendig, die UVP-Pflicht nicht nur aufgrund eines Schwellenwertes zu Bestimmungen, sondern diese aufgrund von verschiedenene Kriterien (Größe des Projektes, Schutzgebiete, Kumulierung von Auswirkungen mit anderen Projekten, usw.) zu bestimmen. Das eigentliche Genehmigungsverfahren bleibt aber weitgehend unverändert.
Integrierte Umweltermächtigung:
Die integrierte Umweltermächtigung findet vor allem für große Industriebetriebe Anwendung und sieht die Ausstellung einer einzigen Umweltermächtigung für alle Bereiche (Emissionen in Luft, Ableitung von Abwasser, Abfall) vor. Die EU-Bestimmungen regeln die Ausstellung der integrierten Umweltermächtigung in sehr umfassender und immer detaillierterer Form, um in der ganzen europäischen Union gleiche Bedingungen für die betroffenen Betriebe zu schaffen. Somit bleibt den Mitgliedsstaaten und dem Land in der Umsetzung kaum Spielraum für Abweichungen.
Das Sammelgenehmigungsverfahren:
Dem Sammelgenehmigungsverfahren werden die Genehmigungen und Gutachten im Umweltbereich über die Dienststellenkonferenz in ein einziges Verfahren zusammengefasst um das Verwaltungsverfahren für den Bürger zu vereinfachen. Dieses Verfahren hat für den Projektträger den Vorteil, dass er nicht die einzelnen Gutachten getrennt anfordern muss und dass das Projekt zwischen den einzelnen Dienststellen koordiniert bewertet wird. In diesem Bereich sind im neuen Gesetz keine wesentlichen Änderungen vorgesehen.
Auch wenn es sich bei den Umweltgenehmigungen um komplexe Verfahren mit bereichsübergreifenden Bewertungen, Veröffentlichungspflicht und Öffentlichkeitsbeteiligung handelt, sind im Gesetz zahlreiche Bestimmungen vorgesehen, die eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren zum Ziel haben.
Die Artikeldebatte und die Erklärungen zur Stimmabgabe
Am Nachmittag wurde die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 135/17: Umweltprüfung für Pläne, Programme und Projekte (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LR Theiner) aufgenommen. Im Folgenden die Artikel, zu denen eine Debatte stattfand.
Art. 2 betrifft den Umweltbeirat.
Riccardo Dello Sbarba schlug vor, den Sechservorschlag der Umweltverbände auf einen Vierervorschlag zu verkleinern, sowie eine Amtsdauer von drei Jahren (anstatt für die ganze Legislaturperiode). Ein Vierervorschlag habe mehr Gewicht und gebe dem Landesrat weniger Auswahlmöglichkeiten. Die Amtsdauer des Beirats sollte nicht an die Termine der Politik gebunden werden und würde damit unabhängiger. In ganz Italien seien die Umweltbeiräte drei Jahre im Amt. LR Richard Theiner betonte, dass die Namensvorschläge immer von den Umweltverbänden kommen müssten. Auch die Vertreter der Ämter würden von diesen vorgeschlagen. Außerdem sei bei der Besetzung des Beirats Sprachgruppen und Geschlechter zu berücksichtigen, daher sei eine größere Auswahl wichtig. Er betonte auch, dass er noch nie versucht habe, Einfluss auf den Beirat auszuüben.
Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 3 Nein bei 11 Enthaltungen genehmigt.
Art. 3 betrifft die Arbeitsgruppe im Umweltbereich.
Paul Köllensperger schlug vor, dass die Arbeitsgruppe nicht vom Vorsitzenden des Beirats ernannt wird, sondern vom ganzen Beirat. Laut LR Theiner würde der Ablauf dadurch komplizierter, denn die Arbeitsgruppe prüfe ja nur die Vollständigkeit der Unterlagen.
Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.
Art. 5 enthält gemeinsame Bestimmungen zu den Prüfungsverfahren.
Riccardo Dello Sbarba beantragte die Streichung der Bestimmung, wonach zur Wahrung von Industriegeheimnissen auf Antrag des Projektträgers eine Veröffentlichung bestimmter Dokumente entfällt. Wenigstens eine generelle Beschreibung des Inhalts sollte veröffentlicht werden, auch um die Rechte anderer zu wahren, die Einspruch erheben könnten. LR Theiner zeigte sich mit dem zweiten Vorschlag einverstanden, das entspreche auch den rechtlichen Bestimmungen.
Der erste Antrag wurde abgelehnt, der zweite wurde angenommen.
Der Artikel wurde mit 19 Ja und 9 Enthaltungen genehmigt.
Art. 20 betrifft die UVP-Entscheidung.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Verbindlichkeit des Expertengutachtens oder, alternativ dazu, wenigstens eine detaillierte technische Begründung der Landesregierung, warum sie das Gutachten übergeht. Es gehe hier nicht um eine “Beamtendiktatur”, die Politik solle erkennen, dass sie auch Grenzen habe. Mit fachlich begründeten Entscheidungen gebe es auch weniger Rekurse. Sigmar Stocker sprach sich gegen ein bindendes Gutachten aus, hielt aber die Begründungspflicht für sinnvoll. LR Richard Theiner bezeichnete den zweiten Antrag für überflüssig, denn eine Begründung sei aufgrund des Transparenzgesetzes bereits Pflicht – jede Entscheidung müsse begründet werden. Ob das Gutachten bindend sein solle, sei eine Grundsatzfrage. Er sei der Meinung, dass die Landesregierung auch sozioökonomische Gründe im Blick haben könne.
Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, 3 Nein bei 11 Enthaltungen genehmigt.
Art. 23 betrifft Ausführungs- und Varianteprojekte.
Auch hier verlangte Dello Sbarba die Verbindlichkeit des Gutachtens bzw. eine begründete Ablehnung. Sein Antrag sehe eine technische Begründung vor, nicht eine allgemeine wie das Transparenzgesetz. LR Richard Theiner erklärte sein Nein mit derselben Begründung wie zu Art. 20.
Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, 3 Nein bei 11 Enthaltungen genehmigt.
Art. 24 betrifft Projekte von staatlicher Zuständigkeit.
Hier verlangte Dello Sbarba ebenfalls die Verbindlichkeit des Gutachtens, auch wenn es die Landesregierung in diesem Fall nicht vollinhaltlich übernehmen müsse, bzw. eine begründete Ablehnung. LR Theiner wiederholte seine Ablehnung.
Art. 28 betrifft die integrierte Umweltermächtigung.
Riccardo Dello Sbarba forderte, dass die betroffenen Gemeinden oder auf Landesebene tätige Umweltorganisationen eine öffentliche Anhörung verlangen können, wie bei der UVP. Dies verlange auch der Rat der Gemeinden. LR Richard Theiner wies darauf hin, dass die meisten integrierten Verfahren auch eine UVP vorsehen würden. Der Vorschlag würde das Verfahren von 30 auf 50 Tage verlängern, womit sich Südtirol außerhalb des europäischen Rahmens stellen würde.
Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, 3 Nein bei 11 Enthaltungen genehmigt.
Art. 43 betrifft die Rekurse.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels. Er sehe die Möglichkeit des Rekurses an die Landesregierung gegen das Gutachten der Dienststellenkonferenz vor, ob ein Projekt der UVP unterworfen werde. Hier sollte sich die Politik heraushalten, es gebe ja die Möglichkeit, Rekurs beim Verwaltungsgericht einzulegen. Bei Streichung des Artikels bliebe nur der Gang zum Gericht, erklärte LR Richard Theiner, das wäre für die Bürger mit Zeit und Kosten verbunden.
Der Streichungsantrag wurde abgelehnt.
Riccardo Dello Sbarba erinnerte den ehemaligen Soziallandesrat daran, dass die Landesregierung bei den Sozialbeiträgen den Rekurs an die Landesregierung gestrichen habe. Also, den armen Teufeln traue man die Kosten des Gerichtsverfahrens zu, den Bauherren nicht. Hier werde mit zweierlei Maß gemessen.
Die beiden Dinge seien nicht vergleichbar, antwortete LH Arno Kompatscher. Bei den Sozialbeiträgen gehe es um eine rein technische, mathematische Bewertung. Bei der UVP gehe es um eine Interessensabwägung.
Der Artikel wurde mit 17 Ja, 5 Nein bei 10 Enthaltungen genehmigt.
Art. 45 enthält eine Übergangsbestimmung.
Riccardo Dello Sbarba forderte die Streichung des Artikels, der die Fristen bei der integrierte Umweltermächtigung verlängert. Es gehe darum, wie lange man das Risiko, dass Emissionen in Luft oder Wasser gelangten, verlängert. LR Richard Theiner teilte diese Meinung, verwies aber auf die einschlägige EU-Richtlinie und die Staatsbestimmungen. Das Land habe hier leider keinen Spielraum.
Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, 3 Nein bei 10 Enthaltungen genehmigt.
Die anderen Artikel wurden ohne Debatte genehmigt.
Riccardo Dello Sbarba kündigte in seiner Stimmabgabeerklärung das Nein der Grünen an, auch wenn ein Änderungsantrag der Grünen durchgegangen sei. Alle anderen Anträge, auch Kompromissvorschläge, seien durchgefallen. Die Politik sollte sich aus der Arbeit der Experten heraushalten. Er kritisierte, dass man bei einem Zwischenschritt, der Feststellung der UVP-Pflicht, einen Rekurs an die Politik zulasse, während diese Möglichkeit bei den Sozialbeiträgen ausgeschlossen sei. Leider interessiere sich heutzutage, in dieser Phase der Politik, niemand mehr für die Umwelt.
Sigmar Stocker kündigte für die Freiheitlichen Enthaltung an. Die Schlussentscheidung müsse von der Politik getroffen werden, wenn auch mit Begründung. Er rief dazu auf, die Gemeinden mehr einzubinden.
Der Gesetzentwurf wurde mit 17 Ja, 8 Nein bei 7 Enthaltungen genehmigt.