Von: mk
Meran – Ein Jahr regieren nun SVP, Civica und Alleanza die Stadt Meran. Die Grünen ziehen aus Sicht der Oppositionsbank Bilanz und bieten einen Ausblick auf das Jahr 2023.
„Die Stadtregierung punktet mit Ankündigungspolitik und viel Aktionismus. Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz bleiben hingegen auf der Strecke. Bei den großen strategischen Vorhaben, wie Schulzentrum Untermais, Mobilität oder Kasernenareal bremsen sich die drei Parteien gegenseitig aus, weil die unterschiedlichen Partikularinteressen sich als Sand im Getriebe erweisen. Der unkoordinierte Rücktritt von Claudia Benedetti ist nur ein Beispiel dafür“, erklären die Grünen.
Lob gibt es von den Grünen für die Stadtregierung in zwei Bereichen. Erstens: „Es werden Vorhaben aus der Regierung Rösch umgesetzt, wie die Errichtung der öffentlichen Gemeinschafträume unter der großen Tribüne des Pferderennplatzes fürs Co-Working, der Ankauf des Gebäudes San Nicolò und dessen geplante Umnutzung als Kindergarten oder die schrittweise Umsetzung der Studie zur Bewältigung der Folgen des hohen Grundwasserspiegels in Sinich“, so Madeleine Rohrer, Fraktionssprecherin. Zweitens würden SVP, Civica und Alleanza sehr viel in die Kommunikation über ihre Tätigkeiten investieren. Es vergehe kaum eine Woche, in der der Bürgermeister und seine Stellvertreterin nicht irgendjemandem medienwirksam die Hand schütteln.
Gerade bei großen Vorhaben komme die Stadtregierung jedoch nicht über die Kommunikation hinaus, zum Beispiel beim Schulzentrum Untermais. „Im Juni wurde die technisch-wirtschaftliche Machbarkeitsstudie abgegeben. Seitdem schweigt die Regierung, zum Beispiel zur Frage, ob und wo auf dem Areal die Aula Magna errichtet wird, über welche Straße die Autos in die Tiefgarage einfahren und wie die Gemeinde die Kosten für dieses neue Zentrum für Untermais finanzieren will“, so Toni Ladurner. SVP, Civica und Alleanza hätten ein Jahr Zeit gebraucht, um zu entscheiden, dass sie nochmals Stefano Ciurnelli mit der Überarbeitung des Verkehrsplans beauftragen werden. Dieser solle den Plan nun anpassen. Damit dürfte Meran den Weg einer konfliktreichen Verkehrspolitik einschlagen, zumal eine der ersten Amtshandlungen des Bürgermeisters die Öffnung von zuvor verkehrsberuhigten Straßen war, aber andere aus der Stadtregierung die nachhaltige Mobilitätspolitik der Regierung Rösch fortschreiben wollten.
„Die Meraner Stadtregierung wollte eigentlich mehr Einfluss gegenüber dem Land gewinnen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Im Herbst kündigten Land und Gemeinde an, dass der Pferderennplatz zu 60 Prozent an die Provinz übergehen soll“, so die Grünen. Meran erhalte im Gegenzug das Gebäude des ehemaligen Krankenhauses Böhler und einen Teil des Gerichtsgebäudes am Kornplatz. „SVP, Civica und Alleanza schweigen seitdem über diesen Deal, unter anderem, ob die Gemeinde das Böhler an private Investoren und damit auch insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung von Obermais abtreten will“, so Andrea Rossi, ehemaliger Vize-Bürgermeister. Schließlich habe die Landesregierung nach einer ersten Ankündigung nichts mehr zum Pferderennplatz verlauten lassen. Ganz ähnlich sei es beim Projekt zum Bau des Seniorenpflegeheims auf dem Parkplatz des heutigen Krankenhauses durch private Investoren. Diese sollten im Gegenzug das Gebäude der Antoniusklinik erhalten. Das Land verlange dafür von der Gemeinde außerdem 15 Millionen. SVP, Civica und Alleanza hätten den Betrag ohne irgendeine Verhandlung mit dem Land zugesagt. Die starke Abhängigkeit der Gemeinde Meran vom Land zeige sich schließlich auch beim Kasernenareal: „Die Flächen gehen nicht kostenlos an die Gemeinde über, sondern müssen für viel Geld erworben werden. Dass Brixen unentgeltlich ehemaligen Kasernen erhalten hat und Schlanders zu einem Spottpreis, scheint die Meraner Stadtregierung nicht weiters zu stören“
„Stiefkind Sozialpolitik“
Der Meraner Gemeinderat hat in der Amtszeit von Bürgermeister Rösch einstimmig den Sozialplan samt Maßnahmen genehmigt. „Es sind immer wieder die Grünen, welche die SVP, Civica und Alleanza auffordern müssen, diese Maßnahmen endlich umzusetzen – sogar jene, wie die Einsetzung des Seniorenbeirats, die der Gemeinde selbst keine Kosten verursachen“, so Julia Dalsant. So weise die Gemeinde immer noch keine Grundstücke für den sozialen Wohnbau zu. Pilotprojekte für ein generationenübergreifendes Wohnen in der 1. Mai-Straße oder in der alten Sinicher Schule blieben in der Schublade. Die Realisierung der Maßnahmen des Sozialplans für junge Menschen stehe ebenfalls still, wie die Ermittlung von Freiräumen, die für Veranstaltungen und Konzerte verwendet werden könnten, an das Ausfindigmachen von Freiflächen und Orte für Events oder an die jährliche Tagung zum Thema Jugend.
Ausblick: Energiearmut bekämpfen und Recht auf Wohnen gewährleisten
„Meran ist einer jener Südtiroler Gemeinden mit Wohnungsnot und sehr hohen Mieten und zugleich werden gerade in Meran sehr viele Wohnungen über Plattformen wie AirBnB vermietet“, so die Grünen. Regulärer Wohnraum werde so nach und nach für den Tourismus zweckentfremdet, weil es finanziell attraktiver sei. „Für viele junge Leute und Familien sind die Wohnungen in Meran viel zu teuer. Wenn wir junge Leute und ihre Ideen in der Stadt halten oder anziehen wollen, muss sich daran dringend etwas ändern“, so Olivia Kieser. SVP, Civica und Alleanza müssten unter anderem endlich die leerstehenden Wohnungen und Gebäude im Eigentum der Gemeinde – wie die Schulen in Gratsch und Sinich – sanieren und einer neuen Nutzung zufügen. Die Gemeinde müsse schließlich auch die Meranerinnen und Meraner bei den hohen Energiepreisen unterstützen. „Dazu zählen kostenlose Informationen vor Ort fürs Energiesparen sowie Energiegemeinschaften und der Ankauf von weiteren E-Bikes, die den Pendlerinnen und Pendlern kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Der Haushalt der Gemeinde könnte schließlich auch stark entlastet werden, wenn in den gemeindeeigenen Immobilien durch einen hydraulischen Abgleich die Energie-Effizienz erhöht würde.